Der Schwur der Venezianerin
Pitti. Immer wieder riefen die Tausende von Zuschauern „Salve“ und „Hoch lebe der Großherzog und die Großherzogin“. Die Straßen bis zum Medici Palast erstrahlten kunstvoll unter Baldachinen und Blumen. Die prächtigen Palazzi am Wegesrand glitzerten von Gold und Brokatbändern, gewaltige Fahnen der toskanischen Städte, der Patrizierfamilien und der Zünfte wehten an den Häusern. Vor der Kutsche streuten Kinder Blumen auf die Straße. Ein unglaublich süßer Duft hinterließ eine erregende Spur.
Wie eine Betrachterin aus erhöhter Position nahm Bianca alle Feierlichkeiten wahr. Wer so lange gewartet hatte, der durfte die Einzelheiten genießen. In dem prachtvollen Hof, den der Architekt Ammanati gestaltet hatte, nahm im Palazzo Pitti das Brautpaar die Huldigungen der Könige und Fürsten und des Festzuges entgegen. Wenn schon nicht von Bianca selbst entworfen, so war doch eindeutig ihre Handschrift in den Festwagen zu erkennen. Die Künstler hatten sich an ihren Lebensstil gehalten, der Frohsinn, Glanz, Pomp und jegliche Herrlichkeit darstellte. Vergessen waren die eher steifen und immer belehrenden Darstellungen aus dem Festzug mit Francesco und Johanna. Hier wurde gefeiert und gezeigt, demonstriert und der Schönheit gehuldigt. In einem „illuminosa e pomposo teatro“ inszenierten sich die Medici mit Bianca Cappello. Mit exotischen Festwagen, Fantasiegebilden und märchenhaften Darstellungen huldigten sie sich selbst, dem Traum einer allmächtigen Familie, die sich dem ewigen Herrschen verschrieben hatte.
Der kunstbesessene Herrscher der Toskana, der feinsinnige und melancholische Despot, der poetische Francesco, war es sich und seiner Gattin schuldig, nicht einfach einen Triumphzug vorbeiziehen zu lassen. Der prächtige Hof im Palazzo, am Rande des Garten Boboli, lebte auf als Huldigungsbühne, Theater und gleichzeitig Szenerie. Braut und Bräutigam, die Kronen auf den Häuptern, spielten inmitten einer weltoffenen Bühne in ihren glanzvollen Szenen, die unnachahmlichsten Rollen.
Die gekrönte Großherzogin trug ein bodenlanges, golddurchwirktes Brokatkleid. Goldene Knöpfe dienten eher zur Zierde als zu einem praktischen Nutzen. Das Oberteil war mit schönstem Hermelin besetzt. Von den Ärmeln fielen von Schulterhöhe wertvolle Marderpelze herab. Das Haupt schmückte die glanzvollste Errungenschaft der Bianca Cappello, die goldene Krone der Großherzogin mit unzähligen Diamanten und Edelsteinen besetzt. Zum ersten Mal entdeckte der aufmerksame Zuschauer den Einfluss der Venezianerin auf die toskanische Mode. Der typische, sehr hoch gesetzte Kragen aus spitzenbesetztem Brokat fand mit dem Hochzeitstag Eingang in die florentinische Gesellschaft und wurde von dem Moment an von den noblen Damen vielfach nachgeahmt. Die goldene Krone saß auf einem sehr langen feingesponnenen weißen Schleier, der vom Kopf nur über den Rücken fiel, Schultern und vor allem Gesicht aber freiließ. Eine Kette feinster und kleinster Perlen umrahmte das noch immer zarte Antlitz. Ihr langer, schmaler und weißer Hals wurde betont durch eine Kette mit größeren Perlen, an deren Brustende ein wertvolles Collier hing. Eingerahmt in eine goldene Fassung zeigte es das Wappen der Medici. Selbst bei dieser Feierlichkeit trug die erste Dame des Staates ein sehr offenes Dekolleté, das die Aufmerksamkeit der Staatsbesucher und Ehrengäste auf sich zog. In ihrer linken Hand trug Bianca ein Paar Handschuhe aus feinstem Leder. Die Rechte hielt einen zierlichen Fächer.
Der Großherzog stand seiner schönen Gattin in nichts nach. Die Krone auf seinem Haupt unterschied sich von einer Königskrone der europäischen Länder nur in einem Punkt. Sie saß ein wenig tiefer als die Üblichen. Ein Hermelinumhang bedeckte seine Schultern. Mantel und Tunika glänzten in feinstem goldenem Tuch mit einem lebendigen Rankenmuster. Das Zepter hielt er in seiner Rechten. An seiner linken Seite hing unter dem königlichen Mantel an einem goldenen Gürtel sein Schwert als Zeichen der Machtvollkommenheit und der obersten Gerichtsbarkeit. Mantel und der von den Schultern herabhängende Hermelinumhang wurden von einer goldenen Kette zusammengehalten, die mit den wertvollsten Edelsteinen besetzt war.
Bald wurde die Aufmerksamkeit der illustren Gesellschaft von dem Großherzogspaar auf den Festzug gelenkt.
Drei Komponisten waren in den Wochen zuvor zusammengetreten und hatten die Madrigalen komponiert. Piero Strozzi, -nur ein Narr dachte bei diesem
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