Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
herbeigezaubert hat. Troy verspürte das Bedürfnis, darüber nachzudenken. Es ließ sich nicht mit einem Achselzucken übergehen. Ein Grund, warum er Covenant mißtraute, war der, daß der Zweifler beim ersten Mal durch Seibrich Felswürm ins Land versetzt worden war, auf Lord Fouls Veranlassung. Stand die Natur des Herbeirufers im Zusammenhang mit dem Wert des Hergerufenen? Außerdem hatte Covenant seine Äußerung über den Schüler so merkwürdig gefällt, als wüßte er über den jungen Mann etwas, das Troy nicht wußte. Troy suchte den Ort seiner Herbeirufung in der Hoffnung auf, sein physischer Kontext, seine konkrete Lage in Trothgard, könne ihn von seinen ungewissen Befürchtungen und Vorahnungen befreien. Er mußte sein Selbstvertrauen zurückgewinnen. Ihm war klar, daß er Elenas Entscheidung, mit Amok loszuziehen, nicht in Frage stellen konnte, wenn er nicht einmal an sich selbst glaubte. Doch als er die Grabstätte erreichte, traf er dort Trell an. Der hünenhafte Glutsteinmeister kniete an dem grasbewachsenen Hügel, als bete er. Als er Troys Annäherung hörte, hob er ruckartig den Kopf, und sein Gesicht war aus Gram so geschwollen, daß sein Anblick Troy im ersten Moment die Sprache verschlug. Er konnte sich keinen Grund vorstellen, weshalb der Glutsteinmeister Trell hier voller Trauer verweilen sollte. Bevor Troy sich soweit gefaßt hatte, daß er dazu imstande war, eine Erklärung zu verlangen, sprang Trell auf und hastete zu seinem Reittier, das er in der Nähe angebunden hatte. »Trell ...!« begann Troy ihm nachzurufen.
»Laß ihn gehen, Streitmark«, unterbrach ihn Ruel fast ausdruckslos.
Verblüfft drehte sich Troy zum Bluthüter um. Ruels Miene war so leidenschaftslos wie stets, aber irgend etwas in der Art, wie sein Blick Trell folgte, zeugte von ungewohnter Sympathie. »Warum?« erkundigte sich Troy beherrscht. »Ich begreife das nicht.«
»Diese Frage mußt du an den Hoch-Lord richten«, entgegnete Ruel ohne besondere Betonung.
»Ich frage dich!« schnauzte der Streitmark, ehe er seinen Ärger bezähmen konnte.
»Trotzdem.«
Mit innerer Anstrengung nahm sich Troy zusammen. Ruels Gesicht verriet so deutlich wie Worte, daß er auf Anweisung des Hoch-Lords handelte und nichts, was nicht dessen Leben bedrohte, ihn zum Ungehorsam zu bewegen vermochte. »Na gut«, erwiderte Troy gezwungen sachlich. »Dann werde ich ihn fragen.« Er wendete Mehryl und trabte Trells Tier, das davongaloppierte, nach Schwelgenholz hinterdrein.
Aber als er sich wieder im Tal der Zwei Flüsse befand und der Baumstadt näherte, wartete schon Drinishok ungeduldig auf ihn. Die Lords hatten ihre Absicht bekanntgegeben, am folgenden Morgen Schwelgenholz wieder zu verlassen, und der Schwertwissen-Weise wünschte, daß Troy mit sämtlichen Lehrwarten und Schülern des Schwertwissens die Verteidigung der Stadt diskutierte. Diese Verantwortung konnte Troy nicht mißachten, und während sein privater Nebel erst in Trübnis und dann in nächtliche Blindheit überging, sprach er zu den versammelten Kundigen und Erkundern des Schwertwissens. Er verzichtete sogar auf jeden Wunsch, zu sehen, wovon er sprach; er befaßte sich völlig aus dem Gedächtnis mit dem Tal und der diesbezüglichen Strategie. Doch als er fertig war, mußte er sich damit abfinden, daß seine Chance verflogen war, mit den Lords zu sprechen. In der Dunkelheit schien es ihm nicht bloß an Sicht, sondern auch an Mumm zu fehlen. Nach seinem Vortrag zog er sich in Drinishoks Unterkunft zurück und teilte mit dem Schwertwissen-Weisen ein mit unverdaulichen Klumpen von Schweigen durchsetztes Mahl. Dann ging er früh zu Bett; er mochte nicht noch mehr vom verwaschenen Halbsehen im Fackelschein ertragen. Drinishok respektierte seine Stimmung und ließ ihn in Ruhe. In blinder Absonderung starrte Troy sinnlos in die Finsternis und rang um sein seelisches Gleichgewicht. Er war sicher, daß er Elena verlieren mußte. Er sehnte sich danach, mit ihr zu reden, sie von ihrem Vorhaben abzubringen, sich an sie zu klammern.
Am nächsten Morgen aber, als sich alle Reiter mit ihren Tieren kurz nach der Dämmerung an der Südseite des hohen Mittelbaums zusammenfanden, verhielt es sich so, daß er den Hoch-Lord nicht wegen seiner Befürchtungen ansprechen konnte. Wie sie da in aufrechter Haltung im ersten Glanz des Tages auf Myrhas Rücken saß, strahlte sie zuviel Eindruckskraft aus, zuviel persönliche Autorität. Er fühlte sich dazu außerstande, ihr irgend etwas zu
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