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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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die letzten Weihen zur ersten Dame des Staates Toskana so laufen, wie sie es sich vorstellte?
    Bianca kleidete sich abwechselnd mit den schönsten Kleidern, die sie in ihrer Truhe und in der Ankleidekammer fand. Erneut stellte sie sich vor den Spiegel.
    „Bianca Cappello, Ihre durchlauchtigste Hoheit, Großherzogin der Toskana“, flüsterte sie immer wieder, ließ diese Worte auf ihrer Zunge zergehen. Das Tageslicht zog sich zurück, sie konnte kaum noch etwas im Spiegel sehen. Sie klingelte nach Lena, ihrer Lieblingsdamigella.
    „Lass ein paar duftende Öllampen aufstellen, Lena“, sagte sie mit weicher Stimme. Es ist ein Freudentag für mich.“
    Dann drehte sie sich vor dem Spiegel.
    „Lena, welches Kleid gefällt dir am besten.“
    Sie zog sich immer wieder um, ließ sich von Lena in die Gewänder helfen und die Brust und die Taille fest schnüren.
    „Wie mache ich mich als „Durchlauchtigste Hoheit, Großherzogin Bianca Cappello?“
    Erst jetzt begriff das Mädchen den Anlass der ausgelassenen Freude.
    „Ist sie tot?“, fragte sie.
    „Hm“, erhielt sie als knappe Antwort zurück.
    „Wie gefällt Euch der Titel „Lena, Zofe Ihrer durchlauchtigsten Hoheit, der Großherzogin Bianca der Toskana?“, fragte das Mädchen.
    Bianca lachte.
    Nur sie, die schöne Lena, gescheit und belesen, durfte sich die Freiheit nehmen.
    Sie umarmte Bianca und küsste sie herzhaft auf den Mund. Beide tanzten durch das schwach beleuchtete Zimmer in der Via Maggio.
    Nur wenige Bracchien entfernt, im Palazzo Pitti, wurden die Trauergesänge angestimmt und alles für eine aufwendige Bestattungszeremonie für die verstorbene Großherzogin vorbereitet.
    „Lena, ich habe seit fünfzehn Jahren auf diesen Augenblick gewartet.“
    „Wie wir sehen, hat es sich gelohnt, Hoheit.“ Das Mädchen hatte sich schnell an die neuen Formen gewöhnt.
    Bianca versäumte nicht, noch einmal ihre Haare mit weißer Baumasche zu waschen. Anschließend rieb sie sich die trockene Asche noch ein wenig in den Schopf und verbrachte den halben nächsten Tag auf dem Dach des Hauses in der Sonne.
     
    „Nun, wie steht es, sie ist unter der Erde? War das Begräbnis angenehm?“, fragte sie den Großherzog bei seinem nächsten Besuch.
    „Auch ich muss gewisse Rituale einhalten. Erst dann können wir weitersehen.“
    „Francesco, was willst du noch mehr? Der Palazzo Vecchio ist leer, der Palazzo Pitti ist leer. Die Villa Bianca ist halb leer. Die Entscheidungen liegen alleine bei dir. Ich will in den Palazzo Pitti einziehen, hörst du? Bereite alles für unsere Hochzeit vor. Die Arbeiten bis dahin benötigen ohnehin noch eine Weile. Also fang schon an.“
    „Du weißt, die Kirche hat noch bedenken. Sie nimmt uns die wilde Ehe übel.“
    Sie lachte laut, als würde sie den Scherz nicht verstehen.
    „Ausgerechnet du fragst jetzt nach der Kirche. Nach der Meinung von ein paar Pfaffen oder vielleicht sogar nach der Meinung deines Bruders Ferdinando. ‚Ferdinando was meinst du, darf ich die Bianca jetzt heiraten?“, lachte sie.
    Ihr Zynismus kannte keine Grenzen. Er müsse sich jetzt bekennen. Für sie oder gegen sie?
    Das ‚gegen sie‘ fand sie nahezu ausgeschlossen. Niemals würde er jetzt von ihr Abstand nehmen können, niemals würde er sie jetzt verlassen können. Sie wusste es, er war einfach zu schwach dazu.
    „Lass mir wenigstens einen Triumph. Ich will mit dir schlafen im Palazzo Pitti. Unter dem Himmelbett einer Großherzogin.“
     
    Die Welt und vor allem die Florentiner würden es ihr übel nehmen? Was auch immer? Zu schnell, zu langsam, vorher die Geliebte, Intrigen und was sie sich auch immer ausgedacht haben sollte? Also, warum sollte sie dann der Welt nicht das geben, was sie sich ohnehin nehmen würde? Die ehrenhaften Bürger aus Florenz würden mithilfe Ferdinandos versuchen, Schimpf und Schande über sie zu bringen. Die Gerüchteküche in der Toskana kochte bald ein köstlich duftendes Giftgericht, besser als alles, was sie bis dahin in der Alchemistenküche hatten zustande bringen können.
    Francesco ließ es geschehen. Er ließ geschehen, wie er sein Leben schon immer geschehen ließ, dachte sie. Die treibende Kraft, die Windmühle war sie, die junge Frau, die hinter ihm stand. Sie trieb ihn an, gab ihm die Tanzschritte vor, entschied für ihn. Was seine Ehe und die Geschwindigkeit der Hochzeit anbelangte, holte er sich nur noch ihre Entscheidungen in der Villa Bianca ab.
    Das Jahr 1579 brachte einen guten Sommer. Francesco holte

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