Der Sichelmoerder von Zons
Er wollte unbedingt einen Neuanfang nach seiner Scheidung.“
„Wollte er diese Sabine wiedersehen?“
„Ja, er hat sich mit allen Kandidatinnen mindestens zweimal getroffen. Er hat immer gesagt, er müsse herausfinden, ob die Frau auch für den zweiten Blick tauge. Ich hoffe, Sie verstehen was ich meine.“
Oliver nickte. Er hatte für das Erste genug gehört. Die Information war zwar interessant, jedoch glaubte er nicht, dass eine Frau als Täterin infrage kam, falls Markus Heilkamp überhaupt ein Opfer war. Bisher war er lediglich verschwunden und ob der gefundene Fußknochen zu ihm gehörte, stand noch nicht fest.
„Sagen Sie, verwerten Sie eigentlich alle Nebenprodukte oder lagern Sie auch nicht verwertbare Reste auf diesem Gelände?“
„Sie meinen unseren Materialfriedhof? Dort wird alles abgelegt, was im Moment nicht verwertet werden kann. Manchmal benutzten wir diesen Friedhof, um Ersatzteile zu finden. Er befindet sich in ca. drei Kilometer Entfernung von hier am hinteren Rand des Geländes. Wollen Sie ihn sehen?“
„Vielleicht beim nächsten Termin. Ich denke für heute haben Sie uns sehr viel weitergeholfen. Vielen Dank!“
Sie ließen sich vom Pressesprecher, Karl Rotenburg, zum Ausgang des Chemiewerkes begleiten, verabschiedeten sich knapp und fuhren mit ihrem Auto zurück ins Revier. Als Nächstes würden sie den Bauernhof von Markus Heilkamp ins Visier nehmen. Vielleicht ließen sich dort DNA-Spuren sicherstellen, mit deren Hilfe nachgewiesen werden konnte, ob der Fußknochen zu Markus Heilkamp gehörte.
...
Er hatte sie gestern kommen sehen, die beiden hochgewachsenen Kriminalkommissare. Der eine sah genauso aus, wie er sich einen Ermittler vorstellte. Verwaschene enge Jeans, braune Boots und ein ausgefranstes T-Shirt, aus dem muskulöse Oberarme ragten. Die schwarzen Haare waren zerzaust und unter den dunklen Augenbrauen blickten stahlblaue wache Augen hervor. Sein Gesicht war braungebrannt und kantig. Er bewegte sich mit geschmeidiger Kraft, wie ein Tiger, der auf der Jagd war. Den anderen fand er nicht so spannend, er war viel älter und nicht halb so durchtrainiert wie der Erste. Fast hätte er als sein Vater durchgehen können, wären da nicht die völlig anderen Augen gewesen, die mit ihrer graublauen Farbe zwar freundlich, aber auch auf eine unbeschreibliche Weise fast harmlos wirkten. Das waren nicht die Augen eines Jägers. Soviel hatte er bereits von seinem Meister gelernt!
Da er oft an der Pforte des Chemieparks aushalf, war es ihm nicht schwergefallen, den beiden unauffällig zu folgen. Sein Meister war sehr stolz auf ihn gewesen, als er ihm gestern im Facebook-Chat berichtete, dass die beiden heute wiederkommen würden. Sein Herz hatte wie der Donner gedröhnt, als er sich ohne Erlaubnis von seinem Posten entfernt hatte, um die beiden Kommissare so nahe wie möglich an die Salzsäuretanks heranzuführen. Nur einen Katzensprung entfernt waren sie unwissend über die Markierungen für die Gefahrenbereiche gelaufen. Wenn sein Meister es ihm nicht ausdrücklich verboten hätte, wäre er der Versuchung sicherlich erlegen, die beiden oder wenigstens einen von ihnen in den riesigen unterirdischen Bodentanks verschwinden zu lassen. Was schnüffelten sie auch hier herum? Er hatte nichts verbrochen. Jedenfalls nicht mehr seit seiner letzten Gefängnisstrafe. Und diese war auch nicht gerechtfertigt gewesen. Er hatte dieser Frau schließlich nichts getan. Er wollte sie nur anfassen, nicht schlagen oder gar töten! Das konnte doch nicht verboten sein. Er hatte sie nicht so schlecht behandelt, wie diese Schlampe es vor Gericht ausgesagt hatte. Bei der nächsten Gelegenheit würde er mit der Wahl einer Frau vorsichtiger sein.
Doch dafür war jetzt nicht die rechte Zeit. Zunächst musste er sich auf die beiden Kriminalkommissare konzentrieren und herausfinden, was sie als Nächstes vorhatten. Wie gut, dass die beiden so von den riesigen Salzsäuretanks beeindruckt waren, dass sie nicht bemerkten, wie er sich hinter einem kleinen Mauervorsprung versteckte. Fast unsichtbar folgte er ihnen den ganzen Weg und schaffte es dann auch noch, wieder rechtzeitig auf seinem Posten an der Pforte zu sein. Sei unauffällig! Genauso wie sein Meister es ihn gelehrt hatte, war niemand am Ende der Führung mehr auf die Idee gekommen, nach ihm zu fragen.
...
Der Wecker klingelte schrill und unerbittlich. Dieser Ton erzeugte augenblicklich einen stechenden Schmerz in ihren
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