Der Sichelmoerder von Zons
jetzt in voller Größe da. Sein Blick richtete sich über das Auto hinweg. Er befand sich in einer Waschanlage. Deshalb war der Raum komplett gefliest.
Die Waschanlage war verschlossen und leer. Wie auf Krücken stakste er unbeholfen auf seinen steifen Beinen um das Auto herum und blieb dann stehen. Plötzlich hörte er ein Geräusch. Es war ein leises Summen. Dann startete der Motor der Waschanlage. Peter stand mitten unter einer großen Bürste, die über seinem Kopf zu rotieren begann. Schnell sprang er drei Schritte nach vorne und stolperte dabei über eine Bodenschiene. Er versuchte seinen Fall aufzufangen, doch seine Gliedmaßen waren von der Tortur im Kofferraum so ungelenk, dass er auf den glitschigen Fliesen ausrutschte und mit der Stirn hart auf dem Boden aufschlug. Um ihn herum wurde es augenblicklich schwarz. Jetzt nicht ohnmächtig werden, dachte er und versuchte, hartnäckig bei Bewusstsein zu bleiben. Er lag mit einer Gesichtshälfte auf den Fliesen und versuchte den Kopf zu heben. Die Waschanlage verspritzte Unmengen an Flüssigkeit und Peter war bereits über und über nass. Er hob den Kopf und blickte auf den Boden. Etwas Gummiartiges klebte dort, wo eben noch seine Wange die Fliesen berührt hatte. Plötzlich spürte er am ganzen Körper starke Schmerzen. Er blickte auf seine Hände. Die Haut schien sich abzulösen. Mit den Fingern griff er nach dem gummiartigen Fetzen. Oh Gott, das war ein Teil seiner Gesichtshälfte! Seine Haut löste sich ab! Panik breitete sich in ihm aus. Aus dieser Anlage kam kein Wasser. Es musste Säure sein. Auf allen vieren kroch er seitlich aus der Anlage heraus und bemühte sich dann, zurück zu dem verschlossenen Tor zu kommen. Es war so grell, dass er kaum noch etwas sehen konnte. Die Waschanlage hielt plötzlich an. In diesem Moment löste sich ein weißer Engel von den Fliesen und kam auf ihn zugeschwebt. Der Engel hatte eine Sonne in der Hand. Golden glitzerte sie zwischen seinen Armen und reflektierte die Lichtstrahlen der Lampen. Nein, es war keine Sonne. Es war ein goldener Sichelmond. Der Mond raste auf Peter zu. Sein Kopf wurde nach oben gezerrt und ein scharfer Schnitt trennte seinen Hals auf. Blut vermischte sich mit den goldenen Farben. Hellrot lief es die weißen Fliesen hinunter. Peter hörte noch, wie der Engel in einer fremden Sprache sang. Es war lateinisch. Dann waren die Schmerzen schlagartig vorüber. Er fiel schwer zu Boden und war auf der Stelle tot.
...
Emily drückte auf das Gaspedal. Es war schon ziemlich spät. Die Landstraße war stockdunkel und bis auf die Scheinwerfer ihres Wagens gab es kein Licht. Ihre Gedanken kreisten um Oliver Bergmann. Immer noch konnte sie seinen warmen Körper spüren, wenn sie die gemeinsame Mittagspause vor ihrem inneren Auge heraufbeschwor. Sie hätte nie gedacht, dass sie sich jemals in einen Polizisten verlieben würde. Sie kannte Kriminalkommissare nur aus dem Fernsehen und da erschienen sie ihr meist ziemlich bindungsunfähig. Sie hielt Polizisten eigentlich für ungebildete Machos, die nicht schnell genug mit einer Frau im Bett landen konnten und sich dann von Bett zu Bett weiterhangelten. Lebhaft konnte sie sich vorstellen, wie dumm sie sich fühlen würde, wenn auch sie am Ende nur das Ergebnis einer Männerwette wäre. Doch bei Oliver hatte sie trotz aller Vorurteile nicht das Gefühl, nur eine weitere Eroberung auf der langen Liste seiner Liebschaften zu sein. Seine blauen Augen wirkten ehrlich und wenn sie ihn anblickte, fühlte sie sich auf eine unbeschreibliche Art geborgen. Alleine der Gedanke an ihn zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen.
Emily sehnte sich nach einer glücklichen und festen Beziehung. Bisher hatte sie bei ihren Versuchen mit den unterschiedlichsten Männern allerdings wenig Glück gehabt. Das schmerzhafteste Erlebnis war ihre Beziehung zu einem verheirateten Professor an ihrer Universität gewesen. Wie ein kleines dummes Mädchen hatte sie sich stürmisch und innerhalb kürzester Zeit in ihren Professor verliebt. Ihr italienisches Temperament hatte jede Warnung unbedacht in den Wind geschossen. Am Ende hatte er sich, entgegen aller vorher gemachten Versprechungen, für seine Frau und die beiden Kinder entschieden. Es hatte Emily schlicht das Herz gebrochen. So etwas würde ihr nicht noch einmal passieren. Seitdem war sie sehr vorsichtig damit, ihr Herz zu verschenken und Gefühle zu entwickeln. Sie blickte auf die Uhr. Es war bereits kurz nach 23 Uhr. Anna hatte
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