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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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Intrigen zählen. Das, was du Gutes den Menschen tust, wird dir angerechnet werden.“
    Domenico hatte die lange Rede erschöpft. Noch einmal sammelte er seine letzten Energien, wies mit dem Zeigefinger auf den Briganten:
    „Was deine Gefangenen anbelangt, hast du nicht im Geringsten das Recht zu behaupten, sie seien keine Mönche. Wusstest du das etwa vorher, du Halunke? Du hast diese armen Schlucker als Mönche gefangen genommen, und nur als das zählt deine abscheuliche Tat. Die Frau dort hast du gefangen genommen, um sie deinen Wölfen zum lustvollen Fraß vorzuwerfen. Lass sie frei, lass sie alle frei, wenn du noch ein bisschen Ehre in deinem Leib hast. Höre mir vor allen Dingen mit deinem Gejammer mit deiner Lehre bei Cosimo auf. Das hab ich jetzt oft genug von dir gehört. Du bist kein Deut besser als dieser habsüchtige Despot. Du hast jetzt Gelegenheit, umzukehren, bevor dich die Ameisen eines Tages bei lebendigem Leibe auffressen. Du bist ein verruchter hundeelender Verbrecher.“
    Der Condottiere war einen Schritt zurückgewichen. Die Kumpane lachten laut und machten sich über die Rede des Einsiedlers lustig. „Stopf ihm endlich das Maul“, rief einer.
    Hier standen die Befehlsgewalt und die Glaubwürdigkeit des Condottiere zur Disposition. Diese Art von Beleidigung, wie es die Briganten empfinden mussten, konnte sich der Anführer nicht gefallen lassen. Das Leben der Gefangenen stand durch den Mut des Einsiedlers auf des Messers Schneide. Aus dieser Gefangenschaft könnten sie nie wieder heil herausfinden.
    Vor soviel Wagemut von dem alten Mönch blieb Bianca erstarrt. Sie blickte mit Ehrfurcht auf den Einsiedler, der Güte, Verstand und diesen unermesslichen Mut gezeigt hatte.
    Ebenso schien der Condottiere beeindruckt, wie sie empfand. Nur einen Augenblick stand er unschlüssig. Zwischen Hohn und Spott seiner Kumpel einerseits, und dem Mönch und den Gefangenen andererseits, reckte er seinen mächtigen Körper in die Höhe. So hatte er es immer getan, wenn er seine Entschlusskraft und seine Gewaltbereitschaft als Drohung in das Spiel werfen wollte. Seine Briganten lachten, in ihren Gesichtern zeigte sich das Aufflackern der Gier, die sie sich jetzt unter ihrem Anführer erfüllen wollten. Der Condottiere, den kein Leid, keine Quälerei und kein bisschen Vernunft zur Umkehr trieb, stand neben seinem Pferd, stellte sich aufrecht, lachte und streckte seine Faust in die Höhe. Die Briganten machten sich bereit ihre Gefangenen wieder zu fesseln. Vielleicht könnten sie sich noch zuvor an den beiden Weibsbildern ergötzen. Wenn es sein musste, könnte der Einsiedler ja zuschauen, als Lohn für seine freche Rede.
    In diesen Sekunden entschied sich ihr Leben, das fühlte die junge Frau. In diesen Sekunden entschieden sich gleichermaßen das Leben und die Zukunft des selbst ernannten Generals. Der Condottiere schaute verblüfft auf den alten Mönch, als hätte dieser ihm die Tür zu einer schrecklichen Erkenntnis geöffnet.
    Bianca sah in ihrer Vorstellung den alten Mann vor sich unter einigen wenigen Schlägen zusammensacken und sich selbst auf dem Sklavenmarkt.
    Der Condottiere reckte sich noch weiter auf, um all seine Kräfte zusammenzunehmen für den gewaltigen Akt, den er vorzunehmen gedachte. Dann drehte er sich blitzartig zu seinen Kumpanen um und schrie sie an:
    „Aufsatteln und Aufsitzen“, und schaute wild zornig umher. „Aufsitzen! Habe ich gesagt.“
    Mit einem eleganten Satz, der ihm gar nicht mehr zuzutrauen gewesen wäre, schwang er sich auf sein Pferd, zwang seine Leute mit der Peitsche, das gleiche zu tun, und wie im Sturm verschwand die Bande im nahen Wald.
    Der Mönch verharrte in seiner drohenden Haltung, Pietro verfolgte noch immer das Schauspiel mit blankem Entsetzen, die junge Frau begann zu weinen. Bianca bewegte leicht die Lippen.
    „Letztlich seid Ihr ein guter Mensch“, flüsterte sie hinter dem Condottiere her.
    Der Mönch hatte ihre leisen Worte vernommen. Ohne sich umzuschauen, fragte er:
    „Weil er Euch hat laufen lassen? Werdet nicht albern.“
    Er lud seine ungewollten Gäste zu einem Schluck Wasser und ein wenig Gemüse ein.
    „Letztlich spielt es keine Rolle, dass Ihr als Frau Euch zu einem Bettelmönch verkleidet habt. Ihr kennt Euren Beweggrund besser. Ich bin nicht daran interessiert. Behaltet Euer Geheimnis für Euch. So kann mich auch niemand fragen. Ich hoffe nur, dass Euer Grund ein ehrenwerter ist. Was ist mit Euch?“, fragte er die andere Frau.
    Sie

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