Der Schwur des Highlanders
hatte, gab es keinen Schutzschild, der erst niedergerissen werden musste, kein Blut auf seinen oder ihren Oberschenkeln. Isabel war anmutig zusammengezuckt und hatte ein wenig die Nase gekraust, aber jetzt wusste er, dass ihre kleine Zurschaustellung von Schmerz vorgetäuscht war. Sie hatte geschworen, Jungfrau zu sein, ihm aus Liebe ihre Unschuld zu schenken, ein Geschenk, das ihr Ehemann nicht verdienen würde. Sie hatte ihm in die Augen gesehen und ihn angelogen. Vor ihm war ein anderer da gewesen.
Unfähig zu entscheiden, was er angesichts dieser Entdeckung empfinden und was er davon halten sollte, schob Cormac das alles beiseite und lächelte Elspeth an. Sie war Jungfrau gewesen, und es würde all seiner Aufmerksamkeit und seiner Fähigkeiten bedürfen, sie beide über diesen misslichen Moment zu bringen, ohne Entsetzen, ohne Verwirrung und ohne verletzte Gefühle.
»Komm, Engel, es wird kühl.« Cormac reichte ihr die Kleider und begann seine eigenen überzuziehen.
»Ja, das stimmt«, murmelte sie, während sie sich anzog, wobei sie sich ganz und gar nicht auf die leicht schneidende Abendluft bezog.
Etwas hatte sich verändert, dachte sie bei sich und beobachtete Cormac sehr genau, während er sich ankleidete. Einen Augenblick lang war er gesättigt und zufrieden in ihren Armen gelegen, und an seiner Zufriedenheit war nicht zu zweifeln, dann hatte er sich von ihr zurückgezogen. Was sie nun zu sehen bekam, war kaum mehr als eine höfliche Maske. Er tat sein Bestes, damit sie sich anzogen und zum Lager zurückkehrten, ohne sich ernsthaft zu unterhalten, ohne Peinlichkeiten zu begehen oder wahre Gefühle zu zeigen.
Etwas in ihr wollte ihn anschreien. Sie war sich sicher, dass er in Körper und Seele mit ihr eins gewesen ist, als sie die schwindelerregenden Höhen ihrer Leidenschaft erklommen hatten. Dennoch ließ sie die Wand, die er nun aufbaute, an ihrem Verstand zweifeln. Sie fragte nicht nach gegenseitigen Versprechen oder Worten der Liebe, obwohl sie sich danach sehnte. Doch immerhin hätte er ihr etwas anderes als diese kühle Liebenswürdigkeit, mit der er sie jetzt behandelte, entgegenbringen können. Selbst ein paar leere Schmeicheleien wären annehmbarer gewesen. Sie fühlte eine unwiderrufliche Änderung in sich. Etwas Wunderbares war zwischen ihnen geschehen, aber die Tiefe der Gefühle, die er zeigte, hätte auch bedeuten können, dass sie sich einfach nur das Knie aufgeschürft hatte.
Es fiel ihr nicht leicht, aber sie verschloss ihre rebellierenden Gefühle in sich. Sie begab sich auf seine Ebene freundlicher Gelassenheit, die durchsetzt war mit lockerem Geplänkel, als sie ihre sauberen Kleider aufsammelte und ihm ins Lager folgte. Der schnellste Weg, ihn zu verlieren, war im Augenblick, ihn zu sehr zu bedrängen. Elspeth wusste, dass sie geduldig und verständnisvoll sein musste, dass sie sogar etwas von ihrem Stolz hinunterschlucken musste. Und sie wusste auch, dass das vermutlich eines der schwersten Dinge war, die sie jemals getan hatte.
Cormac runzelte die Stirn und warf einen Blick auf Elspeths von der Decke eingehüllte, schlanke Figur, als er das Feuer bedeckte. Sie hatte keine Forderungen gestellt, nicht geweint und ihn nicht gezwungen, über das, was zwischen ihnen geschehen ist, zu sprechen. Er sollte sich eigentlich darüber freuen, dass sie so gelassen, so unendlich vernünftig war, aber das tat er nicht. Sie hatte eben ihre Jungfräulichkeit hingegeben, an einem Bachufer und für einen Mann, der nicht von Liebe gesprochen und ihr nicht die Ehe angetragen hatte. Dennoch benahm sie sich, als ob sie daran gewöhnt sei, einen Geliebten zu haben. Er kam zu der Überzeugung, dass der Grund für seine Beunruhigung Verwirrung war. Sie war verwirrend.
Die Leidenschaft, die eben zwischen ihnen geherrscht hatte, beunruhigte ihn ebenfalls. Es war die beste, die süßeste, die heftigste Leidenschaft, die er je erlebt hatte. Besser als alles, was er mit Isabel genossen hatte. Dies erschreckte ihn nicht nur, es beängstigte ihn geradezu. Und es kam noch schlimmer: Er war nicht von seinem Verlangen nach Elspeth geheilt. Anstatt vor wenigen Stunden völlig gesättigt worden zu sein, sehnte er sich danach, sie erneut zu lieben.
Außerdem setzten ihm Schuldgefühle zu. Schuldgefühle, weil er Isabel betrogen hatte, weil er das Liebesspiel mit Elspeth so sehr genoss und weil er es immer und immer wieder erleben wollte. Und Schuldgefühle, weil er Elspeth die Jungfräulichkeit geraubt hatte,
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