Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
kämpfe, wird er mich und Isobel weiterhin kontrollieren. Tue ich nichts, dann wird wenigstens sie frei sein.«
»Und was wird sie dann von ihrer Freiheit haben?«, wollte Mistress Rowley wissen. »Zeit genug, um für den Rest ihres Lebens jeden Tag um Euch zu trauern?« Ungläubig schüttelte sie erneut den Kopf. »Diese Frau liebt Euch von ganzem Herzen. Wisst Ihr eigentlich, was für ein kostbares Geschenk das ist?«
Wolf ließ ihre Worte nicht an sich abprallen. Dafür wusste er viel zu gut, dass Isobels Liebe tatsächlich ein äußerst kostbares Geschenk war. Seiner Freude folgte ein Gefühl von Leere, das ihn zu verschlingen drohte. Er biss die Zähne zusammen, um gegen den Schmerz anzukämpfen. Er hätte nicht auf einen einzigen Moment an ihrer Seite verzichten wollen, auch nicht auf ihr Lächeln oder ein einziges ihrer Worte, selbst wenn er damit diesen Schmerz hätte lindern können. Er liebte sie. Er liebte sie so sehr, dass ihre Sicherheit und ihr Frieden ihm wichtiger waren als alles andere.
Er atmete seufzend aus. »Ich kann und werde mich nicht von meinem Schicksal abwenden.« Er drehte sich weg und durchquerte den Saal, als plötzlich die Tür aufgestoßen wurde. Fanfarenklänge ertönten, und einen Moment später betrat sein Vater den Saal.
»Und was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?«, fragte König Robert II., dem zwei Wachen folgten. Der bis gerade eben noch fast leere Raum war nur Augenblicke später nahezu überlaufen. Die Leute kamen durch die Tür hinter dem König, durch die Zugänge aus den Gängen, die Treppe herunter, bis es so schien, dass die Wände von allen Bewohnern der Burg gesäumt waren. Von allen, nur nicht von Isobel.
Wolf versuchte den stechenden Schmerz zu überspielen, der ihm durch sein Herz fuhr. Keine Misshandlung durch seinen Vater, keine von Granges Foltermethoden konnte so schlimm sein wie die Tatsache, dass er Isobel nicht noch ein letztes Mal sehen durfte. So schmerzhaft es auch war, konnte er es ihr nicht verdenken.
Der König kam näher, und sofort verbeugten sich seine Untertanen und schauten zu Boden, als er an ihnen vorbeiging. Nur nicht Wolf. Sein Rückgrat kam ihm wie erstarrt vor. Wenn sein Vater von ihm erwartete, dass er sich vor ihm verbeugte, würde er ihn schon in die richtige Haltung prügeln müssen.
»Du hast beim Kampf gegen Grange meine Autorität herausgefordert.« Der König machte eine finstere Miene, seine Wangen waren vor Wut gerötet.
»Aye.« Wolfs Körper fühlte sich taub an, als könne nichts von dem noch wehtun, was dieser Mann ihm sagte.
»Ich hätte dich für ein solches Vergehen hängen lassen können.«
»Das habe ich auch erwartet.«
»Du hast mir nicht viele Wahlmöglichkeiten gelassen, Sohn.« Der König musterte sein Gesicht. Wonach suchte er? Bedauern? Reue?
»Ich weiß.« Wolfs Augen nahmen einen eiskalten Ausdruck an.
Sein Vater zuckte bei diesem Anblick leicht zusammen. »Du lässt mir keine andere Wahl, als dich wegen Verrats festnehmen zu lassen.«
Wolf nickte. »Und ich werde das bereitwillig geschehen lassen, wenn du diese beiden Erlasse unterzeichnest.« Dabei deutete er auf die Tafel nahe dem Kaminfeuer. »Mit dem einen überträgst du das Eigentum an Granges Burg sowie dessen Titel auf Brahan, um ihn für seine Verdienste um Schottland zu belohnen. Mit dem anderen überträgst du mit meinem Tod mein Land zu gleichen Teilen auf Walter und Isobel.«
»Warum sollte ich irgendetwas davon unterzeichnen?«, wunderte sich der König.
»Weil ich dir das Leben rettete, als ich mich weigerte zu kämpfen«, machte Wolf ihm mit einem flüchtigen Lächeln klar. »Mein Verrat war für dich von großem Nutzen. Wären wir wie von dir geplant in den Kampf gezogen, dann wärest du jetzt tot. Grange hatte einen Hinterhalt vorbereitet. Indem ich mich geweigert habe, rettete ich dein Leben und wahrte deinen Ruf.«
Der König wurde bleich. »Das kannst du nicht beweisen.«
Wolf gab einem von Granges ehemaligen Lieutenants ein Zeichen, damit der Mann vortrat. Beim König angelangt, verbeugte er sich tief.
»Angus, sagt dem König, was Ihr mir gesagt habt.«
»Es stimmt, Euer Gnaden. Grange hätte Euch töten lassen. Wir waren alle dort und hielten uns versteckt, um Euch in diesem Tal in eine Falle zu locken. Es wäre ein Massaker geworden. Als Wolf mit seinen Leuten den Rückzug antrat, habt Ihr ebenfalls kehrtgemacht. Wir griffen Euch nur deshalb nicht an, weil Ihr das taktisch vorteilhaftere Gelände nicht verlassen
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