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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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geradestehen auch vor Euch selbst. Gleichgültig, wie immer Ihr sie auch begründet. Den Gott habt Ihr nur aufgegeben, weil es Euch ohne ihn bequemer erscheint.“
    „Vielleicht habt Ihr Recht, vielleicht auch nicht“, sagte er und erhob sich mühsam, um sich um seine Leute zu kümmern.
    „Noch eine Frage Condottiere.“
    Er beugte sich zu Ihr nieder und nickte auffordernd.
    „Wer ist der große Feldherr, in dessen Krieg und auf dessen Befehl Ihr all die Grausamkeiten erlernt und begangen habt?“
    Der Anführer der Briganten antwortete nur mit einem einzigen Wort, das er Ihr flüsternd zuwarf.
    „Cosimo aus Florenz.“
    Sie erschrak, als sie den Namen hörte, schaute sich ängstlich um. Im Augenblick schien sie mehr Angst vor diesem Namen zu haben, als vor dem Briganten und seinen Bandenmitgliedern.
    „Wart Ihr vor Siena dabei?“
    Er nickte, und Bianca sagte auffordernd: „Geht zu ihm und holt Euch Euer Leben zurück.“
    Mit herrischer Stimme rief der Condottiere zum Aufbruch, befahl, die Gefangenen wieder auf die Pferde zu fesseln, und der Marsch ging weiter.
    Es würde eine Weile dauern, bis sie diesen wunderschönen Gebirgskessel verlassen würden. Am Sonnenstand erkannte sie, dass der Pfad sie zurückführte aus der Toskana heraus, wo sie mühselig zu Fuß hineingeraten waren. Durch mannshohen Farn gingen die Pferde die Hänge hinunter. Die heimischen Vögel begrüßten den schönen Tag und freuten sich über jede warme Stunde, die ihnen der Sommermorgen schenkte. Grillen zirpten, Blüten reckten ihre Hälse den Sonnenstrahlen entgegen. Die Sonne stieg schnell höher und bald wurde es unerträglich heiß. Zwischen den Gräsern summten Bienen, Schmetterlinge schaukelten über die Farne. Eine zufriedene, gesättigte Natur gähnte einem neuen, schönen Tag entgegen. Aus einer schmalen Talsohle ging es den Hügel wieder an. Die Sonne brannte auf die freien Körperstellen von Gesicht und Händen. Die Stricke scheuerten ihre Haut auf. Nach einer Weile gesellte sich der Anführer an Biancas Seite.
    „Schönes Mönchlein“, begann er zynisch, „wir werden gleich die Quelle der Lamone erreichen. Es ist ein kleines Gewässer, das dem Berg entspringt, eher unscheinbar und unbedeutend. Der Quell führt aber genügend Wasser, um Euch darin ausgiebig zu waschen …“
    „… mit den geilen Blicken Eurer Kumpane als Gesellschafter. Danke Condottiere, ich verzichte.“
    Der Brigant zuckte mit seinen Schultern und wandte sich wieder ab.
    Bald hatten sie den Quell erreicht. Ein kleiner Wasserfall stürzte aus dem Berg hervor, sammelte sich in einer kleinen Mulde und bot tatsächlich einen guten Waschplatz. Alle tranken ausgiebig von dem frischen Wasser, dann wuschen sich die Helden aus dem Gebirge. Nun war es an Bianca, die muskulösen Oberkörper der Briganten zu beobachten. Braun gebrannt ließ der Condottiere seinen breiten Rücken von dem Wasserstrom umspülen. Seine mächtigen Oberarme reckte er in die Höhe und die junge Frau ertappte sich dabei, wie sie seine braune Haut bewunderte und einen stillen, nicht statthaften Vergleich mit dem Körper ihres Pietro zog. So wandte sie sich schnell ab.
    Die beiden Frauen und auch Pietro verzichteten auf das Bad. Pietro wollte sich nicht dem Gelächter der Meute preisgeben. Die beiden Frauen hatten genügend andere Gründe. Bald brachen sie wieder auf, ritten auf ein altes verfallenes Bauernhaus zu, das sich an einem sanften Hang an den Berg schmiegte. Sein Schornstein blies einen dünnen Rauch in den Himmel, zeigte, dass das Häuschen bewohnt war. Die Spannung Biancas stieg ins Unermessliche.
    „Ist das der Sammelplatz der Ganoven oder ein armer Bauer, der jetzt überfallen wird?“, fragte Pietro ängstlich nach hinten gewandt seine Gefährtin.
    „Weder das eine noch das andere“, mischte sich der Condottiere ein, der die Worte gehört hatte. „Es ist ein guter Platz für Euch.“
    „Die werden uns doch wohl nicht in dieser Einöde, gefesselt an Tisch und Stühle, verhungern lassen?“, fürchtete sich Pietro, „dann lieber wieder mitnehmen.“
    Der Weg schlängelte sich den Hang hinab. Bis sie auf die verfallene Hütte stießen, vor der ein kleiner Platz zum Anhalten einlud. Eine schiefe Tür und Fensterläden, die so schräg angebracht waren, dass man meinen könnte, sie würden niemals als Laden passen. Der kleine Hof strahlte Armut aber Friedlichkeit aus. Die Briganten schienen diese Stelle bestens zu kennen. Unverzüglich machten sie sich daran, Ihr Gepäck

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