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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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hatte sich von dannen gestohlen. Das Volk jubelte ihm zu, wenn es ein Fest gab. Ansonsten fand er wieder die Schmierereien an den Wänden der Stadt, die ihn und seine Frau, Großherzogin Bianca Cappello, verunglimpften.
    In seine Augen traten Tränen. Er konnte nicht sagen, woran es gelegen hätte. Mehr als einmal hatten die verkrüppelten und geschändeten Kinder aus dem Sieneser Krieg, an dem er als junger Bursche auf Geheiß des Vaters teilnehmen musste, seine Träume in seinem Nachtlager besucht. Sie schrien um Hilfe und weinten vor Schmerz. Ihre Trostlosigkeit hatte sich tief in seine Seele eingegraben. Mädchen und Jungen weinten nach ihrer Mutter vor den verschlossenen Toren der belagerten Stadt. Anstatt der Hilfe von Müttern kamen Cosimos mörderische Soldaten, schnitten ihnen Ohren und Arme ab. Sie stachen ihnen die Augen aus und ließen sie verhungern.
    Francesco sackte auf einem Hocker zusammen und begann hemmungslos zu weinen, als seine Ehefrau Bianca ihn im Ankleideraum fand.
    Ein glanzvolles Fest war der Nachwelt geschenkt worden. War es mehr als eine Fassade?

Nebel über dem Palazzo Pitti
    Die Frage würde eines Tages auftauchen, das ahnte Bianca. Das schönste aller Feste, das man sich in der Renaissance vorstellen konnte, schenkte ihnen trotzdem nicht den erhofften Sohn. Sie dachte an Antonio, den Sohn aus dem Katzenviertel, der illegal war. Für die Verbreitung dieses Wissens hatte der Kardinal der Familie früh genug gesorgt. Somit war Ferdinando einen Widersacher losgeworden, bevor sich der Bursche anschickte, ihm Konkurrenz zu machen.
    Es blieb ihnen wenig Zeit für die Experimente in der Fonderia. Die Zeit lief dahin. Wenn sie schon die andauernde Schönheit, die ewige Gesundheit und das ewige Leben erreichen wollten, dann tauchte die Frage auf, von welchem Zeitpunkt an? Galt es noch für sie? Oder bereiteten sie das Elixier für jemand anderes vor? Die noch schöne Frau sah sich mit ihrem Fürsten über den Ampullen und Glastuben hocken, den Phialen und den Retorten. Sie atmeten die giftigen Dämpfe von Gemischen aus Kupfervitriol und feinsten Metallspänen ein, hielten ihre Gesichter über dampfenden Alkohol und Quecksilberausdünstungen. Nur einer ließ sich nicht greifen. Der Stein der Weisen. Der Lapis Philosophorum hielt sich verborgen. Sie fanden heraus, das Geheimnis würde ein ewiges Geheimnis bleiben.
    Trotz intensivsten Bemühens wurde Bianca und Francesco auch nach Jahren kein Thronfolger geschenkt. Es brauchte keine Tricks mehr, die Liebe geschah nicht im Verborgenen. Nichts gab es zu verstecken, das Abenteuer der sexuellen Leidenschaft wurde zur Routine. Bianca fragte sich, ob selbst das göttliche Spiel der Körper im Bett ihren Gatten langweilte. Francesco wurde sichtlich unruhig.
    „Wo ist unser Sohn, den du mir versprochen hast, wo bleibt unser Nachfolger, wem werde ich eines Tages die Krone von Florenz überreichen können?“ Sein Gemüt war seit den Hochzeitsfeierlichkeiten wieder mürrischer und nörgelnder geworden. Mit Misstrauen überhäufte er seine Frau, warf ihr Treulosigkeit vor und brach in seinem Jähzorn manchen Streit vom Zaun.
    „Wieso habe ich dir einen Sohn versprochen, wo und wann soll das gewesen sein?“
    „Immer hast du von einem Nachfolger gesprochen. Wo sind deine Knaben? Dein Körper hat doch sämtliche Vorzüge für eine gebärende Frau. Und ich bemühe mich regelmäßig, uns ein Kind zu schenken.“
    „Das mag es sein, du bemühst dich, wie du dich vielleicht bei Johanna bemüht hast. Du bemühst dich ohne Liebe und ohne Anteilnahme.“
    „Lass Johanna aus dem Spiel, sie ist leider zu früh verstorben. Mit ihr hätte ich vielleicht …“, er winkte ab und wand sich zum Fenster.
    „Was hättest du vielleicht? Nun sag’s schon. Dir wäre es lieber gewesen, mit dieser Johanna zusammen zu sein?“
    Er schwieg am Fenster.
    „Nun sag, was hättest du lieber, was ist es? Ich glaube eher, du hast dein ganzes Pulver verschossen bei den Mädchen in der Stadt und in den feinsten Kemenaten der Edeldamen. Es gibt ja genügend, die hinter dir her sind.“
    „Und wie viele Männer sind hinter dir her. Dauernd scharwenzelt einer um dich herum.“
    „Hinter mir mögen viele her sein, doch ich nicht hinter einem einzigen“, erboste sie sich. „Solange wir zwei zusammen sind, hat kein einziger anderer Mann mein Bett gesehen.“
    „Dein Bett vielleicht nicht“, fuhr er sie an, „dafür du aber sein Bett.“
    „Francesco werde nicht albern, du weißt,

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