Der Schwur der Venezianerin
allem bewunderte sie die dunklen weichen Augen, die stets die Bitte nach einer Verzeihung auszudrücken schienen. „Diese Augen können doch nicht mit Gewalt, Mord und Vergewaltigungen einverstanden sein“, überlegte Bianca. „Das Volk von Florenz hatte unrecht, wenn es diesem Manne die übelsten despotischen Machenschaften nachsagte. Aber durchaus könnten diese Augen jede Frau verführen.“
Francesco stand mitten im Sturm seiner Gefühle. Er hielt sich an einer Seitenwand fest und tat, als würde er ein Bild gerade rücken. Unter den Kunstwerken in diesem Studiolo, neben den wertvollsten Gemälden einer an Kunstwerken nicht armen Zeit, war dieses Werk, das lebendig vor ihm stand, nicht zu übertreffen. Das Einzige, was fehlte, war der mit Gold belegte Rahmen. Aber auf diesen Rahmen konnte er gut verzichten, wenn er dafür den Inhalt in seiner natürlichen und lebendigen Schönheit erhielt, mit diesen Gedanken stellte er seinen weiblichen Gast über jedes Kunstwerk.
„Ich bitte Euch, Bianca Cappello, nehmt in diesem Sessel Platz, fühlt Euch hier wie in dem glanzvollsten Audienzzimmer, nur ein wenig privater“, begann Francesco unbeholfen.
„Um so besser aber ausgeschmückt mit den vortrefflichsten Werken Eurer Künstler“, machte ihm Bianca ein Kompliment.
„Wenn wir einmal über mehr Zeit verfügen, bin ich gerne bereit, Euch die einzelnen Gemälde mit den Hintergründen von den Künstlern zu erläutern.“
Dazu könnte sie auch einiges beitragen aus der Sicht der Venezier, überlegte sie. Sie antwortete aber:
„Ja, wenn wir einmal mehr Zeit haben“, wobei sie wahrnahm, dass er schon jetzt auf künftige Gespräche hinwies, und das ließ sie hoffen.
„Nun, ich habe die Verpflichtung aus der Hand des Herzogs übernommen, mich persönlich um Euer Schicksal zu kümmern. Wie gestaltet Ihr Euer Leben in Florenz? Ich hoffe doch sehr, dass Ihr alle Schritte ohne größere Mühen unternehmen könnt.“
Mit Vergnügen stellte Bianca fest, dass der Kronprinz nicht ein Wort über Pietro verlor, dass er nicht sogleich fragte, wo denn ihr Gatte sei.
„Danke, Durchlaucht“, betonte sie. „Wir haben es sicher der Güte des Herzogs zu verdanken, dass mein Gatte Pietro und ich in Florenz schnell eingebürgert wurden. Pietro hat in seiner Bank wieder Arbeit gefunden. Wir sind in den Stand der Ehe getreten, um unserer Tochter eine Familie zu geben.“
Bewusst verlegte sie das Gespräch auf ihre privaten Belange, nahm ihm damit von Anbeginn den Reiz des Besonderen. Francesco war nicht im Geringsten durch die privaten Anmerkungen betrübt. Es waren die Dinge, mit denen er stets zu rechnen hatte. Es bekümmerte ihn wenig. Mit seinen Gedanken und seinen Sinnen war er längst auf der Suche nach dem Geheimnis dieser Frau. Was hatte sie an sich, was sie so anziehend machte? Er überdachte seine Überlegungen über die Schönheit einer Frau, die er in Spanien einst am Hofe des Königs zu Papier gebracht hatte. Jetzt saß die Schönste vor ihm. Was aber machte diese Anziehung aus? Er grübelte und konnte sich keine Antwort geben. Vielleicht war es genau das, was ihn beschäftigte. Der Grund für die geheimnisvolle Kraft dieses Wesens war einfach nicht herauszufinden. Warum musste er immer wieder zu ihr hinschauen, was in ihm verlangte nach einer Berührung mit ihr?
Er zog an einem breiten Brokatband und bald erschien ein Diener, dem er einen Auftrag gab. Der Diener kehrte mit einem Krug Wein und zwei erlesenen Gläsern zurück, die selbst den Glasbläserwerkstätten aus Murano im Staat Venedig alle Ehre gemacht hätten. Er ließ es sich nicht nehmen, den Wein selber einzuschenken und schickte den Diener wieder hinaus. Als er sich über sie beugte, sog sie voller Lust den verführerischen Duft seiner Essenzen ein, mit denen er sich reichlich geschmückt hatte.
Bianca hatte es sich erlaubt, ein leichtes Kleid anzulegen, allerdings mit einem weiten Dekolleté. Um die Wirkung ihres prachtvollen Busens wissend, hatte sie diesen Teil ihres Körpers ganz besonders betont. Ihre Brüste waren glatt und frisch, wie zwei glühende Äpfel im August. Ihr Mieder hielt die beiden Edelsteine hoch, sodass sie dicht aneinander lagen und jede Männerhand zum Hineingreifen verführten. Sie spürte den tieferen Atem ihres Gastgebers und legte sich zurück. Er schaute unverblümt in ihr Dekolleté und machte eine kleine Pause.
„Wie ich sehe, habt Ihr schöne Geschenke mitgebracht“, lobte der Prinz.
„Ich bitte Euch um
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