Der siebte Turm 05 - Die Schlacht beginnt
scheinen lassen.
„Ich kann… kann sie nicht aufhalten!“, keuchte Adras, als er von einem riesigen goldenen Arm weggeschleudert wurde.
Tal hörte die Stimme des Sturmhirten wie aus weiter Ferne. Seine ganze Konzentration, jeder kleinste Teil seiner Willenskraft war auf den Sonnenstein gerichtet. Zunächst leuchtete er rot auf, dann flackerte Orange hindurch, Gelb, Grün, Blau, Indigo… und schließlich Violett.
Doch es war ein schwaches Violett. Es fehlte das Feuer und die Stärke der echten Farbe. Tal richtete all seine Gedanken darauf, und versuchte, das Licht zu intensivieren, es vollkommen zu machen. Er musste pures Violett haben, um einen Schlüssel herstellen und entkommen zu können.
Die Statuen kamen näher. Eine spitze Wurzel, die den anderen voraus war, ritzte schon in Tals Bein. Blut begann zu laufen. Er ignorierte es. Das Licht intensivierte sich. Er hatte es beinahe geschafft. Eine weitere Wurzel riss ihm den Schenkel auf. Eine der Blüten kam auf Tals Gesicht zu und in einer Ecke seines Verstandes nahm er wahr, dass die Blüten der Blume so scharf wie geschliffener Stahl waren.
Dann machte etwas in Tals Kopf ,klick’. Er war plötzlich vollkommen auf seinen Sonnenstein eingestellt, so als wären er und der Stein die einzigen Dinge, die auf der Welt existierten.
Violett, dachte Tal.
Der Sonnenstein flammte in hellem, pur violettem Licht auf.
Er wurde heller und heller – Tal musste seine Augen schließen und sein Gesicht mit dem Arm schützen. Überall war jetzt violettes Licht und er konnte nichts mehr sehen. Aber er konnte das Licht auch nicht dazu bringen, seine Fesseln zu öffnen. Die Blüte würde jeden Moment in sein Gesicht stechen und sie Statuen würden ihn zu Boden schmettern…
Das Licht erlosch. Kein Schnitt der Blüte, kein zerschmetternder Hieb. Tal öffnete die Augen und ließ seinen Arm sinken. Die Blütenkreaturen zogen sich in ihre Beete neben dem Weg zurück. Die Statuen waren umgekehrt und wankten zurück auf ihre Sockel. Adras schwebte neben dem Weg, rieb sich die Brust und stöhnte.
Es lag noch immer ein violetter Schimmer in der Luft. Tal sah nach unten. Seine Beine waren nur leicht angekratzt und das Blut trocknete bereits. Die Lichtfesseln um seine Knöchel waren verschwunden und der Weg funkelte friedlich. Das violette Licht kam von seinem Sonnenstein.
Tal hielt seine Hand dicht vor sein Gesicht. Der Sonnenstein hatte sich verändert. Bislang war er größtenteils gelb mit ein paar roten und andersfarbigen Flecken gewesen. Jetzt war er durchgehend tief-violett bis in verborgene Tiefen hinein, die er zuvor noch nicht gezeigt hatte.
„Danke“, sagte Adras. „Diese Statuen konnten einem wirklich wehtun.“
„Ich… ich weiß nicht, was ich getan habe“, sagte Tal. Er ließ seine Hand sinken. Der Sonnenstein dämpfte sein Licht ein wenig, doch Tals Finger waren noch immer violett beleuchtet. „Los.“
Am Weg standen noch einige Blütenkreaturen und Statuen. Tal spürte das starke Bedürfnis, schnell an ihnen vorbeizulaufen, doch er tat es nicht. Er ging in normalem Tempo weiter. Die Blütenkreaturen schüttelten sich, als er vorbeiging, machten aber keine Angriffsversuche. Die Statuen drehten die Köpfe, um ihn zu beobachten, stiegen aber nicht von ihren Sockeln herab.
Im Mondlicht erschien die Szenerie unheimlich. Er rechnete jeden Augenblick damit, dass eine der zitternden Blütenkreaturen plötzlich angreifen würde oder dass die Statuen sich ihm in den Weg stellten.
Doch schließlich erreichten sie das Haus. Wie Tal bereits aus der Luft festgestellt hatte, war nur der Hof beleuchtet. Die Kristallblätter, die in den Baldachin über dem Hof geflochten waren, leuchteten grün und silbern und stießen in der leichten Brise klimpernd gegeneinander.
Trotz der späten Stunde befanden sich ein paar Leute im Hof – oder trotz der frühen Stunde, je nachdem, wie man es betrachten wollte.
Tal blieb neben einer Blütenkreatur stehen. Er wollte sich alles genauer anschauen, bevor er weiter ging. Viel konnte er nicht erkennen, als er mit einem Auge die Äste und mit dem anderen sein Ziel im Auge behalten wollte.
Das lag daran, dass die Kristallblätter über die Seiten des Vordachs hingen und gleichzeitig ein Teil davon waren. Es war daher sehr schwer, überhaupt etwas zu erkennen. So weit Tal es sehen konnte, saßen dort zwei Leute in der Mitte des Hofes. Zwei andere beobachteten sie und gingen von Zeit zu Zeit zum Haus und wieder zurück.
Die beiden
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