Der siebte Turm 05 - Die Schlacht beginnt
aufschlitzten?
KAPITEL SECHZEHN
Malen behandelte Crow noch mehrere Stunden, nachdem die Freivölkler losgezogen waren, um Lufttang zu sammeln und ihn zur Vorhut der Eiscarls zu bringen. Milla beobachtete die flinken und geübten Hände der Crone und ging dann fort, um sich zu vergewissern, dass Jarnil nicht versuchte, sich wegzuschleichen.
Sie fand ihn schlafend in seinem Bett. Milla sah zu ihm hinab und fragte sich noch einmal, ob sie etwas unternehmen sollte. Sie wollte gerade wieder gehen, als etwas sie zurückhielt. Jarnil schlief in einer seltsamen Körperhaltung. Seine Hände waren unter der Decke über seiner Brust gefaltet.
Milla zog die Decke zurück. Wie sie vermutet hatte, hatte er seine Hände um einen Sonnenstein geklammert.
Jarnil schlief nicht. Er war nach Aenir übergetreten. Ohne einen Geistschatten zurückzulassen, der den Körper bewachte, denn Jarnil hatte keinen Geistschatten mehr. Er war ihm im Saal der Alb träume genommen worden.
Und obwohl man ihn verstoßen, einen Untervölkler und dann einen Freivölkler aus ihm gemacht hatte, war ihm offensichtlich seine lebenslange Loyalität geblieben. Es konnte nur einen Grund geben, weshalb Jarnil nach Aenir gegangen war.
Er wollte die Erwählten vor der Invasion der Eiscarls warnen.
Milla zog ihr Messer und wiegte es in der Hand. Dann hielt sie es an Jarnils Kehle. Doch schließlich nahm sie es mit einem Seufzer wieder weg. Wenn sie Jarnils Körper tötete, wäre gar nichts gewonnen. Sie wusste nicht, ob sie ihn damit auch in Aenir umbrachte. Zumindest musste sie zugeben, dass er ein mutiger Mann war. Außerdem schlief er und war wehrlos. Wenn sie ihn jetzt umbringen würde, wäre das unehrenhaft.
Milla stieg wieder zum zentralen Hof hoch und spritzte sich etwas Wasser aus dem Brunnen ins Gesicht. Wenn Jarnil die Erwählten warnte, würden sie schnell zurückkehren. Und sie würden von der Festung erfahren. Wenn Milla hier blieb, würde sie möglicherweise von ihren Kampftruppen abgeschnitten, denn die Festung mit einer einzigen Brücke über die Lavaspalte war nur all zu leicht zu belagern.
Doch ihre Kenntnisse über das Schloss und vor allem die Untervolk-Ebenen war zu gering. Wie konnte sie eine Kriegsführerin sein, wenn sie nicht einmal das Territorium kannte, auf dem ihre Leute kämpfen würden?
„Ich brauche Landkarten“, rief sie wütend und machte damit der Anspannung Luft, die sie bei dem Gedanken an ihr eigenes Versagen überfallen hatte. Das Versagen, Jarnil nicht im Auge behalten zu haben. „Wo finde ich Karten?“
Ein Platschen aus dem Wasser vor ihr beantwortete ihre Frage. Milla sprang sofort vom Brunnenrand zurück, das Merwin-Horn-Schwert und den Dolch in den Händen.
Ein türgroßes Rechteck aus Kristall schwebte langsam an die Oberfläche des Wassers. Zunächst lag es waagerecht, doch dann stellte es sich hochkant und das Wasser lief an den Seiten ab. Auch als das Wasser abgelaufen war, wirkte die Oberfläche des Objektes noch flüssig und glänzte.
Eiscarl-Runen bildeten sich auf seiner Oberfläche.
Karten findet man an vielen Orten im Schloss. Ich habe auch viele Karten in mir.
Milla war erstaunt. Dies war der Kodex der Erwählten, das magische Artefakt, für das Tal und sie ihr Leben riskiert hatten, um es aus Aenir zurückzuholen. Sie hatten es im Mausoleum weiter oben im Schloss versteckt und dort zurückgelassen, nur um dann von Ebbitt zu erfahren, dass sich der Kodex selbstständig bewegen konnte.
„Du bist wieder da“, sagte Milla.
Der Kodex gab keine Antwort. Es lag in seiner Natur, nur Fragen zu beantworten.
„Wie komme ich von hier zu den Untervolk-Ebenen?“, fragte Milla.
Silberne Linien erschienen auf der glitzernden Oberfläche des Kodex’. Sie bildeten eine Landkarte. Milla studierte sie eingehend. Sie sah jetzt, dass es noch einen anderen Weg aus der Festung des Untervolks gab. Er war jedoch eng, schwer zu begehen und führte in einen entfernten Teil der Heiztunnels.
„Wo ist der beste Ort für eine Truppe von fünfhundert Eiscarls, um schnell die Untervolk-Ebenen und von dort die Ebenen der Erwählten einnehmen zu können?“
Eine weitere Landkarte bildete sich. Sie zeigte eine riesige Kammer, die mit ,Versammlungssaal der Bergarbeiter’ bezeichnet war. Milla lächelte, als sie die Karte ansah. Wenn die Erwählten tatsächlich zurückkämen, würde der Kodex ihr helfen, sie zu besiegen. Es gab viele Geheimwege und Passagen, die die Erwählten nicht kannten. Der Kodex
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