Der Schwur der Venezianerin
sich zunächst die Erlaubnis bei seinem Beichtvater Bianca zu heiraten. Mit Widerwillen stimmte Monsignore zu. Der Großherzog hatte ihm klar gemacht, dass unbedingt ein Thronfolger her müsste. Bianca allein hätte die weiblichen Formen, dies zu schaffen.
„So haltet doch zunächst die Trauerfrist ein“, beeilte sich der Pfarrer den Großherzog zu überzeugen. Es sind ja erst wenige Monate nach dem Tod von Johanna vergangen.“
„Monsignore, das gerade ist es ja. Alle Welt hetzt über mich, über meine wilde Ehe mit der Bianca, wie die Leute das nennen. Um dieses Loch der Gerüchteküche zu stopfen, diesem sinnlosen Geschwätz endlich einen Riegel vorzuschieben, werde ich sie so schnell wie möglich heiraten.“
„Eure Hoheit, Ferdinando bereitet Eure Hochzeit mit einer Königstochter vor“, flüsterte der Pfarrer verschämt.
Dem Herrscher blieb der Atem weg. Er setzte sich, brauchte einen Moment der Besinnung.
„Ferdinando soll sich da heraushalten, Monsignore, auch wenn er Kardinal in Rom ist. Ich habe die Nase voll von Familienangelegenheiten. Kardinal Ferdinando wird nichts entscheiden, richtet ihm das aus. Erst hängt mir mein Vater aus sogenannter Staatsräson die Kaiserschwester an den Hals, spricht von Familie, Staat und Toskana. Dann aber wird der alte Herr noch selbst zum Bock, der sich einen Mist um die Staatsräson, um die Familie, um die Kinder kümmert. Verschleudert sein Vermögen mit einer Dahergelaufenen, von der wir noch nicht einmal wissen, woher sie kommt. Dann beginnt der Kardinal aus Rom zu intrigieren, versucht mir ein anderes Weibsbild anzuhängen, bloß weil er die Bianca nicht leiden mag. Verzeiht mir Hochwürden, er hat noch niemals eine solche Frau im Bett gehabt, auch wenn es den Kardinälen heute erlaubt ist, sich mit Frauen zu umgeben. Ferdinando ist derjenige, der den Ruf meiner Bianca bewusst zerstört hat. Er ist derjenige, der sich um die Krone des toskanischen Staates am ehesten reißen würde. Er soll sich aus allem heraushalten. Ich verzichte auf sein Erscheinen bei der Hochzeit. Für mich gibt es diesen Ferdinando nicht mehr. Und die Bevölkerung in Florenz und in der Toskana? Wie hat sie doch meinem Vater zugejubelt, als er mit grausamsten Mitteln Siena besiegt hat. Unterdrückung und Spionage, Mord und Meuchelmord waren an der Tagesordnung, die Kirche hat dabei wacker mitgeholfen. Die Bevölkerung unseres so hochehrenwerten Staates hat ihm anschließend zugejubelt, wie einem König. Und ebenso, Hochwürden, Ihr werdet mir das verzeihen, ebenso hat seine Heiligkeit, der Papst, auch seinem großen Sieg in Siena zugejubelt. Es waren noch nicht einmal genügend viele Kardinäle aufzutreiben, die ihn an den Toren Roms in Empfang nehmen konnten. Aber dann Hochwürden: Die verstümmelten Kinder an den Mauern von Siena schrien und zeterten noch um Gnade, um ein wenig Wasser, um ein wenig Brot, da hat seine Heiligkeit mit einem ganzen Schloss voller Kardinäle dem Herzog von Florenz schon zugejubelt. Wer also will auch nur im Geringsten darüber empfinden, was in meinem Verhalten richtig und was falsch ist? Gebt mir die Absolution für den Bund der Ehe mit Bianca Cappello, Hochwürden. Es ist besser über diesen Weg zu gehen, oder ich muss meinen eigenen gehen. Gebt mir die Absolution, so kann die Kirche wenigsten sagen, sie hat an dieser Entscheidung mitgewirkt.
Der Beichtvater Francescos erlebte zum ersten Mal in seinem Leben den Großherzog in solch einer aufgebrachten Stimmung. Wohl hatte er alle Worte gut verstanden. Ehe ein großes Unglück geschehen würde und Francesco nicht nur zu ihm, sondern auch zu anderen Amtsträgern solche Worte sagen würde, wäre es besser und im Sinne der Kirche, er würde ihn mit einer Zustimmung zum Schweigen bringen. So geschah es denn auch.
In einer liebevollen Bettstunde erzählte ihr Francesco von dem Gespräch mit dem Pfarrer. Sie zeigte sich erstaunt ob des schönen Sieges, den ihr Gatte über sich selbst errungen hatte. Skeptisch hörte sie zu, wie er von seinen Vorhaltungen an die Kirche berichtete. „Wenn es notwendig wird, findet jeder schnell die Untaten der Anderen heraus und benutzt sie für sein eigenes Werk“, philosophierte sie, wobei sie sich selbst nicht ausnahm.
„Schau, Lena“, sagte Bianca“, „Du bist zu unserer Hochzeit eingeladen. Ist es für dich nicht schöner, bei meiner Hochzeit, so eng bei mir sein zu können, als wenn wir viele Tausend Menschen zu begrüßen hätten, und ich mich um all diese
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