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Der Seitensprung

Titel: Der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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in letzter Zeit deine E-Mails abgerufen?«
    »Wieso?"
    »Tja, es ist ganz unglaublich. Die Väter von Jakob und Simon haben beide Liebesbriefe von Linda aus dem Kindergarten erhalten.«
    Sogar an seinem Rücken war seine Reaktion abzulesen. Einige Sekunden zu lang, bevor er den Kopf in ihre Richtung drehte und sie anschaute. Nur kurz, sein Blick traf kurz auf ihre Augen und ging dann zurück zum Bildschirm. Vielleicht hatte er sich angesteckt.
    »Aha. Und was stand drin?«
    Ein guter Lügner war er nie gewesen. Hörte er nicht selbst, wie er klang? Wie seine angestrengte Gleichgültigkeit ihre ganze Intelligenz verhöhnte?
    »Ich weiß nicht. Sie wollten, dass du nachguckst, ob du auch etwas bekommen hast.«
    Sie stellte sich neben ihn und zwang ihn auf diese Weise, die Absender seiner letzten E-Mails zu offenbaren.
    Er fing sich schnell wieder.
    »Ich habe gerade nachgesehen. Da war nichts.«
    »Schau nochmal nach.«
    »Warum denn?«
    »Falls jetzt etwas gekommen ist.«
    »Aber ich war vor fünf Minuten im Netz und habe nachgeguckt.«
    Er war jetzt verärgert. Verärgert und verängstigt.
    Ein wahrer Genuss.
    »Aber vor fünf Minuten habe ich doch telefoniert. Da kannst du nicht nachgesehen haben.«
    Er seufzte tief. Signalisierte mit seiner ganzen Körperhaltung, wie nervtötend er sie fand.
    »Vielleicht ist es acht Minuten her. Ich habe die Zeit leider nicht gestoppt.«
    »Warum willst du nicht nachschauen?«
    »Aber ich sage doch, dass ich nachgesehen habe, Himmel Herrgott!«
    Er klang bedauernswert. So verängstigt und so leicht aus der Fassung zu bringen. Stell dir vor, wie viel besser es dir ginge, wenn du dich zusammenreißen und die Wahrheit sagen würdest, du feiges kleines Arschloch.
    »Gib mir das Telefon.«
    »Wo willst du anrufen?«
    »Bei Annika.«
    Er reichte ihr das schnurlose Telefon, und sie warf einen Blick auf die Telefonliste an der Pinnwand.
    »Hallo, hier ist Eva.«
    »Und, wie war es?«
    »Nein, er hat nichts bekommen, sagt er.«
    Am anderen Ende wurde es still.
    Henrik saß da wie gelähmt und glotzte die sich ringelnde Schlange an.
    Sie selbst dachte über ihren nächsten Zug nach. Dann schmunzelte sie in sich hinein, betrachtete seinen Nacken und fing an zu sprechen. Ließ jede Silbe eindringen wie ein Geschoss.
    »Ich finde trotzdem, dass wir von Linda eine Erklärung verlangen sollten. Es fällt mir schwer zu glauben, dass sie die E-Mails mit Absicht verschickt hat, aber das Gerücht wird sich schließlich verbreiten wie ein Lauffeuer. Ich finde, wir sollten eine Telefonkette starten und für Sonntagabend ein Treffen im Kindergarten anberaumen. Wenn du möchtest, kümmere ich mich darum.«
    Sie hörte Jakobs Mutter am anderen Ende seufzen.
    »Bei dem Treffen möchte ich nicht in ihrer Haut stecken.«
    Dann solltest du es vielleicht mal bei anderen Gelegenheiten tun.
    »Nein, ich auch nicht. Wirklich nicht. Aber was sollen wir sonst machen? Auf diese Weise bekommt sie wenigstens die Chance, sich zu erklären.«
    Henrik saß immer noch da wie gelähmt, als sie das Gespräch beendete.
    Sein Nacken hatte rote Flecken von all den Treffern.
    An diesem Abend schlief sie sofort ein. Die Müdigkeit forderte ihr Recht, aber sie fühlte sich auch wieder sicher. Alles unter Kontrolle. Nichts konnte ihr etwas anhaben. Es war schon alles zerstört.
    Plan A war trotz aller Bemühungen in den vergangenen Jahren schief gegangen. Nun galt Plan B. Sie brauchte nur ein wenig umzudenken. Ob es ihm gelang, sie zu zerbrechen oder nicht, lag an ihr, sie hatte die Wahl. Diese Genugtuung würde sie ihm niemals verschaffen. Stattdessen würde er dafür bezahlen, dass er sie im Stich gelassen hatte, finanziell und emotional. Sie würde ihn zerbrechen, und er würde erst begreifen, was vor sich ging, wenn alles zu spät wäre. Und dann würde er dumm dastehen.
    Allein.
    Sie wachte auf, weil das Telefon klingelte. Automatisch suchten ihre Augen den Radiowecker. Wer, zum Teufel, rief um 6:07 an einem Samstagmorgen an? Konnte sie sich nicht einmal vernünftig benehmen? Sie streckte ihre Hand nach dem schnurlosen Telefon aus und antwortete vor dem zweiten Klingeln.
    »Hallo.«
    Henrik wälzte sich auf die andere Seite und schlief weiter.
    Jemand atmete in ihr Ohr.
    »Hallo?«
    Keine Antwort.
    Sie stieß die Bettdecke von sich, stand auf und verließ das Schlafzimmer. Im Arbeitszimmer schloss sie hinter sich die Tür.
    »Was willst du? Es wäre doch praktisch, es auch zu sagen, nachdem du uns sowieso geweckt hast.«
    Es

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