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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Enrique und ich uns, bevor jeder einzelne der Granden vor mir auf die Knie sank, um mir seinen Treueeid zu leisten. Ich lächelte unablässig, obwohl ich äußerst zwiespältige Gefühle hatte. Durch diesen Akt war Joanna offiziell zum Bastard erklärt und für immer von der Erbfolge ausgeschlossen worden. Wie viel höher würden die Flammen des Hasses in Königin Juanas Herzen lodern, wenn sie von diesem Abkommen erfuhr? Was würde die kleine Joanna über mich denken, die Tante, der sie vertraut hatte, wenn sie erst alt genug war, um zu erfassen, was ich zur Sicherung meiner Position getan hatte?
    Aber ich tat es doch für Kastilien, hielt ich mir vor, für unseren Frieden und unsere Sicherheit; für das Gedenken an meinen toten Bruder und für das königliche Blut in meinen Adern, das unbefleckt vom Makel des Ehebruchs war.
    Ich weigerte mich, länger darüber zu grübeln, und kehrte an Enriques Seite nach Ávila zurück, wo wir im Kloster speisten und unsere Übereinkunft feierten. Doch vor meinem inneren Auge sah ich weiterhin Alfonso vor den blutigen Kadavern der Leoparden des Königs stehen und mich anstarren.
    Ich richtete meinen Hofstaat in der Provinzstadt Ocaña in Zentralkastilien ein. Ein bedeutender Ort war die von einer Mauer umgebene, staubige Siedlung am Rande der Meseta gewiss nicht. Zu bewundern gab es einen weiträumigen Platz, eine Gemeindekirche und mehrere zerbröckelnde römische Ruinen. Insgesamt hatte sie allenfalls zweitausend Einwohner. Dass ich mich dennoch für diese Stadt entschied, lag an meinem Geldmangel. Dort konnte ich immerhin sofort auf die mir als Prinzessin zustehenden Pachtzinsen zugreifen, während ich darauf wartete, dass die träge Bürokratie der königlichen Verwaltung meinen neuen Status bestätigte. Und auch wenn Ocaña nicht so alt wie Toledo oder so berühmt wie Segovia war, lag es doch so günstig, dass ich beide Orte schnell erreichen konnte, sobald sich die Cortes versammelten. Andererseits war es vom politischen Geschehen weit genug entfernt, sodass ich nicht auf jedes Wort achten musste. Hier bestand keine Gefahr, dass mich irgendwelche Höflinge belauschten, nur um sich bei Villena oder dem König beliebt zu machen.
    Zu meinem Empfang veranstaltete die Stadt einen wunderschönen Umzug, bei dem sogar ihre wohlgehütete Statue der Heiligen Jungfrau, gehüllt in Samt und Spitzen, durch die Straßen getragen wurde, damit sie mein neues Zuhause segnete – ein anmutiges dreistöckiges Palais mit Balkendecken und Bodenfliesen in allen Räumen. Die Galerie meines Palastes führte zu einem Innenhof mit einem Brunnen, umgeben von Keramiktöpfen, aus denen herrliche grüne Pflanzen sprossen. Ich ernannte Chacón zu meinem Haushofmeister; Beatriz wurde meine Ehrendame, die auch für meine Gemächer zuständig war, während Inés de la Torre den Titel Kammerfrau erhielt. Und Cárdenas, Carrillos siebzehnjährigen Pagen mit den grünen Augen und den dichten, blonden Locken, beförderte ich zu meinem Ersten Sekretär.
    So ließ ich mich mit meinem ersten eigenen Hofstaat als Prinzessin von Asturien nieder.
    Beatriz begann, regelmäßig nach Segovia zu reisen, um Teppiche, Tafelsilber und andere nützliche Gegenstände für unser Zuhause zu besorgen. Ich hegte den Verdacht, dass sie und Andrés de Cabrera schon seit einiger Zeit heimlich miteinander korrespondierten, eine Vermutung, die bald bestätigt wurde, als sie mir eines Abends bei ihrer Rückkehr eröffnete, dass Andrés zu guter Letzt um ihre Hand angehalten hatte.
    »Und du hast ihm wie geantwortet …?« Ich vermochte gerade noch den Stich zu verbergen, den mir der Gedanke an ihren Verlust versetzte.
    »Ich habe ihm gesagt, dass es zu früh dafür ist. Vielleicht später, wenn Eure Hoheit meiner weniger bedarf.«
    »Beatriz, ich werde dich immer brauchen. Wenn du diesen Mann so sehr liebst, wie er offenbar dich, dann musst du mit den Ausreden aufhören und deinem Herzen folgen.«
    Sie blickte mich mit unverhüllter Sehnsucht in den Augen an. Nie hatte ich es für möglich gehalten, dass ich eines Tages meine treue Freundin so verloren vor mir sehen würde wie in diesem Moment. »Aber dann müssten wir in Segovia leben«, fügte sie hinzu. »Er ist doch der Haushofmeister des Alkazar und damit oberster Hüter der königlichen Schatzkammer, obwohl Villena, dieser Teufel, mehr als einmal versucht hat, meinen Andrés von diesem Amt zu verdrängen, und zwar aus dem einzigen Grund, weil er Euch so treu ergeben ist. Doch

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