Der siebte Schrein
mal.«
»Wiedersehen.«
Der Wind blies die Tür wieder zu, als Nanny den Weg hinunter lief.
Sie hatte den Eindruck, daß sie möglicherweise ein wenig zu weit gegangen war. Aber nur ein wenig.
Das Problem daran, eine Hexe zu sein - zumindest das Problem daran, eine Hexe zu sein, soweit es manche Leute betraf -, war einfach, daß man hier auf dem Land festsaß. Aber Nanny machte das nichts aus. Hier draußen gab es alles, was sie wollte. Alles, was sie immer gewollt hatte, war hier, allerdings waren ihr in ihrer Jugend manchmal die Männer knapp geworden. Es war ganz schön, fremde Gegenden zu besuchen, aber wirklich von Bedeutung waren sie nicht. Es gab interessante neue Getränke, und das Essen machte Spaß, aber fremde Gegenden besuchte man, um zu tun, was eben getan werden mußte, und dann kam man wieder hierher zurück, an einen Ort, der real war. Nanny Ogg liebte es klein und beschaulich.
Natürlich, überlegte sie, als sie über den Rasen ging, hatte sie nicht diese Aussicht vor dem Fenster. Nanny lebte unten im Ort, aber Oma konnte über den Wald und die Ebenen bis zum weiten runden Horizont der Scheibenwelt sehen.
Eine derartige Aussicht, überlegte sich Nanny, konnte einem wahrscheinlich den Verstand direkt aus dem Kopf saugen.
Man hatte ihr gesagt, daß die Welt rund und flach war, was dem gesunden Menschenverstand entsprach, und auf dem Rücken von vier Elefanten durch das All zog, die auf dem Rücken einer Schildkröte standen, was nicht unbedingt einen Sinn ergeben mußte. Das alles passierte D A D RAUSSEN irgendwo, und so konnte es mit Nannys Segen und ausgesprochener Interesselosigkeit auch bleiben, solange sie in einer persönlichen Welt mit einem Durchmesser von rund zehn Meilen leben konnte, die sie mit sich herumschleppte.
Aber Esme Wetterwachs brauchte mehr, als dieses kleine Königreich fassen konnte. Sie war die andere Art Hexe.
Und Nanny sah es als ihre Aufgabe an, zu verhindern, daß sich Oma Wetterwachs langweilte. Die Sache mit den Äpfeln war ziemlich unbedeutend, ein garstiger kleiner Triumph, wenn man es recht überlegte, aber Esme brauchte etwas, um jeden Tag lebenswert zu machen, und wenn es Zorn und Eifersucht sein mußten, dann sollten sie es eben sein. Oma würde nun etwas aushecken, um sich einen kleinen Sieg zu verschaffen, eine kleine Demütigung, von der nur sie beide je erfahren würden, und damit war der Fall erledigt. Nanny war überzeugt, daß sie mit ihrer Freundin zurechtkommen konnte, wenn sie übellaunig war, aber nicht, wenn sie sich langweilte. Eine Hexe, die sich langweilt, ist zu allem fähig.
Die Leute sagten Sachen wie »damals mußten wir selbst für unsere Unterhaltung sorgen«, als würde das einen gewissen moralischen Wert vermitteln, was vielleicht sogar zutraf, aber man wollte auf keinen Fall, daß sich eine Hexe langweilte und anfing, für ihre eigene Unterhaltung zu sorgen, denn Hexen hatten manchmal äußerst exzentrische Vorstellungen davon, was unterhaltsam war. Und Esme war zweifellos die mächtigste Hexe, die die Berge seit Generationen gesehen hatten.
Nun stand der Wettstreit bevor, und der sorgte stets dafür, daß es Esme Wetterwachs ein paar Wochen lang gutging. Sie sprach auf Wettbewerbe an wie Forellen auf Fliegen.
Nanny Ogg freute sich immer auf den Hexenwettstreit. Man verbrachte einen schönen Tag draußen, und dann war da natürlich das große Freudenfeuer. Wer hätte je von einem Hexenwettstreit ohne ein anschließendes schönes Freudenfeuer gehört?
Und hinterher konnte man Kartoffeln in der Asche rösten.
Der Nachmittag zerschmolz zum Abend, die Schatten in Ecken und unter Hockern und Tischen krochen hervor und wuchsen zusammen.
Oma wippte leicht mit ihrem Stuhl, während sich die Dunkelheit um sie legte. Ihr Gesichtsausdruck war zutiefst konzentriert.
Die Scheite im Kamin zerfielen zu Glut, die nach und nach erlosch.
Die Nacht wurde schwärzer.
Die alte Uhr auf dem Kaminsims tickte, und eine ganze Zeitlang war kein anderes Geräusch zu hören.
Dann ertönte ein leises Rascheln. Die Papiertüte auf dem Tisch bewegte sich und wurde zusammengeknüllt wie ein Ballon, aus dem die Luft entweicht. Langsam stieg ein deutlicher Fäulnisgeruch in die Luft.
Nach einer Weile kam die erste Made herausgekrochen.
Nanny Ogg war zu Hause und schenkte sich gerade ein Glas Bier ein, als es klopfte. Sie stellte den Krug seufzend beiseite und ging die Tür aufmachen.
»Oh, hallo, meine Damen. Was treibt ihr in dieser Gegend? Und
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