Der Schwur der Venezianerin
entwickelt. Mit ihrer strahlenden Schönheit beeinflusste sie den jungen Prinzregenten, wie der Sonnenschein über das Aufblühen einer Rose entschied. Francesco spürte ihren Lebensatem, von dem sie ihm von Tag zu Tag mehr einhauchte. In ihrer Nähe regte sich nicht nur den Drang zur Liebe, zum sexuellen Genuss. In ihrer Nähe lebte er auf. Befand er sich entfernt von ihr, glaubte er keine Luft zu bekommen. Er lachte und scherzte in ihrer Nähe, blies Trübsal ohne sie. Seine Beine wie sein ganzer Körper fühlten sich frisch stark und unüberwindbar an, wenn sie ihn umarmte. Ging sie fort, fiel er zusammen, wie ein nasser Jutesack.
„Den Schutz und die Fürsorge des Staates Toskana habe ich ihr versprochen, nicht aber den Thron der Medici“, erregte sich Cosimo bei seinem Sohn. „Wir haben andere Pläne mit dir vor, du hast dich im Sinne der Staatsräson zu fügen. Was nützt einem Herzog, der bald Großherzog sein wird, die kleine Patrizierin aus Venedig? Was haben wir von den Krämerseelen der Lagunenstadt? Wir brauchen eine Verbindung, die uns stärkt. Geschäfte und Banken haben wir selbst genug. Dazu brauchen wir nicht die Cappello.“
„Ich beabsichtige, Bianca Cappello zu heiraten“, fiel ihm der Sohn ins Wort.
Als hätte ihn das Wurfmesser eines Banditen getroffen, griff sich der Fürst an die Brust, schaute wütend und sprachlos auf seinen Sohn. Es dauerte eine Weile, bis er auf diese Ungeheuerlichkeit antworten konnte.
„So, du beabsichtigst?“, schoss er seine Worte zurück. „Ich beabsichtige etwas ganz anderes, dem wirst du dich fügen. Außerdem, die Cappello ist verheiratet. Hat ein Kind.“
„Das lässt sich klären.“
„Wie auch immer sich das klären lässt. Du brauchst es nicht zu klären, da du Johanna von Österreich, die Habsburgerin, heiraten wirst. Der Vertrag mit Kaiser Maximilian II., ihrem Bruder, ist perfekt. Das Verhältnis mit der Bianca wirst du ab sofort unterlassen.
Francesco schwieg, schaute seinen Vater zornig an. Er hatte den Worten des Herzogs nichts zu entgegnen. Alle Vernunft, alle Staatsräson sprach gegen ihn, gegen seine Geliebte Bianca. Es sei denn, er verzichtete auf den Thron der Medici. Mit einer tiefen Verbeugung verabschiedete er sich von seinem Vater und ging zur Tür.
„Francesco“, hielt ihn der Vater auf.
„Was gibt es noch?“
„Ich werde die Hochzeit vorbereiten.“
Schweigend verließ der Sohn das Zimmer. Er suchte die Nähe seiner Geliebten, musste diese Unordnung mit ihr ins Reine bringen.
„Und was hast du jetzt vor?“, fragte sie ihn besorgt im Studiolo.
„Ich wollte das mit dir besprechen. Es gibt mehrere Möglichkeiten. Einerseits, das sage ich nur aus theoretischen Erwägungen, könnte ich tatsächlich die Liebe zu dir aufgeben. Andererseits könnte ich auf den Thron verzichten und ihn Ferdinando, meinem Bruder überlassen.“
Bianca versuchte noch, dieser Ungeheuerlichkeit zu entkommen.
„Auf mich verzichten?“, fragte sie zynisch, „so wenig liebst du mich?“
Sie wusste, er würde nicht auf sie verzichten. Es lag nicht in seiner Natur, der Preis war zu hoch. Ein trauriger, trübsinniger Francesco an der Seite eines herrschsüchtigen Weibes aus dem Alpenstaat. Der Zynismus trieb ihr ein Lächeln ins Gesicht. Gefährlicher hörte sich der Gedanke an, er wolle eventuell auf den Thron verzichten. „Auf den Thron könntest du meinetwegen verzichten?“, Bianca kuschelte sich in seine Arme. „Das würdest du für mich, für unsere Liebe tun? Ich wusste es, du liebst mich, bist bereit, alle Opfer zu bringen. Du hast ein großes Herz, mein Francesco. Ich liebe dich.“
Langsam erhob sie sich, stellte sich vor ihn in Position.
„Wer bekäme dann den Thron? Eigentlich ginge mich das ja nichts an. Ich hätte genug mit deiner Liebe. Wäre es tatsächlich so, wie du sagtest, Ferdinando würde der Herrscher in Florenz werden?“
„Ja, Ferdinando. Er ist nur acht Jahre jünger als ich. Drei Jahre jünger als du.“
„Noch ein unreifer junger Herr, dein Bruder Ferdinando. Arrogant dazu, mit starken Zugfäden nach Rom an den Hof des Papstes. Er ist Kardinal, so wie ihn dein Vater vorgesehen hat, zum Regieren eines Staates nicht reif.“
„Ferdinando ist da ganz andere Meinung. Er behauptet, er sei fähiger als ich.“
Sie lachte. Eine Idee zu laut, wie sie schnell selber bemerkte.
„Du siehst es, er will dich ausbooten. Er will dir dein Erbe streitig machen.“
„Er schlug vor, ich könnte bei dir bleiben, wenn
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