Der Sichelmoerder von Zons
oben herab. „Ihr junger Kollege hat uns freundlicherweise bis hierher begleitet.“
Oliver versuchte ein ebenso falsches Lächeln aufzusetzen, stellte jedoch im selben Moment fest, dass es ihm nicht sonderlich gut gelang. Er vollführte eine Kopfbewegung nach hinten, wo der junge Mann bis eben noch gestanden hatte und drehte sich um. Zu seinem Erstaunen konnte er den Mann nirgendwo entdecken. Sie standen zu dritt zwischen den riesigen Salzsäurestahltanks. Der Pförtner war verschwunden.
„Nun gut“, sagte Karl Rotenburg vorwurfsvoll. “Normalerweise dürfen sich nur speziell ausgebildete Mitarbeiter im roten Bereich bewegen, aber offenbar hatten Sie ja fachkundige Begleitung.“
Er räusperte sich und deutete auf die verschiedenen farbigen Markierungen auf dem Weg, die Oliver vorher gar nicht aufgefallen waren.
„Die Bereiche der roten Markierungen dürfen nicht betreten werden. Darunter befinden sich die Lüftungsschächte der Chemieanlage. Wissen Sie, bedauerlicherweise hat es vor einigen Jahren ein paar Unfälle deswegen gegeben und wir haben daraufhin unsere Sicherheitsmaßnahmen verstärkt.“
„Ich verstehe. Nachdem Sie uns gestern die Mitarbeiterdetails zu Ihrem verschwundenen Kollegen Markus Heilkamp gegeben haben, könnten Sie uns denn heute zeigen, wo und wie er hier gearbeitet hat?“
„Natürlich, sehr gerne. Herr Heilkamp war für die gesamte Anlage hier verantwortlich. Er war bereits bei den Planungen für den Bau dieser neuen Salzsäuretanks involviert. Wissen Sie, für uns ist diese Salzsäure nur ein Nebenprodukt. Wir verarbeiten es nicht weiter. Früher haben wir die Salzsäure einfach neutralisiert und entsorgt, doch bei dem Kostendruck heutzutage haben wir im letzten Jahr beschlossen, sie zu verkaufen. Wir haben einen internationalen Partner gefunden. Sicherlich haben Sie das in der Presse gelesen. Ein finnischer Chemiekonzern hat sich hier direkt neben uns angesiedelt und wird die Salzsäure als Flockungsmittel für die Trinkwasseraufbereitung einsetzen.“
„Wie meinen Sie das? Soll die Salzsäure die Trinkwasserqualität verbessern?“, Oliver schüttelte den Kopf. Er konnte sich wirklich nicht vorstellen, was Salzsäure im Trinkwasser zu suchen hatte.
„Nun meine Herren, dies ist eine simple chemische Reaktion! Stellen Sie sich einfach vor, dass die ganzen Trübstoffe oder der Schmutz im Wasser zu Flocken zusammengefügt werden, die man dann einfach rausfischen kann.“
Wie ein Oberlehrer fuhr Karl Rotenburg fort und hielt Oliver und Klaus einen schier ewig andauernden Vortrag über die Wirkung von Flockungsmitteln im Trinkwasser. Olivers Kopf begann bei der Hitze langsam zu schwirren. Er konnte einfach nicht mehr zuhören. Seine Gedanken waren ganz woanders, nämlich bei Emily. Doch Rotenburg ließ sich nicht so einfach abschütteln. Er hatte gemerkt, dass die beiden Kriminalkommissare seinen Ausführungen nicht länger interessiert zuhörten und fing jetzt lauter an zu sprechen:
„Diese neue Anlage hier ist viel umweltfreundlicher als die alten Salzsäuretanks dort drüben.“
Er fuchtelte mit seinen Armen vor Oliver und Klaus herum, um so wieder ihre volle Aufmerksamkeit zu erlangen.
„Diese neuen Tanks hier entsprechen den aktuellsten Vorschriften. Jeder Tank ist 25 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 18 Metern. Sie fassen jeweils ein Volumen von 5500 Kubikmetern. Die Hülle der Salzsäuretanks besteht aus innovativem gummierten Stahl.“
„Gut, aber wo genau hat Herr Heilkamp denn jetzt gearbeitet?“
„Kommen Sie, hier drüben ist sein Büro.“
Sie gingen ungefähr 100 Meter an grünen, roten und blauen Markierungen vorbei und gelangten schließlich an einen kleinen silbernen Container, der als provisorisches Büro gedacht war.
„Dort hinten werden die neuen Büros errichtet“, Karl Rotenburg fuchtelte wieder wild mit seinen Armen umher.
„Aber das wird noch ein paar Monate dauern und deshalb hat Herr Heilkamp alle Aktivitäten von diesem Bürocontainer aus koordiniert.“
Sie traten in den Container ein. Von innen war er viel größer, als Oliver zunächst vermutet hatte. Klaus stieß ihm von hinten an die Schulter und deutete mit einem Kopfnicken auf einen älteren Mann, der ganz hinten an einem der Schreibtische saß. Oliver verstand die Geste und nickte kurz. Nachher würden sie den Mann befragen. Die nahestehenden Kollegen konnten meist viel mehr aussagen, als Vorgesetzte oder dieser Pressesprecher, die keine echten persönlichen Kontakte zu
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