Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
Unwillkürlich stöhnte Troy laut auf, ohne es verhindern zu können, und klammerte sich an Mehryls Mähne, als drohe er von seinem Ranyhyn zu stürzen. Doch der Hoch-Lord beachtete ihn nicht. »Du weißt«, sagte Elena statt dessen zu Mhoram, »daß ich dies Unternehmen nicht beginne, um den Fährnissen des Krieges auszuweichen. Doch ebenso weißt du, daß du im Kampf erfahrener und tüchtiger bist. Überdies ist gewiß auch dir klar, daß des Krieges Ausgang uns womöglich keine zweite Gelegenheit zugesteht, diesen Kreis des Wissens zu entdecken. Er mag uns jedoch zu einem Sieg verhelfen, der uns andernfalls vielleicht vorenthalten bleibt. Ich kann mich nicht anders entscheiden.«
Lord Mhoram betrachtete sie eine Zeitlang mit eindringlichem Blick. Als er zuletzt sprach, klang seine Stimme von zurückgehaltenem Zureden schwerfällig. »Sei auf der Hut, Hoch-Lord. Selbst der Siebte Kreis ist zuwenig.«
Elena erwiderte seinen Blick mit offener Miene, aber ihre Augen wirkten irgendwie, als besäßen sie keinen Fokus. Die zusätzliche Dimension ihrer Sicht trat in diesem Moment so deutlich hervor, daß es aussah, als nähme sie ihre Umgebung gar nicht wahr. »Mag sein, daß er zuwenig für Kevin Landschmeißer war«, antwortete sie nachsichtig. »Mir jedoch wird er genügen.«
»Nein«, widersprach Mhoram. »Die Gefahr ist zu groß. Entweder entsprach diese Kraft nicht dem, dessen Kevin bedurfte, oder seine Gefährlichkeit war so gewaltig, daß er ihre Anwendung fürchtete. Geh dieses Wagnis nicht ein.«
»Hast du das gesehen?« fragte sie. »Sprichst du aus einem Gesicht?«
»Ich hab's nicht geschaut«, erwiderte Mhoram mit Mühe. »Aber ich spüre es in meinem Herzen. Es wird um dieser Sache willen Tod geben. Menschen werden fallen.«
»Mein Freund, du läßt zuviel Vorsicht in Anbetracht aller Wagnisse walten, die du nicht selber eingehst. Trügst du an meiner Stelle den Stab des Gesetzes, du würdest Amok bis zu den Grenzen der Erde folgen. Und auch dann fielen Menschen. Mhoram, frage dein Herz – glaubst du wahrlich, daß sich des Landes Zukunft in einem Krieg erringen läßt? So war's für Kevin nicht. Ich darf keine Möglichkeit außer acht lassen, die mir einen anderen Weg zeigten könnte, um dem Verächter zu widerstehen.«
Mhoram neigte den Kopf, zu aufgewühlt, um zu antworten. Stumm verschmolzen er und Elena ihre Gedanken miteinander, und einen Moment später wich die Bedrücktheit aus Mhorams Gesicht. Als er wieder aufschaute, richtete er seinen Blick unmißverständlich auf Covenant und Troy. »Dann geh, wenn du gehen mußt, nicht allein, darum bitte dich«, sagte er leise. »Nimm jemanden mit ... jemanden, der ... dienlich sein kann.«
Einen aufregenden Moment lang dachte Troy, der Hoch-Lord werde ihn zum Begleiter wählen. Trotz seiner Verantwortlichkeit für das Kriegsheer bildeten seine Lippen bereits die beabsichtigte Antwort – Ja! –, da antwortete Elena Lord Mhoram. »Das ist mein Wunsch. Ur-Lord Covenant, willst du mich begleiten? Ich möchte diese Suche zu unserer gemeinsamen Sache machen.«
»Glaubst du wirklich«, meinte Covenant unbeholfen, als bringe ihre Bitte ihn in Verlegenheit, »daß ich dienlich sein könnte?«
Ein sanftes Lächeln zeichnete sich auf Elenas Lippen ab. »Dennoch.«
Er glotzte eine Sekunde lang in ihre Augen. Dann schaute er mit einem Ruck fort und zuckte die Achseln. »Gut. Ja, ich komme mit.«
Die nächsten Worte, die man sprach, hörte Troy kaum noch – die letzten formellen Ansprachen Elenas und Coriminis, der kurze, zur Ermutigung gedachte Gesang der ganzen Schule der Lehre, den Austausch von Abschiedsgrüßen. Als der Hoch-Lord auch an ihn ein paar abschließende Worte richtete, konnte er sich mit knapper Not zu einer Verneigung zwingen. Mit dem erstarrten Ja auf seinen Lippen sah er der Beendigung der Zeremonien zu, sah Elena und Covenant zusammen nach Westen reiten, nur begleitet von Bannor und Blutmark Morin. Ihm war zumute, als sei er inmitten eines Falls versteinert – mitten im Aufschrei: Ich werde dich verlieren! Lord Mhoram kam zu ihm und sagte etwas. Aber er rührte sich nicht, bis ihm durch den Schleier seines Kummers auffiel, daß Trell nicht mit dem Hoch-Lord und Covenant geritten war. Da löste sich seine Erstarrung. Überstürzt wandte er sich Trell zu, wendete seinen Ranyhyn gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie der Glutsteinmeister seine Fäuste aus seinem Kopfhaar nahm, in das er sie zuvor verkrallt hatte, dann die Zügel seines
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