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Der silberne Sinn

Titel: Der silberne Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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beschleunigen.
    Ryan verstand nicht, warum die ehemaligen Kirchenmitglieder so aufgeregt waren. Man konnte ja glauben, sie fürchteten einen weiteren Anschlag. Das Triebwerk der einmotorigen Maschine sprang an. Von der Einstiegsluke der Otter her rief Edith DePriest etwas herüber, aber der Lärm der Motoren verschluckte ihre Worte. Nur an ihrem aufgeregten Winken konnte Ryan ablesen, dass es sich um eine Aufforderung zum sofortigen Einsteigen handeln musste. Er blickte zum Traktor hin. Das Fahrzeug passierte gerade einen Wellblechschuppen. Der blonde Fahrer scheuchte eine Gruppe von Kindern aus dem Weg: eine umsichtige Geste. Verhielt sich so jemand, der Böses im Schilde führte?
    Der Congressman wandte sich wieder den Reportern zu. Er hob die Stimme. Als Profi war er es gewohnt, sich selbst unter widrigen Umständen Gehör zu verschaffen. Für einen Augenblick sah er das kleine Flugzeug zum Ende der Piste rollen. Es fuhr an den beiden näher kommenden Fahrzeugen vorbei.
    Don Harris warf eine Frage in den Lärm. »Befürchten Sie weitere Zwischenfälle?« Sein Kollege Bob Brown filmte.
    Der Congressman sah seine Assistentin von der Otter herübereilen. Sie hob den Daumen der rechten Hand: Alles klar zum Abflug. Er lächelte und wollte gerade antworten, als der Wind verdächtige Geräusche über die Piste wehte. Leider waren sie sehr leise, nicht eindeutig zu bestimmen. Die kleine Maschine stand in vielleicht einhundertvierzig Metern Entfernung im rechten Winkel zur Rollbahn. Ryan sträubte sich gegen den Gedanken, von dort Schüsse gehört zu haben.
    Jackie, bisher ein Muster standhafter Besonnenheit, wurde nun ebenfalls sehr nervös.
    Ryan bemerkte, wie das Objektiv der NBC-Kamera herumschwenkte. Unweigerlich folgte er ihm mit dem Blick. Die langsam fahrenden Wagen näherten sich der Otter von der linken Seite her. Jeden Moment würden sie mit dem Flugzeug auf gleicher Höhe sein. Und dann sah er das Unfassbare. Auf dem Anhänger des Traktors lagen acht oder zehn Personen, die sich in diesem Moment mit steifen Bewegungen erhoben. Joe Wilson war dabei. Der Sicherheitschef hielt ein Gewehr in der Hand. Und auch die anderen auf dem Fahrzeug hatten Waffen.
    »Schnell, zum Flieger!«, rief Don Harris und krallte sich an Bob Browns Weste fest, um ihn rückwärts zu ziehen. Der Kameramann filmte immer noch.
    Die rote Zugmaschine umrundete das zweimotorige Flugzeug in einem Abstand von weniger als zehn Metern, wodurch der gelbe Lastwagen aus ihrer Deckung trat. Die Plane des Trucks war wieder herabgelassen, aber darunter blickten an mehreren Stellen bemalte Gesichter hervor, die sich an Gewehre schmiegten. Ryan bemerkte zwei Blitze, die Schüsse nahm er im Lärm der Motoren nur undeutlich war.
    Von Todesangst gepackt, wirbelte er herum und rannte auf die Otter zu. Das Bugrad des Flugzeuges war zerschossen worden, ein Start damit unmöglich gemacht. Überall um ihn herum befanden sich flüchtende Reporter. Neben ihm lief Jackie.
    »Was hat das zu bedeuten?«, rief sie.
    »Sie wollen uns alle umbringen«, antwortete Ryan.
    Im nächsten Moment brach ein Feuersturm los.
    Als Dale Sturges in dem einmotorigen Flugzeug aus dem Fenster blickte, stockte ihm der Atem. Der rote Traktor, der ihm schon am Rand der Dschungelstraße und später am Ende des Rollfeldes aufgefallen war, glitt unhörbar vorbei. Anstelle des Holzes lagen jetzt Männer auf der Ladefläche des Anhängers – und mit ihnen Schrotflinten, M-16-Gewehre und Handfeuerwaffen. Er glaubte Joe Wilson entdeckt zu haben, außerdem Tom und Bob Kice. Etwas versetzt zu dem langen Gefährt fuhr der gelbe Truck mit Big Ed am Steuer vorbei. Dann zeigte das Kabinenfenster nur noch wucherndes Gras.
    »Die planen etwas«, sagte Dale, schnallte sich los, erhob sich von seinem Sitz und drehte sich zu den anderen Passagieren um. »Habt ihr eben das Fuhrwerk und den Truck gesehen?«
    Vern und Monica erhoben sich ebenfalls und nickten. Larry Lanton in der vierten und letzten Sitzreihe versuchte dagegen, dem zornigen Blick Dales auszuweichen.
    »Was habt ihr vor?«, fuhr dieser Lanton an.
    Der vergrub seine Hände unter dem Parka und schwieg. Nur seine Augen funkelten böse.
    Dale deutete auf Lanton, als könne er seinen Zeigefinger als Schusswaffe gebrauchen. »Wir müssen ihn noch einmal durchsuchen. Vielleicht hat er eine Pistole oder ein Messer dabei. Vorhin ist mir aufgefallen, wie er mit Wilson…«
    Weiter kam er nicht, weil Lanton in diesem Moment die Nerven verlor. Er sprang

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