Der siebte Schrein
Science Fiction zu ändern. Als Science-fiction in den fünfziger Jahren zu einem Eckstein der Taschenbuchindustrie wurde, hinkte die Fantasy wieder hinterher: Wenige Fantasy-Romane erschienen im Taschenbuch, und die meisten - Jack Vances Die sterbende Erde und die frühen Nachdrucke von H. P. Lovecraft und Robert E. Howard sind gute Beispiele - verschwanden bald wieder und wurden zu gesuchten Sammler-Stücken.
Das alles änderte sich in den sechziger Jahren, als plötzlich eine Taschenbuchausgabe von J. R. R. Tolkiens Trilogie Der Herr der Ringe erschien (zuvor hatte ein störrischer Verleger sich einer Veröffentlichung im Taschenbuch widersetzt) und in Millionen Lesern einen Hunger nach Fantasy weckte, der bis auf den heutigen Tag unstillbar geblieben ist. Tolkiens Bücher waren ein derart nachdrücklicher kommerzieller Erfolg, daß sich die Verlage überschlugen, um Autoren zu finden, die Nachahmungen der Trilogie schreiben konnten, und die Welt wurde mit einer Flut von Hobbittesken Romanen überschwemmt, die sich ihrerseits teilweise in erstaunlichen Mengen verkauften. Robert E. Howards Conan -Romane, die einst nur von einer kleinen Gruppe treuer Verehrer bewundert worden waren, fanden etwa zur selben Zeit ein riesiges neues Publikum. Einige Jahre später brachte Ballantine Books, Tolkiens Taschenbuchverlag, eine außergewöhnliche, von Lin Carter herausgegebene Buchreihe unter dem Titel »Adult Fantasy« auf den Markt, in der alle eleganten klassischen Meisterwerke von Autoren der Fantasy wie E. R. Eddison, James Branch Cabell, Lord Dunsany und Mervyn Peake modernen Lesern zugänglich gemacht wurden. Seither ist Fantasy ein vorherrschender Faktor der modernen Verlagsindustrie. Was vor fünfzig Jahren eine vernachlässigte Stiefschwester der Science-fiction war, ist heute ein ungeheuer populäres Genre.
Im Windschatten des gewaltigen Erfolgs von Tolkiens Trilogie betraten neue Schriftsteller mit ihren eigenen phantastischen Welten die Bühne und konnten ein großes und begeistertes Publikum gewinnen. Ende der sechziger Jahre begann Ursula K. Le Guin ihre eindringliche und feinfühlige Erdsee-Serie, während sich Anne McCaffrey des uralten phantastischen Drachenmotivs für ihre Pern-Romane annahm, die an der Grenze zwischen Fantasy und Science-fiction angesiedelt sind. Einige Jahre später eroberte Stephen King eine erstaunlich zahlreiche Leserschaft, indem er die archetypischen Ängste der Menschheit anzapfte und zu kraftvollen Romanen formte, die das dunklere Terrain der Fantasy besetzten. Terry Pratchett dagegen hat in überragender Weise das komische Potential satirischer Fantasy demonstriert. Schriftsteller wie Orson Scott Card und Raymond E. Feist haben mit ihren Büchern über Alvin Maker und mit der Schlangenkrieg-Saga eine riesige Anhängerschaft gefunden. In jüngster Zeit haben Robert Jordans monumentaler Zyklus vom Rad der Zeit, George R. R. Martins Bücher über das Lied von Eis und Feuer und Terry Goodkinds Geschichten um das Schwert der Wahrheit ebenso einen festen Platz im Pantheon moderner Fantasy erobert wie Tad Williams´ Chronik von Osten Ard.
Und hier haben wir sie alle in einer einzigen umfangreichen Anthologie vereint, in der Fantasy-Enthusiasten wochenlang schmökern können. Eine neue Erdsee-Geschichte, eine neue Geschichte von Pern, ein neues Abenteuer des Zyklus um den Dunklen Turm, eine neue Episode in Terry Pratchetts verspielter Scheibenwelt-Serie und alle anderen, die Sie hier finden werden - ein derartiges Buch hat es noch nie gegeben. Es war keine leichte Aufgabe, eine derartig vorzügliche Sammlung erstklassiger Stars in einem einzigen Band zu versammeln. Aus diesem Grund gilt meine Dankbarkeit für besondere Unterstützung Martin H. Greenberg, Ralph Vicinanza, Stephen King, John Helfers und Virginia Kidd, die mir auf die eine oder andere Weise meine herausgeberische Tätigkeit deutlich leichter gemacht haben, als sie andernfalls gewesen wäre. Und obwohl es sich eigentlich von selbst versteht, danke ich auch meiner Frau Karen, die mir in jeder Phase dieses komplizierten Projekts hilfreich zur Seite gestanden hat - nicht nur, weil sie ein großartiger Mensch ist, sondern auch, weil sie die fraglos beste Idee des ganzen Projekts hatte.
Robert Silverberg
Dezember 1997
Anmerkung des Verlags:
Die deutschen Übersetzungen der im Buch genannten Titel wurden der Vollständigkeit halber komplett aufgeführt. Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß nicht alle genannten Buchtitel im
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