Der siebte Turm 05 - Die Schlacht beginnt
Fenster waren dunkel. Das Dach musste mit Sonnenstein-durchsetzten Kristallpfannen bedeckt sein, denn sie glitzerten in verschiedenen Farben, anstatt das Mondlicht zu reflektieren. Vor dem Haus gab es einen kleinen Hof mit einem Baldachin aus Kristallblättern. Darunter schienen helle Sonnensteine, doch Tal konnte nicht erkennen, was sie beleuchteten.
Alles machte einen sehr schönen und angenehmen Eindruck. Aber es musste doch auch irgendwelche Wachen geben, dachte Tal. Er würde ihnen aus dem Weg gehen müssen, um genug Zeit zu gewinnen, damit er der Imperatorin von der Gefahr berichten konnte, die von Sushin ausging. Und von der Bedrohung des Schleiers und der gesamten Dunkelwelt.
Adras glitt wie angewiesen tiefer hinunter und setzte Tal ganz am Rand der Insel ab. Die Landung war so sanft, wie zu erwarten war – was bedeutete, dass Tal hinfiel. Überrascht stellte er fest, dass er auf weichem Gras gelandet war. Als er aufstand, sah er, dass das Gras genau bis an den Rand der Insel wuchs. Richtiges Gras würde dort nicht wachsen. Und doch fühlte es sich ganz normal an, genau wie auf den Rasen in den Höhlen des Schlosses.
Nicht weit entfernt gab es einen Fußweg. Tal überquerte vorsichtig das Gras bis zum Weg und schaute ihn genau an, bevor er einen Fuß darauf setzte. Der Weg bestand aus Ziegelsteinen, doch diese sahen anders aus. Sie bestanden aus violettem Kristall und waren von Sonnensteinfragmenten durchsetzt. Als er seinen Fuß darauf setzte, blitzten die Steine darunter auf, doch es geschah nichts.
Adras schwebte hinter Tal in der Luft.
„Irgendetwas riecht hier komisch“, flüsterte der Sturmhirte. „Ölig.“
Tal schnüffelte, roch aber nichts Öliges. Alles, was er roch, war der frische Geruch des Grases und der angenehme Duft der Blüten, die an den hohen Büschen vor ihm wuchsen.
Tal folgte dem Pfad eine Weile. Es schien so, als führte er um die Insel herum. Ein paar andere Wege gingen davon Richtung Inselmitte ab. Einer davon verlief zum Haus.
Tal wählte diesen Weg. Er ging ein wenig langsamer, denn der Pfad führte zwischen zwei überhängenden Blumenbüschen hindurch. Etwas an diesem Ort verursachte ihm ein ungutes Gefühl. Vielleicht war es das Mondlicht, dachte er. Alles sah darin so gruselig aus.
Er ging ein paar Schritte weiter, bevor ihm klar wurde, was es war.
Hinter ihm wehte eine leichte Brise.
Doch die beiden Büsche rechts und links des Weges neigten sich in seine Richtung.
Tal blieb stehen und sah sich die Büsche genauer an. Sie waren größer als er. Große Büsche mit ausladenden grünen Blättern. An beiden Büschen saßen je zwei große, rote Blüten auf vielleicht zwei Drittel Höhe.
„Es sind doch nur Pflanzen“, sagte Tal laut. „Nur Pflanzen.“
Doch er ging nicht näher heran. Während er hinsah, drehte sich zuerst eine, dann die andere Blüte zu ihm. Dann hoben beide Büsche mit einem Furcht erregenden Sauggeräusch ihre Wurzeln aus dem Boden und glitten zittern vorwärts. Die Wurzeln, auf denen sie sich bewegten, waren scharfkantig und spitz, sie sahen aus wie Klauen.
Tal wich zurück. Er war erst ein paar Schritte gegangen, als Adras plötzlich „Oh-oh“ sagte.
Tal drehte sich um. Zwei der Statuen, die er aus der Luft gesehen hatte, kamen den Weg entlang. Sie waren humanoid, ein wenig größer als ein erwachsener Erwählter und bestanden aus dem gleichen goldenen Metall wie das Ruinenschiff. Als sie näher kamen, bemerkte Tal den öligen Geruch, den Adras schon erwähnt hatte. Sie bewegten sich ungefähr wie Tal und Adras in der chromatischen Panzerung – langsam und unbeholfen.
„Zeit zu fliegen“, sagte Tal und streckte die Arme nach oben. Adras zischte herunter und griff nach ihm. Dieses Mal tat es wirklich weh – denn Tals Beine hoben nicht vom Weg ab.
Er schaute zu Boden und sah Stränge aus violettem Licht, die sich um seine Knöchel wickelten und Fesseln aus Licht bildeten.
Die Blütenkreaturen glitten vorwärts und streckten ihre spitzen Wurzeln aus. Die Statuen wackelten hinterher und hoben dabei ihre gewaltigen Fäuste.
„Lass los, ich stecke fest! Versuch sie aufzuhalten!“
Adras ließ los. Tal konzentrierte sich sofort auf seinen Sonnenstein. Wenn er einen violetten Schlüssel anfertigen könnte, würde er die Fesseln an seinen Knöcheln entfernen können. Dank Lokar hatte er wenigstens eine Idee, was er
unternehmen konnte. Doch würde er es schaffen, bevor die Statuen ihn niederschlugen oder die Blütenkreaturen ihn
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