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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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Großherzog diesen Erben zu schenken? Bei all den vielen Bettgelüsten, die sie mit dem Herrscher über die Toskana trieb, war bisher kein Sohn entsprungen, noch nicht einmal eine Tochter. Würde sie überhaupt jemals von ihm ein Kind bekommen, geschweige denn einen Sohn? Das Abwarten auf ein günstiges Schicksal stand der blonden Venezianerin nicht im Sinn. Sie wüsste nicht, wann sie jemals auf irgendetwas ohne eigene Pläne zu haben gewartet hätte. Die Chancen des Lebens musste sie ergreifen, mehr noch, sie musste sie selber schaffen. Sie musste die Gelegenheiten denken, planen und ausführen. Das war ihr Leben, nicht das Warten auf irgendetwas Unbestimmtes. Das Warten und Zögern würde sie irgendwann als Landarbeiterin auf einen Acker bringen. Sie machte sich Gedanken darüber, wie sie dem Schicksal auch in diesem Fall nachhelfen könnte. Schwanger könnte sie jeden Tag werden, manchmal zwei- oder dreimal am Tag, wenn es von den Besuchen ihres Geliebten abhinge. Bislang aber hatte er noch keine Frucht in ihren Leib gepflanzt. Mit Pietro hatte sich der Erfolg bereits nach dem ersten Mal gezeigt. Folglich war sie fähig Kinder zu bekommen.
    Wie lange aber sollte sie warten? Sie saß vor dem Kamin und blickte in das lodernde Feuer. Allmählich entstand ein Plan, ein Vorhaben, das ihr Blut in Wallung brachte. Sie machte sich sogleich daran, ihren Plan in die Tat umzusetzen.
    Zwei Späher schickte sie los, sich durch die Stadt Florenz zu bewegen, ein sehr privates Geheimnis von ein paar ledigen Mädchen zu erforschen. Die Burschen befragten Bürger und Mädchen, sie schlichen durch Osterie und trieben sich auf Märkten und Sportstätten herum.
    „Hör zu, kleine Dirne, fragte Joann auf dem ‚mercato nuovo‘, kennst du ein Mädchen, das ein Kind unter dem Herzen trägt, oder bist du vielleicht selber schwanger? Die Mutter des vielleicht 16jährigen Mädchens ahnte Böses von diesem Unhold, der ihre Tochter verführen wollte. Ohne lange nachzudenken, schlug sie mit ihrer breiten Hand in das Gesicht des Burschen.
    „Ich werd‘ dir zeigen, wie man Mädchen verführt, du Rohling. Mach dich fort, oder ich jage die Gardisten auf dich.“
    Joann erkannte, dass er wohl zu direkt gewesen war, er lernte aus den Vorkommnissen, machte einen neuen Versuch.
    „Ich suche für meine Herrin ein Kind, ein neugeborenes Kind, einen Jungen.“
    „Deine Herrin soll sich selber ein Kind machen. Vielleicht machst du ihr eins. Oder kannst du nicht. Lass mal sehen, was hast du da in deiner …?“
    Bevor ihm das Weib zu nahe kam, entfloh der Späher in die Menge. Sein Auftrag schien nicht so einfach zu sein. Wie sollte er ein junges, unverheiratetes Mädchen ausfindig machen, das schwanger war. Vielleicht wussten es die Mädchen noch gar nicht. Wie auch immer würden sie versuchen vor der Öffentlichkeit „diese Todsünde“ in ihrer Angst und Not zu verbergen oder sonst irgendwie los zu werden. Die Mütter konnte er nicht befragen. Die Väter erst recht nicht. Sie hätten das Mädchen zum Haus heraus geprügelt und ihn, Joann, dazu.
    So verlegte sich der trostlose Späher darauf, Mädchen nur nach anderen Mädchen zu befragen.
    „Kennst du ein Mädchen, das unglücklicherweise schwanger geworden ist, nachdem es seinem Liebsten zu nahe gekommen ist?“
    „Was willst du, kommst du aus einem Kloster, brauchst du Jungfrauen für den Herrn Jesus Christus, damit der Pfarrer oder ein paar Mönche, lange genug etwas zu ihrer Freude haben. Oder kommst du aus einem Frauenkloster. Braucht die Mutter Oberin etwa eine neue Gespielin?“
    Joann überfiel eine tiefe Traurigkeit ob seiner erfolglosen Bemühungen.
    „Mit einem guten Auftrag kam ich von meiner Herrin“, jammerte er in der Osteria Mercato Nuovo einem Burschen in die Ohren. „Nun aber scheint es so, als wollen mich alle prügeln wegen meines guten Angebotes. Kein Weib gibt zu, dass es befruchtet ist, ohne einen Mann nach dem Recht der Kirche und des Staates geehelicht zu haben. Noch nicht einmal eine gibt zu, dass sie eine kennt, die unglücklich ist, weil sie eine Frucht unter dem Herzen trägt.“
    „Was jammerst du da herum“, fragte ihn sein Saufkumpan, „sag mir, was du suchst, spendier mir noch einen Krug Wein.“
    „Gut, du sollst deinen Wein haben. Meine Herrin sucht eine junge Mutter, die nicht das Sakrament der Ehe empfangen hat, dennoch schwanger ist und deren Kind sie später übernehmen kann.“
    „Ach, so einfach ist das, mein Freund. Sag an, in welchem der neun

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