Der Schwur der Venezianerin
erzählte, dass sie am vergangenen Tag von den Briganten bei einem Überfall gefangen genommen wurde und sehnlichst wünschte, zu ihren Eltern zurückkehren zu können. Die Gesellschaft löste sich schnell auf, das Ganze verging wie ein Spuk und war bald vergessen, als die junge Mitgefangene die beiden verließ.
Die Bettelmönche liefen den gleichen Weg noch einmal zurück, über die dicht bewaldeten Hügel zunächst dem Quell der Lamone zu.
„Ich möchte jetzt das versäumte Bad nachholen“, freute sich Bianca auf das erfrischende Wasser. „Du aber, mein Freund bleibst weit genug von mir im Wald stehen, passt nur auf, dass mich niemand überfällt, dich selbst eingeschlossen.“
Unter dem frischen Quellwasser genoss sie nackt die Pracht der Natur, spürte das weiche Nass ihren Körper laben. Durch den sprudelnden Strom hindurch blickte sie immer wieder auf das wechselnde Grün, das ihr die unterschiedlichsten Bäume, die Sträucher, die Farne und die Gräser schenkten. Sie streckte ihre Arme in die Höhe, ließ das frische Wasser über Ihre weiße Haut laufen, betrachtete sich selbst in der freien Natur, ihre weiblichen Hüften, ihre vollen Brüste. Genüsslich dachte sie, „kein Wunder, dass die Männer all dies gerne besitzen möchten, kein Wunder, dass sie sich davon erregt fühlen, mir erginge es ebenso. Dies hier“, und sie betrachtete ihren nackten Körper, „ist das beste Gewand, das ich je getragen habe.“
Sie lächelte und trat unter dem Wasserstrahl hervor in die freie Natur. Dabei bemerkte Sie verschmitzt, dass der junge Pietro sie längst beobachtete. Bianca gaukelte ihm vor, als hätte sie das nicht bemerkt, bewegte sich in dem kühlenden Wind, bis sie einigermaßen trocken war, und warf die Kutte über.
Die Sonne hatte den Zenit längst überschritten. Sie wanderten mutig voran, passierten die überhängenden Felsen, die ihnen in der letzten Nacht als Lager gedient hatten, und erreichten den alten römischen Weg, der sie wieder in die erwünschte Richtung nach Florenz bringen sollte.
Pietro waren die überraschenden Abenteuer zu viel geworden. Er hatte genug der wilden Erlebnisse, von denen man nie im Vorhinein wusste, ob sie nicht doch einmal tödlich oder auf einem Sklavenmarkt enden würden. Wie in den letzten Tagen hielt er sich in seiner mürrischen Art versteckt und hatte nur den einen Wunsch, bald in Florenz zu sein. Er maulte über den unbequemen, nicht enden wollenden Weg und die nicht gewollten Abenteuer.
Erst am späten Abend, in einer kleinen, verlassenen Osteria am Wegesrand, nach einem guten Essen und einem Glas Wein, fiel ihm die Schönheit seiner jungen Begleiterin ein. Er schaute sie verliebt an und dachte daran sich im Bett über sie herzumachen.
Der Zorn Biancas über seine Unfähigkeit, sich dem Leben zu stellen, war noch nicht abgeklungen. Ihre Erregung war inzwischen einer bitteren Enttäuschung gewichen.
„Was willst du von mir? Kehre um, mache dich auf den Weg nach Venedig, lass mich in Ruhe. Ich brauche deinen Schutz nicht, ich kann mein geringes Gepäck alleine auf mich nehmen, dein Jammern und Wehklagen den ganzen Tag über ist mehr Last als die wenige Habe, die wir zu tragen haben. Mir wäre es auch lieber, Pietro, du würdest eine andere Kammer beziehen. Ich mache mir bereits Gedanken, wie ich mein Leben in Florenz gestalten werde. Ich stelle mich auf ein Leben ohne dich ein. In deinem Sinn hatte ich, und wie es jetzt scheint, habe ich auch nur den Zweck, deine Lust zu befriedigen. Denke daran, meine Schönheit wird verwelken, dann brauche ich einen Mann an meiner Seite, der zu mir steht, zu mir hält, der mich liebt und dessen Seele nicht schwarz angehäuft ist voller kleiner Probleme.“
Sie waren noch einmal zur Wirtin auf die Terrasse gegangen.
Die Hütte stand nahe bei der Passhöhe, bei etwa 3000 Fuß. Des Abends wurde es empfindlich kühl, die Kutten schützten kaum vor dem Nachtwind. Dennoch verbrachten sie eine Weile mit der Wirtin, sich den Zorn und den heißen Tag abzukühlen. Die letzten Reste des Tageslichtes verschwanden, ein breiter Schatten legte sich über das Land. Ein gewölbter, klarer Sternenhimmel erhob sich wie die gewaltige Kuppel eines Domes über das Gebirge. Das kleine Kerzenlicht in der Gaststube störte hier draußen nicht den Blick in die Unendlichkeit des Universums.
„Und nun, Ihr Mönche, geht in das Haus. Ich muss die Türen schließen und verriegeln. Obwohl der Flecken hier recht einsam ist, so ist doch die Gefahr
Weitere Kostenlose Bücher