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Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Gäste dort zu holen. Keinen gab es unter ihnen, der nicht auch schon einmal alles, was er besaß, in einen Wagen geladen und gen Westen gebracht hatte; keiner, der nicht schon einmal einen reißenden Fluß durchquert und dabei fast seine ganze Habe verloren hatte. Sie machten sich alle sofort ans Werk. Denn so war das damals: Die Menschen bemerkten die Schwierigkeiten anderer ebenso schnell, als wären es ihre eigenen.

4. Hatrack River

    Vigor wies die Jungen an, den Planwagen zu schieben, während Eleanor die Pferde antrieb. Alvin Miller verbrachte die Zeit damit, die kleinen Mädchen nacheinander ans gegenüberliegenden Ufers zu tragen. Die Strömung glich einem Teufel, der an ihm zerrte und flüsterte: Ich werde deine Babys kriegen, ich werde sie alle bekommen. Alvin aber sagte nein; mit jedem Muskel seines Körpers sagte er nein zu diesem Flüstern, während er uferwärts stapfte, bis seine Mädchen alle durchnäßt am Ufer standen, und während der Regen ihre Gesichter herablief wie die Tränen einer Welt voll Leid.
    Er hätte auch Faith getragen, samt dem Kind in ihrem Bauch, doch sie wollte sich nicht vom Fleck rühren. Saß einfach im Inneren des Planwagens, stemmte sich gegen die Truhen und die Möbel, während der Wagen schwankte und schaukelte. Blitze krachten und Äste brachen; einer davon riß das Zelttuch auf, und der Regen ergoß sich in den Wagen, doch Faith hielt tapfer durch. Alvin erkannte an ihren Augen, daß er nicht das geringste hätte sagen können, um sie dazu zu bewegen, den Wagen zu verlassen. Es gab nur eine einzige Möglichkeit, Faith und ihr Ungeborenes aus diesem Fluß zu bringen, nämlich den Wagen herauszuholen.
    »Die Pferde kriegen keinen Halt, Papa«, rief Vigor. »Sie stolpern nur und werden sich noch die Beine brechen.«
    »Aber ohne die Pferde können wir ihn nicht herausziehen!«
    »Die Pferde sind auch etwas wert, Papa. Wenn wir sie hier im Wasser lassen, verlieren wir den Wagen und die Pferde dazu!«
    »Eure Mama will den Wagen nicht verlassen.«
    Er sah das Verstehen in Vigors Blick. Die Dinge im Wagen waren es nicht wert, daß man den Tod riskierte, um sie zu retten. Seine Mama dagegen sehr wohl.
    »Dennoch«, sagte Vigor. »Am Ufer könnte das Gespann kräftig ziehen. Hier im Wasser können sie überhaupt nichts tun.«
    »Dann laß die Jungen sie abkoppeln. Aber befestigt zuerst ein Seil an einem Baum, um den Wagen festzuhalten!«
    Es dauerte keine zwei Minuten, da waren die Zwillinge Wastenot und Wantnot schon am Ufer und befestigten das Seil an einem stämmigen Baum. David und Measure verschnürten ein zweites Tau an der Planke, die die Pferde hielt, während Calm die Riemen durchschnitt, die sie an den Wagen banden. Gute Jungen, sie machten ihre Arbeit ordentlich. Vigor rief seine Anweisungen, während Alvin nur zusehen konnte, hilflos stand er am hinteren Teil des Wagens, und blickte mal zu Faith hinauf, die gerade versuchte, das Baby nicht zu gebären, mal auf den Hatrack River, der gerade versuchte, sie alle in die Hölle hinabzuspülen.
    Kein besonders großer Fluß, hatte Vigor gesagt, aber dann waren die Wolken gekommen und der Regen, und der Hatrack war ein Ungeheuer geworden. Doch selbst jetzt sah er noch passierbar aus. Die Pferde arbeiteten schwer, und Alvin sagte gerade zu Calm, der die Zügel hielt: »Na, das war keine Minute zu früh«, als der Fluß plötzlich verrückt spielte. Von einem Augenblick auf den nächsten verdoppelte er seine Wucht. Die Pferde gerieten in Panik, verloren die Orientierung und sprangen umher. Die Jungen stürzten sich in den Fluß und versuchten, sie ans Ufer zu führen, doch inzwischen hatte der Wagen seinen Schub eingebüßt und die Räder steckten im Schlamm fest. Es schien beinahe, als hätte der Fluß gewußt, daß sie kamen, und als hätte er seinen schlimmsten Zorn aufgespart, bis sie ihm nicht mehr entkommen konnten.
    »Aufgepaßt! Aufgepaßt!« rief Measure vom Ufer aus.
    Erschreckt blickte Alvin stromaufwärts, um nachzusehen, welche Teufelei der Fluß jetzt im Schilde führte. Tatsächlich trieb ein ganzer Baum heran; wie ein Rammbock, mit seinem weitläufigen Wurzelwerk genau auf den Planwagen zu, wo noch immer Faith saß, mit ihrem ungeborenen Kind. Alvin konnte überhaupt nichts mehr denken, konnte nur mit aller Macht den Namen seiner Frau schreien. Vielleicht dachte er in der Tiefe seines Herzens, daß er sie am Leben erhalten können, indem er ihren Namen auf seinen Lippen behielt, doch dafür gab es keinerlei

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