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Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Titel: Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Heinz Wesemann
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Und über allen Geräuschen lag ein kontinuierliches Stöhnen. Leise, aber dennoch gut zu vernehmen.
„Hört Ihr es, Signore?“
Der ungläubige Blick des Mannes mit der Laterne war eigentlich schon Antwort genug, aber es kam dennoch über seine Lippen.
„Si. Ein Kratzen und Stöhnen.“
„Wie ich es sagte ‚aus der Erde‘ nicht wahr?“
„In der Tat. Leise, aber dennoch deutlich zu vernehmen. Und dies sind nicht irgendwelche Tiere?“
Hagens Gesicht sah schon fast gelangweilt aus. Als wenn er immer weiter Argumente nennen sollte für jemanden, der schon längst überzeugt ist. Und genau so schien es hier ja auch zu sein.
„Wie man es nimmt. Menschen sind es nicht mehr. Sie gebärden sich eher wie Tiere. Reden nicht. Beißen um sich. Sind nicht zu zähmen. Sie scheinen mehr Tier, denn Mensch zu sein.
Aber warum seht ihr nicht nach und staunt selbst?“
Der zweite, große Mann nickte diese Idee ab und machte sich daran an einem der Grabsteine prüfend zu rütteln.
„Wartet einen Augenblick, ich hole eine Schaufel für die Herren.“, sprach der Schmied auffallend freundlich und entschwand kurz, nur um mit Schaufeln und einer Hacke in den Armen zurückzukehren.
Als Hagen den entsetzen Blick in dem kleineren der zwei Männer entdeckte, sprach er zu ihm:
    „Nur zu. Man muss diese Kreaturen erlösen. Selbst dann, wenn man ihre Ruhe stören muss.
Wenn sie sich in ihren Stätten bewegen, ist es keine Sünde mehr.
Wenn ihr aber grabt, so seid bereit der Fratze des Teufels ins Antlitz zu blicken!
Die Entscheidung ist die Eure.“
    Ellie stand neben dem großen Mann, als er die Schaufel in den Boden stach. Die Erde knirschte leise und das Geräusch überdeckte das Kratzen aus ihrem Inneren. Elviras Blick fiel auf den Grabstein, der von der Laterne angeleuchtet wurde. Eine Eleonore lag unter ihm. Gestorben 1347 – War das also das Jahr, in dem sie sich befand? 1316 geboren; inmitten der großen Hungersnot. Ein Wunder, dass sie überhaupt über 30 Jahre alt wurde. Ellie schüttelte es bei dem Gedanken an die überlieferten Fälle von Kannibalismus aus dieser Zeit, aber ihre Aufmerksamkeit verlagerte sich augenblicklich wieder, denn die Schaufel des großen Mannes trug Erde ab. Immer mehr.
Völlig in Gedanken arbeiteten beide Männer daran, Eleonores Grab zu öffnen.
„Auch eine Ellie“ – dachte sie noch und ging um die Arbeiter herum.
Die Männer hielten inne und starrten in das Werk ihrer Arbeit. Sie murmelten etwas und gruben dann weiter.
Vorsichtiger und konzentrierter als zuvor.
Ellies Augen weiteten sich, als sie das Grab neben dem ihrer Namensbase sah.
Denn auf diesem bewegte sich die Erde. Als würde jeden Moment ein Maulwurf durch die Krume brechen, warf sich die Erde auf.
Elvira rief und rief, aber kein Laut kam über ihre Lippen. Zum Zuschauen verdammt und nicht in der Lage aufzuwachen, starrte sie auf das Grab während nur einen Meter daneben gegraben wurde.
Sie sah Finger, die sich durch den aufgeworfenen Hügel gruben.
Mehr Knochen als Finger, weil das Graben durch das Erdreich fast gänzlich das Fleisch von ihnen gerissen hatte.
Aber dennoch schoben sie die Erde beiseite und quetschten sich mehr und mehr an die Morgenluft.
Eine zweite Hand erschien und kurz darauf ein sehniger Arm, dessen Haut in Fetzen am Fleisch klebte.
Ellie sah den Ellenknochen im fahlen Licht schimmern und erkannte Haare, die sich durch das größer werdende Loch zeigten.
Der Kopf, zu dem sie gehörten, folgte nur kurze Zeit später und die Übelkeit die sich im Bauch der Archäologin breit machte, lag nur zum Teil am Anblick des verwesenden Gesichtes. Sie kannte die unterschiedlichsten Stadien des Verfalls menschlicher Körper.
Ledrige, mumifizierte Gesichter, die ihre Zähne entblößten weil sich die Lippen zurückzogen. Moorleichen, die über 1000 Jahre alt waren und dennoch ihre Geheimnisse preisgaben.
Sie kannte völlig skelettierte Körper und auch solche, die Unfällen zum Opfer gefallen waren, aus ihrer Zeit vor dem Studium, als sie im Sanitätsdienst gearbeitet hatte.
Schlimme Verletzungen und Wunden, die selbst alte Hasen zum Kotzen brachten. Aber kein Anblick war wie dieser.
Als sich der Kopf aus dem Loch schob und der Blick des Wesens den Ihren traf, drehte sich ihr langsam der Magen um.
Wieder diese weißen, toten und dennoch gierigen Augen. Milchig und trüb, und vor allem: noch vorhanden.
Der Zustand des restlichen Körpers ließ eher vermuten dass der Tote schon länger als nur ein paar Wochen oder Monate

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