Der Seitensprung
verbrannte, denn die Form hatte kaum Zeit zum Abkühlen gehabt.
Tatkräftig und schweigend deckte er den Tisch ab, hielt das Geschirr unter fließendes Wasser und räumte es in die Spülmaschine.
Das Familienessen war vorbei.
Sieben Minuten hatte es gedauert.
»Axel, Disneytime fängt gleich an. Komm her, dann schalte ich den Fernseher ein.«
Axel rutschte von seinem Stuhl, und die beiden verschwanden im Wohnzimmer.
Sie blieb mit ihrem Weinglas sitzen, beim Abräumen hatte er versäumt, es ihr zu entreißen. Die Weinflasche war mehr als halb voll, er hatte kaum probiert.
Es war halb zwölf, als das Telefon zum ersten Mal klingelte. Axel war bereits gegen acht vor dem Fernseher eingeschlafen, und Eva hatte ihn ins Ehebett getragen. Den Rest des Abends hatte sie allein auf dem Sofa verbracht, hatte dagesessen und die bewegten Bilder auf der Mattscheibe angestarrt. Als das Klingeln hereinbrach, hatte Henrik seine Verschanzung im Arbeitszimmer vorübergehend verlassen und befand sich auf der Toilette. Sie war zuerst am Hörer.
»Eva.«
Kein Laut war zu hören.
»Hallo?«
Am anderen Ende legte jemand auf.
Sie blieb mit dem Hörer am Ohr stehen und spürte ihren Zorn wachsen. Diese verfluchte Schlampe! Nicht einmal an einem Freitagabend, wenn er mit seiner Familie zu Hause war, konnte sie ihn in Ruhe lassen.
Sie hörte ihn gleichzeitig die Klospülung ziehen und die Toilettentür öffnen. Im nächsten Augenblick schaute er zu ihr herein.
»Wer war das?«
Sie legte auf und tat ihr Bestes, um unberührt zu wirken, blätterte ein wenig in einer Reklame vom Grünen Konsum, die auf der Küchenbank lag.
»Weiß ich nicht, hat aufgelegt.«
Ein sorgenvoller Schatten flog über sein Gesicht.
Und dann verschwand er wieder im Arbeitszimmer. Er hatte kaum die Tür hinter sich geschlossen, als die Stille von einem neuen Klingeln durchschnitten wurde.
Sie war auch diesmal schneller.
»Ja?«
Wieder das Klicken. Und ein neues Klingeln, sobald der Hörer auf der Gabel lag. Diesmal sagte sie nichts, stand nur stumm da und hörte jemanden atmen.
Und dann kamen da plötzlich Worte.
»Hallo?«
»Ja, hier ist Eva.«
»Hallo, hier ist Annika Ekberg.«
Jakobs Mutter.
»Also die Mutter von Jakob aus dem Kindergarten. Tut mir Leid, dass ich so spät noch anrufe, ihr habt euch doch noch nicht hingelegt?«
»Nein, kein Problem.«
»Ich musste mich einfach mit euch kurzschließen. Es ist total verrückt. Åsa, du weißt, die Mutter von Simon, hat eben angerufen und erzählt, dass Lasse eine merkwürdige E-Mail von Linda Persson aus dem Kindergarten bekommen hat.«
»Eine merkwürdige E-Mail?«
»Das kann man wohl sagen. Eine Liebeserklärung.«
»Was?«
»Ja.«
»An den Vater von Simon?«
»Ja, und damit nicht genug. Wir haben auch eine bekommen.«
»Eine Liebeserklärung?«
»Genau dieselbe wie sie, Wort für Wort. Ich vermute, sie ist für Kjelle und nicht für mich, aber das war nicht zu erkennen. Kjelle hat eine Scheißwut. Die Mail klingt, als hätten sie eine Affäre miteinander.«
»Aber das ist doch verrückt.«
»Ja. Ich weiß nicht, was wir tun sollen.«
»Könnte es nicht ein Irrtum sein?«
»Ich weiß nicht. Die Mail ist von ihrer Adresse bei der Arbeit abgeschickt worden. Möglicherweise sollte sie an jemand anderes gehen, aber das kommt mir ein bisschen zu dämlich vor. Wenn sich jemand einen Scherz erlaubt hat, finde ich ihn jedenfalls nicht sehr witzig.«
Na ja.
»Nein, wirklich nicht.«
»Ich wollte mich nur erkundigen, ob Henrik auch eine bekommen hat.«
Plötzlich war sie putzmunter.
»Warte, ich sehe mal nach. Ich lege kurz auf, damit ich ins Netz komme, und rufe gleich zurück.«
»Okay.«
Sie legte den Hörer auf. Das hier wollte sie in aller Ruhe tun, ohne Jakobs Mutter in der Leitung. Ein kleines Lächeln breitete sich dort in ihrem Inneren aus, als sie zur Tür ging und, ohne anzuklopfen, eintrat. Der Stein war ins Rollen gekommen. Wo er liegen bleiben sollte, wusste sie nicht, aus irgendeinem Grund war ihr das vollkommen gleichgültig. Es war sowieso alles zerstört. Zurückschlagen war ihr Ziel. Bestrafen.
Er saß mit den Händen im Schoß am Schreibtisch und starrte vor sich hin. Der Computer war in die Ruhestellung heruntergefahren, und über den Bildschirm ringelte sich eine Schlange aus farbenfrohen Kreisen. Er drehte leicht den Kopf, als er sie kommen hörte. Aber er sah sie nicht an.
»Wer war das?«
»Annika Ekberg. Die Mutter von Jakob aus dem Kindergarten. Hast du
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