Der Selbstversorger (Einzeltitel) (German Edition)
Energie, derer es bedarf, um die Lebensmittel industriell zu erzeugen und dann mit Trucks kreuz und quer durchs Land zu fahren, wird immer teurer. Es ist den Menschen nicht entgangen, dass Obst und Gemüse vom Supermarkt zwar schön aussehen, prall und farbig, aber wenig Nährstoffe enthalten, dafür mehr Pestizidrückstände. Die Bürger versuchen, die Kontrolle über ihr eigenes Leben zurückzugewinnen.
Ein solcher Vorreiter des vorstädtischen mini farming ist Brett L. Markham; auf einer Fläche von 1000 Quadratmetern hat er neben seinem Beruf als Ingenieur mit einer Investition von 200 Dollar einen Garten angelegt, der seine Familie bis zu 85 Prozent nahrungsautark macht und zugleich durch den Verkauf von überschüssigem Gemüse noch eine Einnahmequelle (7000 Dollar im Jahr) erschlossen hat.
Nicht zu unterschätzen ist ebenfalls die an der Basis – im Schatten der etablierten Medizinindustrie – entstehende Gesundheitsbewegung, die auf altüberlieferte Heilmethoden und Heilkräuter zurückgreift. Zwar ist der Handel mit Heilpflanzen beziehungsweise die öffentliche Angabe von deren Indikation und Dosierung in den USA nicht legal, aber unter der Bezeichnung Nahrungsergänzungsmittel sind sie erlaubt. Das Wissen wird – wie ich es auf meiner Filmreise bei der Produktion von „Manitus grüne Krieger“ erfahren konnte – in Workshops und sogenannten gatherings (Zusammenkünften) von kompetenten Wissenden weitergegeben.
Unauffällig und ohne große Medienaufmerksamkeit entwickelt sich ein Netzwerk des Überlebens. Der inspirierte Dichter und Seher Friedrich Hölderlin hat es schon vor 200 Jahren in dem Gedicht „Patmos“ treffend gesagt: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch!“
Den Löwenzahn, eines unserer vitalsten Wildkräuter, liebe ich seit meiner Kindheit. Er kräftigt, als frischer Salat genossen, im Frühjahr unseren vom langen Winter erschöpften Körper.
Warum ich dieses Buch schrieb
Was auch immer kommen mag, ich bleibe zuversichtlich. Ich bleibe am Boden, bleibe der Erde treu und in meiner Mitte. Schon öfter habe ich in meinem Leben Umbrüche erlebt und etwas über Überlebensstrategien erfahren. Als ich drei, vier Jahre alt war, ging der schreckliche Zweite Weltkrieg zu Ende. Hunger und Kälte suchten das Land heim. Im Winter hingen, da es keine Kohle zum Heizen gab, Eiszapfen an der hohen Decke in der Küche, wo wir uns aufhielten. Es ist nicht einfach für ein Kind, am Abend hungrig ins Bett zu gehen. Manchmal schwebte mir im Traum eine „Bemme“ (Scheibe Brot) vor den Augen, und als dann die Zähne beim Zubeißen aufeinanderschlugen, wachte ich weinend auf. Wie viele andere gingen wir „hamstern“, tauschten bei den Bauern auf dem Land Silberlöffel oder Meißner Porzellan gegen ein paar Kartoffeln, Rüben oder was auch immer den Hunger stillen konnte.
Es waren amerikanische Truppen, die Westsachsen zuerst besetzten. Die Familienvilla wurde für amerikanische Offiziere „requiriert“, wir mussten in eine der Fabrikhallen umziehen. In diesen Tagen, unmittelbar nach dem Ende der Kampfhandlungen, war noch die Non-fraternization- Order in Kraft, ein „Verbrüderungsverbot“, welches die Annäherung an die Bevölkerung zu unterbinden versuchte. Als Kind kriegt man da einiges mit. Ein Nachbar erzählte ganz empört, dass die Amis altes Weißbrot und andere nicht mehr ganz frische Nahrungsmittel einfach auf einen Haufen warfen, mit Sprit übergossen und anzündeten. Es dauerte jedoch nicht lange, da wurde der Non-fraternization- Befehl von den einfachen GIs zunehmend unterlaufen. So etwa von James, einem freundlichen GI aus Chicago, der ein Auge auf meine Tante Anneliese geworfen hatte; immer wieder brachte er uns etwas zu essen mit. Bald konnten wir auch wieder in unser Haus zurückkehren.
Im Sommer zogen die Amerikaner ab. Niemand hatte das erwartet. An ihrer Stelle kamen die Russen. Die Westmächte hatten Thüringen und Westsachsen gegen einen Teil Berlins eingetauscht. Die einfachen russischen Soldaten hatten selbst wenig zu essen. Obwohl es ihnen verboten war, kletterten sie immer wieder über die Zäune oder gingen in die Häuser, wo sie „mausten“, was sie finden konnten: Hühner, Gänse, Obst, Kohle.
Verschiedene Kohlarten – Kohlrabi, Weißkraut, Grünkohl –, ebenso wie Lauch und Sellerie, gehören, schon seit ich denken kann, zu meiner Überlebensnahrung – das hat sich bis heute nicht geändert.
Überleben in schlechten Zeiten
Einmal gelang es dem
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