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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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worden war, dem es vorher Bedeutung beimaß. Der Abscheu seiner Mitmenschen hatte ihn zum Selbstabscheu verleitet, und als er sich nach dem Vorfall mit dem Polizeiwagen in wehrlosem Zustand befand, hatte seine Selbstverachtung die Oberhand gewonnen. Er kannte den Namen des Widersachers: er hieß Todeswunsch. In seinem Unterbewußtsein wühlte er herum, weil sein Bewußtsein sich mit zuviel grimmiger Entschlossenheit dem Überleben verschworen hatte, um das konsequente Ende der Krankheit abzuwenden.
    Aber jetzt war er nicht wehrlos. Wach war er und voller Furcht. Als schließlich der Morgen anbrach, rief er seine Rechtsanwältin an, Megan Roman – die Frau verwaltete seine Verträge und erledigte seine finanziellen Angelegenheiten –, und erzählte ihr, was man mit Joans Ställen angestellt hatte. Durch die Leitung konnte er deutlich ihr Unbehagen heraushören. »Was möchten Sie unternommen haben, Mr. Covenant?«
    »Die Polizei soll nachforschen. Ermitteln, wer das getan hat. Dafür sorgen, daß so etwas nicht noch einmal vorkommt.«
    Für einen ausgedehnten Moment des Mißbehagens herrschte Schweigen. »Die Polizei einzuschalten«, sagte die Anwältin schließlich, »wird an sich wenig Sinn haben. Sie wohnen in Sheriff Lyttons Amtsbezirk, und er wird für Sie keinen Finger rühren. Er gehört zu den Leuten, die die Meinung vertreten, man solle Sie aus dem Kreis verjagen. Er ist hier schon lange Sheriff, und wenn's um ›seinen‹ Landkreis geht, kann er sich ganz schön beschützerisch aufspielen. Er hält Sie für eine Gefahr. Unter uns gesagt, ich bezweifle, daß er mehr Menschlichkeit besitzt, als er braucht, um alle zwei Jahre wiedergewählt zu werden.« Sie sprach sehr schnell, als wolle sie ihn daran hindern, etwas zu sagen, irgendwelche Vorschläge zu unterbreiten. »Aber ich glaube, ich kann ihn dazu veranlassen, etwas für Sie zu tun. Wenn ich ihm drohe – ihm sage, Sie würden sonst in den Ort kommen, um Anzeige zu erstatten –, kann ich ihn sicherlich dahin bringen, dafür zu sorgen, daß sich dergleichen nicht wiederholt. Er kennt sich in seinem Amtsbereich aus. Sie könnten darum wetten, daß er schon weiß, wer Ihre Ställe niedergebrannt hat.« Joans Ställe, widersprach Covenant stumm. Ich mag Pferde nicht leiden. »Er kann diese Leute daran hindern, noch mehr anzustellen. Und das wird er tun, wenn ich ihm jetzt rechtzeitig einen gehörigen Schrecken einjage.« Covenant willigte ein. Anscheinend besaß er keine andere Wahl. »Übrigens haben ein paar Einwohner kürzlich nach legalen Möglichkeiten gesucht, um Sie zum Fortziehen zu zwingen. Sie sind aufgebracht, weil Sie sich im Ort haben blicken lassen. Ich habe ihnen gesagt, das sei undurchführbar ... oder wenigstens mit mehr Aufwand verbunden, als das Anliegen ihnen wert sei. Ich glaube, bis jetzt glauben die meisten mir.«
    Covenant schauderte zusammen, als er den Hörer auflegte. Er unterzog sich einer gründlichen VBG, untersuchte seinen Körper vom Kopf bis zu den Füßen auf irgendwelche Merkmale von Gefahr. Dann machte er sich an die Aufgabe, sich wieder seine alten Selbstschutzgewohnheiten zu erarbeiten.
    Ungefähr eine Woche lang erzielte er echte Fortschritte. Er streifte durch die kartografierte Ordnung seines Hauses wie ein Roboter, der sich auf seltsame Weise der Maschinerie in seinem Innern bewußt war, der trotz der beschränkten Funktionen seiner Programmierung nach einer guten Antwort auf den Tod suchte. Wenn er das Haus verließ, über die Zufahrt zum Tor stapfte, um die angelieferten Lebensmittel zu holen oder hinter der Haven Farm am Righters Creek entlang durch den Wald zu spazieren, bewegte er sich mit äußerster Vorsicht, begutachtete aufmerksam jeden Felsen, jeden Ast, prüfte jeden Wind, als verdächtige er ihn verhohlener Bösartigkeit. Mit der Zeit jedoch begann er wieder seine Umgebung zu beachten, und dabei geriet seine Entschlossenheit in gewissem Umfang ins Wanken. Der April beherrschte die Wälder – die ersten Zeichen des Frühlings waren sichtbar, und er hätte sie schön finden müssen. Doch in bestimmten Momenten trübte unerwartet Kummer sein Blickfeld, wenn ihm der Frühling einfiel, wie er ihn im Land erlebt hatte. Mit dort verglichen, wo die pralle Gesundheit der Säfte und Knospen an den Pflanzen sichtbar gewesen war, unübersehbar deutlich, erkennbar durch Berührung, Düfte und Geräusche, wirkte der Wald, durch den er hier wanderte, auf traurige Weise oberflächlich wie eine Kulisse. Die Bäume, das

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