Der Schwur der Venezianerin
dort nicht zu viele Mücken gäbe, die die Malaria übertragen könnten.“
Offenbar hatte Johanna auch keine Lust mehr verspürt, sich an den Machenschaften, den Planungen und Intrigen in diesem Leben zu beteiligen, noch nicht einmal wollte sie davon hören.
Sie selbst war unglücklich über die eigenen Wege ihres Gatten mit dieser Dirne aus Venedig, wie sie Bianca manchmal in vertrautem Kreise nannte. Sie vertrieb ihre Zeit daheim mit ihren Kindern, mit Festen und Gesellschaften im Palazzo Pitti und in den Villen der Medici im Umland. Es war ihr eine Wunde im Herzen, dass sie nicht einmal die Villa Pratolino besuchen konnte. Stets war dieses Weib aus Venedig dort aufzufinden. Die Gespräche mit den Freundinnen gerieten oft in eine schmerzliche Sackgasse, wenn sie auf das Verhältnis ihres Gemahls mit der Hexe Bianca angesprochen wurde. Wurde sie nicht darauf angesprochen, wusste sie, dass zumindest alle über die Liebschaften Francescos in der Villa Bianca Bescheid wussten und sobald sie außer Sichtweite war, darüber tuschelten. Ihre Stellung als Frau ließ es nicht zu, sich dem Gatten zu entziehen. Selbst ihr Bruder, Kaiser Maximilian II., würde einem solchen Schritt nicht zustimmen. Manches Mal hätte sie lieber ein Messer unter ihrem Nachtgewand hervorgezogen, wenn der traurige Liebhaber sich ihr im Bett näherte. Die Angst vor der unglückseligen Tat hielt sie davon ab. Mit Traurigkeit hatte Johanna erkannt, wohin das Lied „Triumph der Träume“, das den jubelnden Zuschauern bei ihrer Hochzeit vorgeführt wurde, die Frauen führte. Zu ihrem Glück hatte es nicht werden sollen.
Auf ihrem Sterbebett sagte sie ihrem Beichtvater die unpassenden Worte für einen Geistlichen.
„Ich mache den Weg frei für die Hure Bianca. Mein Gatte wird zu spät erkennen, welcher Teufel in diesem Weibsbild steckt. Unglück wird die Verbindung zwischen ihm und der venezianischen Hexe bringen. Was hat sie nur, dass er sich immer wieder in ihr Bett gezogen fühlt. Sie ist eine kleine nichtswürdige Dirne. Sie zeigt selbst, dass sie einen Herrscherthron nicht verdient hat. Ebenso aber bedaure ich meinen Gemahl. Er ist nicht fähig, die richtigen Wege zu erkennen. Warum habe ich es nicht geschafft, mir dieses Weib vom Halse zu halten? Das war meine Unfähigkeit, das ist meine Schuld. Und nun zu Euch“, sie wandte sich an ihren Beichtvater, „was tut die Kirche, um die Frauen vor solchen Machenschaften zu schützen?“
„Ihr wisst Johanna, die Wege Francescos, seiner durchlauchtigsten Hoheit, sind verboten. Was er tut, ist Sünde.“
„Ist das alles, was Ihr dazu zu sagen habt?“, fragte sie ihn mit schwächer werdender Stimme.
„Um Gottes willen, Johanna, belastet nicht die Kirche vor Eurem Tod. Beichtet das.“
„Ihr solltet Euch mehr Gedanken darüber machen, wie Ihr all die vielen Frauen vor Ihren Männern schützt, die es tagein, tagaus mit anderen Frauen treiben, obwohl doch das Sakrament der Ehe heilig ist. Vielleicht aber Vater, müsstet Ihr Euch zu sehr selbst damit auseinandersetzen. Wie ernst meint es die Kirche mit Ihren eigenen Geboten?“
Ihre Stimme war zu schwach geworden. Er konnte sie nicht mehr hören. Johanna war dahin geschieden.
Der Beichtvater hatte ihr die letzten Sakramente gegeben. Gedankenverloren erhob er sich. Er war ein unglücklicher Mann.
„Sie war schon zu schwach gewesen“, trauerte der Großherzog um seine verstorbene Gattin, unsere Arznei konnte ihr nicht mehr helfen.“
Im Grunde genommen ein sensibler Mensch, trauerte Francesco um seine rechtmäßig angetraute Gemahlin. „Johanna“. Er weinte am Totenbett, „wir hatten ein besseres gemeinsames Leben verdient. Hätte ich mich mehr um dich gekümmert, wärest du glücklicher gewesen. Ich bin sicher, Bianca wird ebenso um dich trauern, dein Tod ist ein großer Verlust für uns. Bianca und ich werden überlegen, wie wir die Trauer um dich würdig ausdrücken können.“
Lächelnd vernahm die Geliebte den Tod Johannas.
„Ob du nun, mehrfach deine Gelüste in ihrem Bett befriedigt hast oder nicht. Es ist mir recht gleichgültig. Ob sie bei deinem Eindringen in sie ihre eigene Befriedigung erreicht hat, ist mir ebenso gleichgültig. Das Einzige, was zählt, ist, du liebst mich, ich bin deine Gattin, ich bin die Großherzogin der Toskana.“
Die Worte kamen hart aus ihrem Munde. In der Stunde des Todes, selbst in der Stunde des Triumphes, den sie nun erleben konnte, hätte er sich eine andere, lieblichere Bianca
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