Der Selbstversorger (Einzeltitel) (German Edition)
nähte unsere Kleidung, stopfte die Socken und richtete unser Haus wohnlich ein. Es schien mir, als ob sie die meiste Zeit damit verbrachte, Windeln und Kleidung zu waschen. Waschmaschine, Trockner und dergleichen gab es nicht. Auch keinen Staubsauger, Kühlschrank oder was auch immer heutzutage für einen Haushalt selbstverständlich ist. Sie versuchte sich auch im Bierbrauen, so wie sie es bei den Bäuerinnen in Ladakh gesehen hatte, wo das Brauen zu den hausfraulichen Aufgaben gehörte. Leider schlug der Versuch immer wieder fehl, denn es war unmöglich, den Gärbottich über Nacht gleichmäßig warm zu halten. Die Fenster waren zugig und es wurde sehr kalt. Das Wasserrohr, das von der Zisterne ins Haus führte, fror einige Male zu. Wir wärmten es mit Kerzen auf, und das Wasser floss wieder – Gott sei Dank ohne Rohrbruch!
Schleimbeutelentzündung
Bei Kerzenschein mahlte ich jeden Abend das Getreide für das Brot des nächsten Tages. Das dauerte immer einige Stunden, denn eine richtige Handgetreidemühle konnten wir uns nicht leisten, geschweige denn eine elektrische. Also benutzen wir die Kaffeemühle. Ich kurbelte und kurbelte, wie die tibetanischen Buddhisten ihre Gebetsmühlen. Das Mahlen hatte etwas Meditatives an sich. Und nachdem ich fertig war, fielen wir erschöpft ins Strohlager.
Das endlose Holzsägen und Werkeln im feucht-kalten Wetter machte sich in den Ellenbogen bemerkbar. Schließlich konnte ich sie kaum mehr bewegen, und die Arme, insbesondere die Finger, schwollen an. Als wir in diesen Tagen ins Tal gingen, um beim Bauern etwas frische Milch für den Kleinen zu holen, kommentierte die Bäuerin, ja, das kenne sie; das habe ihr Mann auch gehabt und er sei deswegen sogar zweimal operiert worden. Das sei eine Schleimbeutelentzündung. Nun hatte ich wenigstens einen Namen für die Beschwerden.
Heilkräuter – unsere Rettung
Ja, was macht man da? Einen Arzt und Medikamente konnten wir uns nicht leisten. Krankenversichert waren wir sowieso nicht. Was man da macht, ist nach heutigen Begriffen recht altmodisch: Man betet, hofft auf die richtige Intuition und auf das Selbstheilungsvermögen des Körpers. Es war zu spät im Jahr, um entzündungshemmende Kräuter zu sammeln. Aber wir hatten noch einen großen Beutel getrockneten Ackerschachtelhalm. So kochten wir das Kraut in Wasser auf und wickelten die Ellenbogen in heiße Kräuterpackungen – eine recht unorthodoxe Behandlungsweise, aber nach einer Woche war das Leiden vorüber.
Auf ähnliche Weise haben wir über die nächsten Jahre unsere Krankheiten und Verletzungen – Lungenentzündung, Nierenentzündung, Ohren-, Halsschmerzen, Knochenbrüche, Fieber – geheilt. Wir entwickelten ein tiefes Vertrauen in die Kräfte der Heilkräuter. Auch bei schweren Erkrankungen haben sie uns nie im Stich gelassen. Schließlich sind Heilpflanzen die älteste Medizin der Menschheit, und die Erfahrungen, wie man sie anwendet, reichen Jahrtausende zurück – was man von den synthetischen Produkten der Pharmaindustrie nicht sagen kann.
„Nur wenn man mit der Natur zusammenarbeitet, schenkt sie einem reiche Ernte.“
Unsere wichtigsten Heilkräuter – eine Auswahl
Jedes Jahr sammeln wir die notwendigsten Heilkräuter. Die besten sind jene, die wild wachsen – da, wo die Natur sie hingepflanzt hat. Einige jedoch, die nicht in unserer Gegend beheimatet sind, haben wir in den Garten gepflanzt. Das Wissen um diese Heilpflanzen ist ein wichtiger Teil der Kunst des Überlebens. Für uns haben sie Arzt und Apotheker ersetzt.
Ackerschachtelhalm
Der Ackerschachtelhalm, ein lebendes Fossil aus dem Devon vor 400 Millionen Jahren, ist eines der stärksten Heilkräuter. Wenn man einen Aufguss aus ihm bereitet, spült er die Nieren. Wenn man dagegen eine Abkochung (Kraut in Wasser 20 Minuten köcheln lassen) macht, dann löst sich die biologisch verwertbare Kieselsäure und diese, mehrmals am Tag getrunken, hilft wiederum beim Aufbau von Knochen, Haut, Haaren, Nägeln, Bindegewebe und Gelenkschmiere. Es ist klinisch bewiesen, dass Ackerschachtelhalmsud Knochenbrüche schneller heilen lässt. Das habe ich selbst des Öfteren erfahren: zum Beispiel als mich mein Pferd abgeworfen und ich mir Elle und Speiche des linken Arms gebrochen hatte. Anstatt zum Arzt zu gehen, den Bruch eingipsen zu lassen und Schmerztabletten zu nehmen, packte ich den Arm in frisch geraspelte Beinwellwurzel und – damit er durch versehentliches Anstoßen nicht wieder brach – schiente ihn
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