Der siebte Turm 05 - Die Schlacht beginnt
seinen Sonnenstein kam, um die Uhrzeit festzustellen, hatte er schon befürchtet, dass es bereits nach Sonnenaufgang war. Der Mond war mittlerweile zu zwei Dritteln aufgegangen und eigentlich viel zu hell für Tals Geschmack.
Es dauerte eine Weile, bis er sich orientiert hatte. Das Monster hatte sie auf die andere Seite des Sees geschleppt, auf die dünner besiedelte Seite. In der Ferne sah Tal mehrere Häuser der Erwählten und die Große Südbrücke. Er sah die Ostbrücke und das Gebäude der Hohen Orangefarbenen Zusammenkunft, das er gut kannte.
Und er sah, nicht weiter als zweihundert Spannen entfernt, den dunklen Umriss der Insel der Imperatorin. Tal konnte lediglich die hellen Flecken einiger Sonnensteine erkennen, die meisten davon auf der entfernten, dem Hauptteil der Enklave zugewandten Seite der Insel. Das Ufer, dem Tal zugewandt war, war vollkommen unbeleuchtet.
Tal sah sich die Insel aufmerksam an. Früher wäre er wahrscheinlich ohne zu überlegen hingegangen. Doch jetzt war er vorsichtiger. Weshalb waren die Insel und das nahe Ufer nicht beleuchtet? Wie war die Insel gegen all die Kreaturen gesichert, die aus dem See an das Ufer kriechen konnten?
„Raus“, sagte Adras mitten in Tals Gedanken.
„Bald, sehr bald“, gab Tal zurück. Er dachte noch einen Moment länger nach. Er würde auf keinen Fall wieder hinunter klettern und über den Seeboden zur Insel gehen. Sie mussten das Risiko eingehen, wenn auch der Mond hell schien.
„Adras. Bist du stark genug, um uns beide zur Insel zu fliegen?“
„Ja“, bestätigte Adras sofort. Tal machte sich einen Augenblick Sorgen, denn ihm war klar, dass Adras alles sagen würde, nur um aus dem Anzug zu kommen.
„In Ordnung. Ich werde jetzt die Panzerung öffnen. Ich will, dass du mich, sobald ich herausgestiegen bin, festhältst und zur Insel fliegst. An den Rand. Verstanden?“
Adras nickte und drückte dabei Tals Kopf so stark nach vorn, dass er ihm beinahe das Genick brach.
Tal fasste nach der violetten Schlaufe und zog daran, bevor Adras noch einmal nicken konnte.
KAPITEL FÜNFZEHN
Der Panzeranzug öffnete sich nicht. Er explodierte. Tausende von rot glühenden Partikeln flogen in alle Richtungen davon und fielen wie ein seltsamer Hagelsturm in den See. Tal spürte die Hitze sogar durch die Asche und die Kristalle hindurch.
Adras ging nicht in die Luft, wie Tal es geplant hatte. Er blieb, wo er war, bis das letzte glühende Fragment des Anzugs verschwunden war.
„Lokar hat mir nicht gesagt, dass das geschehen würde“, krächzte Tal. Sein Mund war plötzlich sehr trocken. „Was wäre passiert, wenn ich neben jemandem gestanden hätte?“
„Der wäre nicht sehr erfreut gewesen“, sagte Adras. Er blies sich langsam zu seiner vollen Größe auf.
„Ich hoffe, dass es niemand… bemerkt hat.“ Tal sah sich um. Die Oberfläche des Sees war ruhig und in den beleuchteten Bereichen gab es keinerlei Anzeichen irgendwelcher Aktivitäten.
Adras hob von der Asche ab und schwebte über Tals Kopf. Er schien nicht darunter gelitten zu haben, dass er in den vergangenen Stunden als Atemreserve benutzt und in dem Anzug zusammengepresst worden war. Doch er war offensichtlich ziemlich froh, wieder frei zu sein.
Tal hielt seine Arme hoch und zuckte schon zusammen, noch bevor Adras ihn anheben konnte. Aus irgendeinem Grund kannte der Sturmhirte nur die Schulter-Auskugelungs-Technik, um Tal anzuheben.
Wolkige Hände packten Tals Handgelenke und als Nächstes kam der erwartete, wilde Ruck. Ein paar Sekunden lang baumelten Tals Beine noch in der Asche und brachten unliebsame Erinnerungen an Angelausflüge und leuchtende Köder mit sich. Dann stieg Adras höher und Tal kam frei.
„Nicht zu hoch“, sagte Tal, als sie vierzig oder fünfzig Spannen hoch über dem See schwebten. Der Mond schien hell – hell genug, um einen Schatten des fliegenden Sturmhirten und des Jungen, der unter ihm baumelte, auf den See zu werfen. Tal beobachtete, wie der Schatten über der Asche flackerte. Es war ein seltsamer Gedanke, dass Schatten hier in Aenir nichts weiter als dunkle Abbildungen einer Gestalt waren.
Die Insel der Imperatorin sah im Mondlicht friedlich aus. Tal erkannte, dass sorgsam angelegte Gärten den größten Teil der Insel einnahmen. In diesen Gärten standen überall Statuen. Ein paar Teiche, die wohl mit richtigem Wasser gefüllt waren, glitzerten silberfarben im Mondlicht. Auf der Südseite der Insel stand ein L-förmiges Haus, die meisten
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