Der Schwur der Venezianerin
Namen an den verfehlten Sieneser Verbündeten-, dieser hier galt als einer der besten Musiker seiner Zeit. Mit ihm ließen Alessandro Striggio und Claudio Merulo während der Vereinigung von „Amor und Ama“, so das Thema des Festzuges, die süßesten Töne erklingen. „Liebe und Kraft“, das war das Thema, das sich die Gehuldigten auserwählt hatten. Liebe und Kraft, Bianca und Francesco, in Ihrer Vereinigung, das wünschten sich jetzt die Zuschauer, Venus und Mars, die Göttin der erfüllten Sehnsüchte und der mächtige Held des Krieges.
Gespannt erwarteten die Gäste das große Ereignis. Es waren nicht nur Gerüchte im Umlauf. Wilde Geschichten wurden von Mund zu Mund weitergereicht. Diese hier sollte die Hauptgeschichte für viele Jahre werden. In einer Welt, in der sich jeder Einzelne zum Akteur berufen fühlte, in der man nicht lebte, wenn man das Leben nicht für sich und andere inszenieren konnte, waren die schon vor Tagen verstreuten Geschichten gierig aufgenommen worden. Jeder Bürger wusste von dem Kommenden. Die Könige und Fürsten sprachen darüber auf den seit Tagen gefeierten Bällen und Einladungen. In Künstlerkreisen entwickelten die gestandenen, bekannten Poeten zusätzliche Geschehnisse für die Inszenierung des langen Festzuges, in dem Besonderes geschehen sollte.
Eine Geschichte lief um, wurde amtlicherseits verbreitet, von Bänkelsängern und Moritatenerzählern aufgegriffen und mit Beteiligung des ganzen Volkes bis in die feinsten Adern ausgewalzt. Es war so gewollt und vom Großherzog und der Großherzogin gewünscht. In Florenz und sogar darüber hinaus beschäftigten sich die Leute seit Tagen mit der Lösung der Geschichte, die ihnen nur bis zu einem bestimmten Punkt erzählt worden war. So war sie am Tage der Hochzeit und der Krönung, so wie an einigen Tagen zuvor, schon mitten drin im Geschehnis. Seit Tagen suchten die Florentiner nach der offengebliebenen Lösung und beteiligten sich an dem Schauspiel.
Amüsiert verfolgten Francesco und Bianca das gelungene Einführungsstück. Niemand wusste Bescheid außer den zum Schweigen verurteilten Akteuren. Ihnen war Lob beim Schweigen versprochen, bittere Strafen im Falle des vorzeitigen Redens angedroht worden. Die Spannung war gestiegen. Die Königskinder auf der Tribüne der florentinischen Unschuld, wie sie sich sahen, erfreuten sich köstlich der gelungenen Spannung. Man erzählte sich sogar, Francesco, der poetische Despot, der schon des Öfteren seine Fähigkeiten im Schreiben von Gedichten und Liedern zum Besten gegeben hatte, hätte selbst die Grundidee für die „Vereinigung von Liebe und Kraft“ geschaffen.
Was war geschehen?
Die Gerüchte hatten sich seit Tagen in der Stadt verdichtet. Drei persische Ritter würden vorstellig werden, und das genau am Tag der Vermählung, um sich und jedem, der sich ihnen im Kampf stellen würde, beweisen wollten, dass die Perserinnen allen anderen Frauen an Schönheit, Grazie und Mut überlegen seien. Das Gerücht fand an dieser Stelle sein Ende. Niemand wusste so recht, wie es weitergehen sollte. Man erwartete sehnsüchtig den Tag, an dem es entschieden werden könnte, und harrte der Lösung. Schon rauften sich die jungen Burschen auf den Straßen, übten die Verteidiger ihrer florentinischen Schönheiten, wollten sich kampfesmutig in die Schlacht werfen, um Ruhm, Gold und die Schönste zu gewinnen. Die Edlen und Fürsten bei Hofe, auf den Festlichkeiten und den Gesprächen in den Kirchen, spitzten lieber ihre Lippen, verschenkten ein herablassendes oder unsicheres Lächeln.
„Oh, Gott, doch wohl hoffentlich kein Duell“, schwitzte manch ein Kopf unter einer Perücke.
Andere versuchten sich in den Wirtshäusern mit gewaltigen Worten und dem drohenden Hochrecken schwerer Wein oder Biergläser, bis sie ihnen aus den Händen fielen.
Jeder Mann und jede Frau in Florenz zeigte sich über den Fortgang der Geschichte bestens informiert. So konnten sich Alt und Jung gut vorbereitet zum Kampfe bei dem Fest stellen.
Mit Blumen und Kränzen, leuchtend roten und grünen Lampions war der Palazzo Pitti an diesem vierzehnten Oktober in ein buntes Meer aus Papier getaucht. Der kommende Festzug sollte seine Huldigungen im Cortile dell’Ammanati überbringen. In einer Loge im Balkon des Piano Nobile nahmen der Herzog und die Herzogin die Ehrungen entgegen. Vor ihnen hielt jeder der vortrefflich gestalteten Szenenwagen inne. Unterstützt von den Madrigalgesängen, Lauten und Liraspielen boten die
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