Der Hurenkiller - Das Morden geht weiter (Wegners schwerste Fälle) (German Edition)
Kapitel
1
»Schicken Sie zwei
Streifenwagen - zu meiner Privatadresse - sofort«, keifte Manfred Wegner
atemlos ins Telefon. Er warf den Hörer achtlos neben die Ladeschale und
hechtete ins Wohnzimmer zurück. Rex, sein Schäferhund, lag wie hingegossen auf
dem Sofa und atmete nur noch sehr flach und kaum spürbar. Vor einer halben
Stunde hatte das altersschwache Tier fast zwei Liter eines
Blut-Wasser-Gemisches auf den Küchenboden gekotzt. Danach war er einfach
kraftlos neben der Pfütze zusammengesackt. Als Wegner den roten See in der
Küche entdeckte, waren selbst ihm, als Leiter der Hamburger Mordkommission, die
Knie weich geworden.
Völlig verzweifelt
hatte er kurz darauf den armen Kerl hochgehoben und ihn aufs Sofa gelegt. Ganz
gleich was in dieser Nacht noch passieren würde, eine neue Sitzgelegenheit wäre
danach definitiv fällig.
Der Arzt in der
Notfall-Klinik wartete bereits auf ihn. Wegner hatte ausdrücklich darauf
bestanden, dass dieser auch seine Kollegin hinzuriefe. Es sollte doch nicht zu
viel verlangt sein, dass er, auch bei einem Hund, auf eine zweite Meinung
pochte. Selbst wenn es Sonntagabend war.
Das Klingeln an der
Tür riss ihn unsanft aus seinen Gedanken. Er drückte den Öffner und rannte
sofort fluchend ins Wohnzimmer zurück. Nur ein paar Augenblicke später hörte er
bereits seine Streifenkollegen die Treppe Hochhechten.
»Was ist denn los,
Herr Hauptkommissar?«, keuchte der Erste, seine Dienstwaffe im Anschlag.
»Packen Sie mit an«,
begann Wegner grob, »und Vorsicht! Wenn Sie ihn fallen lassen, dann schieben
Sie ab morgen Dienst auf dem Autostrich.«
Schon auf dem Weg
durch das schmale Treppenhaus konnte Wegner die blitzenden Blaulichter vor
seiner Haustür erkennen. Seine Nachbarn hatten sich bereits im Flur oder auf
der Straße versammelt und musterten neugierig das Geschehen. Unten angekommen
lud er Rex dann vorsichtig in seinen Kombi.
»Es ist doch nur ein
blöder Köter«, hörte er eine Stimme hinter sich, die von einem seiner
Streifenkollegen stammte. Wütend drehte Wegner sich um und öffnete den Mund.
Plötzlich jedoch schien er sich zu besinnen und hechtete jetzt bereits in
Richtung Fahrertür. »Sie fahren vorweg und schieben uns den Weg frei. Und Sie«,
er deutete auf den Beamten, der gerade noch so unsanft über seinen Hund
geurteilt hatte, »Sie sorgen dafür, dass wir von hinten Ruhe haben.«
Als ob es einen
Staatsgast zu bewachen galt, raste der Konvoi nur wenig später durch die fast
leeren Straßen Hamburgs. Raus nach Stapelfeld würden sie etwa eine
Viertelstunde brauchen, überschlug Wegner im Kopf. Überhastet wählte er wieder
die Nummer der Notfallklinik. Der mittlerweile genervte Tierarzt informierte
ihn darüber, dass man sein Eintreffen bereits ungeduldig erwarte.
Wegners Kombi geriet
fast ins Schleudern, als er in voller Fahrt Richtung Industriegebiet abbog, an
dessen Ende sich die Klinik befand. Vor der Tür angekommen sprang er aus dem
Wagen und wedelte aufgeregt mit den Armen, bis endlich einer der
Streifenkollegen mit anfasste. Vorsichtig trugen sie den leblosen Hund durch
die Tür. Die beiden Tierärzte, ein unsympathischer Mittfünfziger und eine ganz
offen und interessiert wirkende junge Frau, begrüßten ihn bereits in steriler
Kleidung.
»Legen Sie das Tier
auf den Tisch«, brummte der Arzt unwirsch. Jeder konnte deutlich sehen, dass
sich dieser Mann nach seinem Bett sehnte, statt hier einen womöglich
hoffnungslosen Fall zu behandeln.
»Wenn Sie noch einmal
von dem Tier sprechen, halte ich Ihnen bei Ihrer Arbeit meine Waffe an den
Schädel, versprochen!«
Zuerst glaubte Wegner
Angst in den Augen des Arztes zu erkennen, dann jedoch war es eher Ablehnung.
»Sehen Sie zu, dass Sie rauskommen, sofort! Lassen Sie uns gefälligst unsere
Arbeit machen.«
Vor der Tür des
kleinen Behandlungsraumes lief der Hauptkommissar unruhig auf und ab. Die
Streifenkollegen waren schon vor zehn Minuten grummelnd abgezogen und hatten
den ihn mit seinen Sorgen allein gelassen. Hin und wieder legte er neugierig
ein Ohr an die Tür, um zu hören, was im Raum gesprochen wurde. Erst nachdem er
Bruchstücke wie »hoffnungslos« und »Krebs« auffing, verzichtete er auf weiteres
Lauschen.
Zehn endlose Minuten
vergingen, bis sich die Tür öffnete und die beiden Tierärzte auf den Flur
hinaustraten. Ungefragt begann nun der Ältere: »Es hat keinen Sinn - wir müssen
Ihren Hund einschläfern.« Ob man solche Nachricht noch gefühlloser
überbringen
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