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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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elterlichen Haus könnte sie davon wenig erfahren. Vor allem bei Lucrezia, dem bigotten Weib nicht. Wahrscheinlich wusste sie auch davon nichts. Sie war reich, stammte aus einer reichen Handelsfamilie und das war es dann. Von Dummheit wollte Bianca noch nicht reden.
    Balzano kramte in seiner Gedankenkiste und holte ein paar bemerkenswerte Geschehnisse heraus, mit denen er begann.
    „Schon immer war dem Herzog von Florenz die Stadt Siena ein Dorn im Auge. „Die reiche Tochter der Straße“, wie Siena auch genannt wurde, hatte Flüchtlinge und Abtrünnige aus Florenz aufgenommen und ihnen sicheres Leben geboten. Bei nächster Gelegenheit rächte sich Cosimo auf brutale Weise. Hört sich einfach und beinahe verständlich an, ist es aber nicht.“
    Balzano schaute Bianca und sah, wie die Tochter Cappellos an seinen Lippen hing.
    „Interessieren Euch die Zusammenhänge überhaupt?“, fragte er bescheiden und wischte sich mit einem Tuch über die feuchten Lippen.
    „Oh ja, Messer Balzano, sehr sogar.“
    „Nun gut“, fuhr der Gelehrte fort, abseits von den Jubelzeremonien und von dem, was uns von den Ausrufern des Staates gesagt wird, findet sich die Wahrheit oft verborgen in einem Straßengraben oder in einer abbruchreifen Holzhütte. Es gehört viel eigene Urteilskraft dazu, genau hinzusehen und selbst zu bewerten, was vorgefallen ist. Ich will es dennoch kurz machen.“
    Bianca klebte jetzt an seinen Lippen. Sie wollte alles über die Medici erfahren, daraus zu lernen, das war ihr Ziel.
    „Mir scheint jedoch, dass dies nicht der wahre Grund Cosimos überfallartiger Habgier war. Siena liegt, wie ihr schon wisst an einer der Hauptverkehrsadern nach Rom. Die Stadt ist durch Handel, Gastronomie und durch die vielen Möglichkeiten zur Übernachtung steinreich geworden. Alle Welt verkehrte hier. Händler, die von Norden nach Süden zogen, von Mailand nach Rom und weiter, machten in Siena halt. Hier wurden Geschäfte getätigt, Waren gelagert und neue aufgenommen. Die Leute mussten irgendetwas essen oder sich mit Lebensmitteln für die Weiterreise versorgen. Reparaturen waren meist in irgendeiner Form notwendig, und neue Kleidung wurde benötigt. Vor allem suchten die Reisenden Übernachtungsmöglichkeiten, tranken Bier und Wein in Hülle und Fülle. Alles dies hinterließ in Siena Geld und Gold. Die Stadt barst vor Reichtum. Sie lächelte indirekt über die Familie d’Medici und seinen steifen Cosimo.
    Mit Siena könnte er nicht nur sein toskanisches Reich erweitern und großherzogsfähig machen, er bekäme verschiedene Landstriche dazu, vor allem die fruchtbare Maremma. Ein Streifen an der Küste, der als Kornkammer Sienas gilt. Schon die Etrusker haben das einstmals sumpfige und von Malariamücken verseuchte Gebiet trockengelegt. Der gierige Banker Cosimo war hinter nichts anderem als hinter dem Geld der Sieneser her. Jetzt war es soweit, er hatte einen, wenn auch fadenscheinigen Grund.
    Bald stellte sich heraus, besiegen konnte er die Stadt nicht, daher hungerte er sie aus durch eine Belagerung. Seine Truppen zogen einen engen nicht durchlässigen Ring um Siena. Den Stadtvätern und den Kriegern der „Tochter der Straße“ blieb nichts anderes übrig als alle nicht Kämpfenden aus den Stadtmauern herauszuschicken, um für die kämpfende Truppe genug Nahrung zu haben. Sie entschieden dies in der trügerischen Hoffnung die Soldaten Cosimos ließen sie in Frieden abziehen. Aber nichts dergleichen geschah. Wehrlose Frauen, Alte, Kranke und vor allem Kinder, die sich aus der Stadt zu retten versuchten, um draußen auf dem Land etwas zu essen zu finden, fielen den mordgierigen Cosimo Truppen in die Finger. Sie metzelten alles hinweg. Sie zerstückelten sie grausam. Alle Verbrechen die man sich niederträchtig, wie nur irgendmöglich vorstellen kann, begangen die Kämpfer Cosimos gegen die Hilflosen und Unbewaffneten. Abgehackte Hände und Arme, abgeschnittene Brüste von Frauen, vergewaltigte Kinder, ausgestochene Augen, wollt Ihr noch mehr hören?“
    „Messer Balzano, erzählt mir alles. Ich habe genug von den tönenden Jubelrufen von Lucrezia und ihren Pfaffen und Kardinälen der Medici.“
    „Ja, Ihr habt Recht, Cosimo hat sich seine Taten von Rom absegnen lassen. Für mich ist die Kirche deswegen an den Morden und Vergewaltigungen der Kinder beteiligt. Cosimo ist ein Monarch mit einer Kleinstmonarchie, dafür aber umso grausamer. Könnt Ihr es verstehen, dass ich keine Lust hatte, diesem Raubtier in einem

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