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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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ausgebessert und geputzt und geschleppt.«
    »Ich möchte sechs Tage Arbeit von deinem Jungen haben. Die Ernte steht vor der Tür, und ich kann zwei zusätzliche Hände und einen kräftigen Rücken gut gebrauchen. Ich habe gesehen, daß er ein guter Arbeiter ist, und er wird es schon schaffen.«
    »Dann drei Tage Arbeit von mir und dem Jungen. Und ich werde keine Gänse mehr verschenken.«
    »Ich habe keine Gänse mehr zu verschenken, abgesehen von den Legetieren. Wie auch immer, ich will keinen Müllerssohn, ich will nur die Arbeitskraft des Jungen.«
    »Dann bezahlen wir Sie in Silbergeld.«
    »Was nützt mir Silbergeld hier? Es gibt nichts, wofür man es ausgeben könnte. Die nächste größere Stadt ist Carthage, jenseits des Hio, und da geht kaum jemand hin.«
    »Ich lasse Arthur Stuart nicht meine Schulden begleichen. Er ist nicht mein -«
    Nun, lange bevor Alvin diese Worte über die Lippen kamen, wußte Arthur Stuart, was er vorhatte - er würde kundtun, daß Arthur nicht sein Sklave war. Und das wäre so ziemlich das Dümmste, was Alvin tun konnte. Also ergriff Arthur Stuart das Wort, ehe Alvin die Worte über die Lippen kamen. »Ich würde die Schuld mit Vergnügen abarbeiten«, sagt er. »Aber ich glaube nicht, daß es möglich ist. In sechs Tagen werde ich weitere achtzehn Mahlzeiten zu mir nehmen und dadurch wieder drei Tage Arbeit schuldig sein, und in diesen drei Tagen werde ich neun Mahlzeiten einnehmen und anderthalb Tage schulden, und bei der Rate, schätze ich, werde ich die Schuld niemals abarbeiten können.«
    »Ach ja«, sagte Alvin. »Zenos Paradoxon.«
    »Und du hast mir gesagt, daß es nie eine praktische Anwendung für dieses ›Stück philosophischen Gewäschs‹ gibt, wie du dich ausgedrückt hast«, sagt Arthur Stuart. Es war ein Streitgespräch aus der Zeit, als sie beide noch bei Miss Larner studiert hatten, bevor sie Mrs. Alvin Smith geworden war.
    »Was, beim Sam Hill, redet ihr Jungs da zusammen?« fragte Rack Miller.
    Alvin versuchte es ihm zu erklären. »Jeden Tag, den Arthur Stuart für Sie arbeitet, häuft er die Hälfte der Schuld wieder auf, die er durch seine Arbeit abträgt. Somit legt er nur die halbe Strecke zur Freiheit zurück. Immer und immer wieder die Hälfte, die Hälfte, die Hälfte, aber er kommt nie ans Ziel.«
    »Kapier ich nicht«, sagte Rack. »Wo ist der Witz?«
    An dieser Stelle kam Arthur Stuart ein anderer Gedanke. So wütend Rack Miller wegen der Gänseküken auch sein mochte -wenn er wirklich Hilfe für die Erntezeit brauchen würde, hätte er auch Alvin behalten, es sei denn, es gab einen anderen Grund dafür, daß er ihn loswerden wollte. Rack Miller hatte etwas vor und wollte nicht, daß Alvin es sah. Nur rechnete er nicht damit, daß dieser halbwüchsige Mulatten-»Diener« durchaus schlau genug war, daß er von selbst dahinterkam. »Ich würde gern bleiben und sehen, wie wir das Paradoxon lösen«, sagt Arthur Stuart.
    Alvin sieht ihn richtig gründlich an. »Arthur, ich muß einen Mann wegen eines Bären sprechen.«
    Nun, das brachte Arthur Stuarts Entschlossenheit ein wenig ins Wanken. Wenn Alvin sich auf die Suche nach Davy Crockett machte, um alte Rechnungen zu begleichen, kam es möglicherweise zu Szenen, die Arthur sehen wollte. Gleichzeitig hatte er es hier in der Mühle mit einem Geheimnis zu tun, und wenn Alvin fort war, standen die Chancen gut, daß Arthur Stuart es ganz alleine lösen konnte. Die eine Verlockung war größer als die andere. »Viel Glück«, sagte Arthur Stuart. »Ich werde dich vermissen.«
    Alvin seufzte. »Ich habe nicht die Absicht, dich hier der Gnade eines Mannes zu überlassen, der eine eigentümliche Zuneigung für Gänse hegt.«
    »Was soll das denn heißen?« fragte Rack, der allmählich davon überzeugt war, daß sie sich mit ihrem ganzen Gerede über ihn lustig machten.
    »Nun, Sie nennen sie Ihre Töchter, und dann gehen Sie her und kochen und essen sie«, sagt Alvin. »Welche Frau würde Sie jemals heiraten? Sie würde nicht wagen, Sie mit den Kindern allein zu lassen!«
    »Hinaus aus meiner Mühle!« plärrte Rack.
    »Komm mit, Arthur Stuart«, sagte Alvin.
    »Ich will bleiben«, beharrte Arthur Stuart. »Es kann nicht schlimmer sein als damals, wie du mich bei dem Schulmeister zurückgelassen hast.« (Was eine andere Geschichte ist, die an dieser Stelle nicht erzählt werden soll.)
    Alvin sah Arthur Stuart richtig prüfend an. Er war keine Fackel wie seine Frau. Er konnte nicht in Arthurs Herzfeuer sehen und

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