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Der Seitensprung

Titel: Der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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Hüfte strich und sich weiter bis zur Leiste vortastete. Wieder die Lust.
    Er musste sie finden.
    Das Schloss wurde herumgedreht und zeigte auf grün. Er hörte auf zu atmen, schloss kurz die Augen. Eine Frau um die fünfzig kam heraus, und er senkte den Blick. Wo war sie? Warum kam sie nicht? Noch einmal kontrollierte er den Display seines Handys. Kein verpasster Anruf. Vielleicht hätte er die Wohnung nicht verlassen sollen? Er begann es jetzt zu bereuen, fühlte, wie der Zwang ihn umzingelte, zupackte, bereit, ihn anzugreifen, sobald sein Schild den geringsten Sprung bekam. Er betrachtete die Türklinke, die er soeben berührt hatte. Verflucht nochmal. Er berührte sie noch einmal, um sie zu neutralisieren, aber es nützte nichts.
    Luleå – Hudiksvall 612, Lund – Karlskrona 190.
    Verfluchte riesige Scheiße. Wo war sie?
    Er schaute zur Theke. Wie viele Schritte mochten es sein? Er brauchte ein Bier oder etwas anderes, um den Zwang zurückzudrängen. Es gab keine freien Barhocker und auch so gut wie keinen Platz, aber ein bisschen weiter weg saß ein angetrunkener Mann im fortgeschrittenen Alter und versuchte, den Barmann zu überreden, ihm noch mehr zu trinken zu servieren. Er stand wütend auf, als ihm das verweigert wurde. Der Metallhocker fiel um, und das Gepolter ließ alle Gespräche verstummen. Die Musik gewann die Oberhand.
    Alle guckten herüber.
    Der Barkeeper griff nach dem leeren Bierglas des Mannes.
    »Für heute haben Sie genug getrunken. Hier gibt es nichts mehr.«
    »Du verfluchtes kleines Arschloch, gib mir noch ein Bier, sage ich.«
    »Ich bitte Sie, jetzt zu gehen.«
    Der Barmann ging davon und stellte das Glas in ein Abwaschgestell.
    »Verfluchter Mist, was für eine beschissene Kneipe!«
    Der Mann sah sich um und suchte Beifall in einem der Blicke, die auf ihn gerichtet waren. Alle Augen schwenkten schnell in eine andere Richtung, auf verächtliche Weise nachsichtig. Er existierte nicht. Nur Jonas sah nicht weg, er spürte den Hass auf den Mann, der dort in all seiner Jämmerlichkeit stand und sich erniedrigte. Sah für einen kurzen Moment einen anderen Mann an einer anderen Theke.
    Wie auf ein stummes Kommando wurden alle Gespräche wieder aufgenommen. Das Gemurmel schwoll an, und das anonyme Gerede kehrte zurück. Der Mann zögerte einige Sekunden, hielt sich beim Versuch, nüchterner zu wirken, am Tresen fest. Und schließlich verschwand er, so würdevoll er konnte, wankend in Richtung Tür und in der Dunkelheit.
    Der Barhocker lag noch immer am Boden. Jonas stellte ihn wieder auf. Durch die Erinnerung, die der Mann geweckt hatte, war der Zwang aus irgendeinem wundersamen Grund gestoppt worden. Er war nicht wie der.
    Er setzte sich auf den Stuhl. Der Barkeeper wischte den Tresen vor ihm ab und warf ihm einen kurzen Blick zu.
    »Verfluchtes Pack. Hallo.«
    Es war dieselbe Bedienung wie am Abend zuvor. Derselbe Barmann, der ihn und Linda bedient hatte. Eine kleine Möglichkeit eröffnete sich.
    »Ein Bier. Ein starkes.«
    »Lager?«
    »Was auch immer.«
    »Dann kriegen Sie ein irisches.«
    »Okay.«
    Der Mann reckte sich nach einem Glas in dem Gestell über ihren Köpfen und verschwand dann hinterm Tresen, um mit einer Flasche wieder aufzutauchen. Er füllte das Glas zur Hälfte und stellte es vor ihn hin.
    » Zweiundvierzig. «
    Jonas zog seine Brieftasche heraus und legte einen Fünfziger auf den Tresen. Der Barkeeper ging zu einigen anderen Gästen, und Jonas nahm schnell ein paar Schlucke, bevor er das Glas mit dem restlichen Inhalt der Flasche füllte. Der Schaum quoll über den Rand und bildete eine kleine Pfütze. Er tauchte seinen Zeigefinger in die Flüssigkeit und schrieb ein L auf die kürzlich abgewischte Theke.
    Er musste fragen. Das war seine einzige Möglichkeit. Vorher wollte er nur noch ein bisschen trinken, einen leichten Rausch spüren, damit der Zwang ihm nichts anhaben konnte, falls es schief ging.
    Eine halbe Stunde später ergriff er die Gelegenheit. Der Barkeeper blieb direkt vor ihm stehen, um ein paar frische Gläser aufzuhängen. Er war bei seinem dritten Bier und wild entschlossen.
    »Entschuldigung. Ich dachte, Sie könnten mir bei einer Sache behilflich sein.«
    »Klar.«
    Glas für Glas wurde vom Kasten in den Hängeständer über ihren Köpfen transportiert.
    »Ich habe hier nämlich gestern eine Frau kennen gelernt. Erinnern Sie sich an mich?«
    »Ja, ich weiß. Sie saßen dort drüben.«
    Er deutete mit dem Kinn zum kurzen Ende.
    Jonas nickte.
    »Also

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