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Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Titel: Der Sieger bleibt allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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ich das Wichtigste in meinem Leben verloren hatte, und anstatt zu reagieren, trieb ich apathisch im Wasser, das mit jeder Minute heißer wurde.«
    Olivia fasst sich ein Herz und fragt:
    »Was haben Sie verloren?«
    »Eigentlich habe ich gar nichts verloren. Es gibt Augenblicke, in denen das Leben Menschen trennt, damit sie begreifen, wie wichtig sie füreinander sind. Gestern habe ich meine Frau mit einem anderen Mann gesehen. Ich weiß, dass sie mich noch liebt, dass sie zurückkommen möchte und nur nicht den Mut dazu hat. Es gibt verkochte Frösche, die immer noch glauben, nicht Kompetenz sei das Wichtigste, sondern Gehorsam. Nach dem Motto: Wer kann, befiehlt, und wer vernünftig ist, gehorcht. Und wo bleibt bei alldem das wahre Leben? Es ist besser, halb verbrüht aus einer Situation herauszuspringen, aber dafür lebendig zu sein, bereit zu neuen Taten.
    Und ich bin sicher, dass Sie mir bei dieser Aufgabe helfen können.«
    Olivia versucht sich vorzustellen, was im Kopf des Mannes vor sich geht. Wie konnte jemand einen Menschen verlassen, der so interessant wirkte, Sachen erzählte, von denen sie noch nie gehört hatte? Nun, in der Liebe gibt es keine Logik – das wusste sie trotz ihrer Jugend. Ihr Freund beispielsweise mochte brutal sein, sie hin und wieder grundlos schlagen, und dennoch konnte sie keinen Tag lang ohne ihn sein.
     
    Worüber hatten sie gerade noch gesprochen? Ach ja, über Frösche. Und darüber, dass sie ihm helfen könnte. Das kann sie selbstverständlich nicht, daher ist es besser, das Thema zu wechseln.
    »Und wie wollen Sie die Welt zerstören?«
    Igor zeigt auf die freie Fahrspur auf der Croisette.
    »Nehmen wir einmal an, ich möchte nicht, dass Sie zu einer Party fahren, kann das aber nicht offen ansprechen. Wenn ich im Stau feststecke und meinen Wagen mitten auf der Fahrbahn stehen lasse, bringe ich den ganzen Verkehr auf der Croisette binnen zehn Minuten zum Erliegen. Die anderen Fahrer denken dann vermutlich: ›Es wird einen Unfall gegeben haben‹ und werden ungeduldig. Und eine Viertelstunde später rückt die Polizei mit einem Abschleppwagen an.«
    »Das ist schon Hunderte von Malen passiert«, gibt sie lächelnd zurück.
    »Aber ich wäre ausgestiegen und hätte Nägel vor dem Wagen verteilt. In dem Augenblick, in dem der Abschleppwagen heranfährt, sind seine Reifen platt. Jetzt haben wir zwei Probleme, und der Stau breitet sich allmählich bis in die Vorstädte aus, wo Sie vermutlich wohnen.«
    »Eine sehr kreative Idee. Aber damit würden Sie nur erreichen, dass ich mich um eine Stunde verspäte.«
    Nun ist Igor mit Lächeln dran.
    »Ich könnte stundenlang darüber reden, wie man das Problem noch ausweiten könnte – wenn sich beispielsweise Leute zusammentun würden, um zu helfen, könnte ich eine kleine Rauchbombe unter den Abschleppwagen werfen, und alle würden vor Schreck davonrennen. Ich würde mit entsetztem Gesichtsausdruck in meinen Wagen springen und so tun, als ließe ich den Motor an, doch gleichzeitig würde ich Feuerzeugbenzin auf die Fußmatte im Wagen schütten und es anzünden. Ich hätte genug Zeit, aus dem Wagen zu springen und mir aus sicherer Distanz anzusehen, was passiert: wie sich das Feuer im Wagen ausbreitet, den Tank erreicht, der daraufhin explodiert, wie die Explosion den dahinterstehenden Wagen erfasst – und die darauffolgende Kettenreaktion. Alles, indem ich nur einen Wagen, ein paar Nägel und eine Rauchbombe benutze, deren Bestandteile man in jedem Laden kaufen kann, und eine kleine Dose Feuerzeugbenzin...«
    Igor zieht ein Reagenzglas mit etwas Flüssigkeit darin aus der Tasche.
    »...die etwa so groß ist wie das hier. Das hätte ich tun sollen, als ich merkte, dass Ewa fortgehen würde. Ich hätte sie dazu bringen müssen, ihren Entschluss aufzuschieben und die Folgen zu überdenken. Wenn Menschen eine Entscheidung überdenken, überlegen sie es sich meistens anders – denn um Entscheidungen in die Tat umzusetzen, braucht es viel Mut.
    Aber ich war stolz – und felsenfest davon überzeugt, dass sie es sich anders überlegen würde. Wie gesagt, ich bin mir sicher, dass sie ihre Entscheidung inzwischen bereut und zurückkommen möchte. Aber dazu wird es notwendig sein, dass ich ein paar Welten zerstöre.«
    Sein Gesichtsausdruck hat sich verändert, und Olivia findet die Geschichte jetzt überhaupt nicht mehr lustig. Sie steht auf.
    »So – ich muss jetzt wieder an die Arbeit.«
    »Aber ich habe Sie bezahlt, damit Sie mir zuhören.

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