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Der silberne Sinn

Titel: Der silberne Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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unbekannten Freuden: Sie jagten kleinen Hunden hinterher (auch nicht erfolgreicher als er), machten Parkplatzsuchende mit ihren Halogenlampen auf Stellflächen im Halteverbot aufmerksam (am helllichten Tage) oder halfen jungen Müttern mit Kinderwagen beim Überqueren der Straße (selbst wenn die überhaupt nicht an einem Seitenwechsel interessiert waren).
    Weil sich keine Limousine dazu anschicken wollte, Flatstones »eigene Tiefgarage« aufzusuchen, musste Saraf nächtens vor dem Gebäude kampieren. Das erwies sich als große Herausforderung, weil immer wieder Streifenwagen der Polizei auftauchten und er nun auch die patrouillierenden Beamten mit trügerischen Gefühlen überschwemmen musste. In der zweiten Nacht tat Saraf kein Auge zu.
    Und dann wurde der Hunger übermächtig. Im Dschungel hatte er gelernt, mehrere Tage nur von Wasser und speziellen Kräutern zu leben, aber abgesehen von einigen ungenießbaren Bäumen wuchs hier nur Stein in den Himmel. Schweren Herzens entschloss er sich, die Beobachtung für kurze Zeit aufzugeben, sich Nahrung zu besorgen und anschließend die dressierte Empfangsdame erneut um eine Audienz bei ihrem Herrn zu ersuchen, und wenn es nur dem Zweck diente, dessen An- oder Abwesenheit zu ergründen.
    Er lief ein Stück weit die Straße hinab, vorbei an Schaufenstern und bewachten Hauseingängen. Büroarbeiter kamen ihm entgegen, viele mit griesgrämigen Gesichtern. Anscheinend waren die Menschen nicht sehr glücklich in dieser Stadt. Endlich entdeckte seine Nase, wonach er so sehnlich gesucht hatte.
    Auf dem Gehweg, gegenüber einem Geschäft, in dem Frühstücksflocken über bunte Fernsehapparate flatterten und verborgene Lautsprecher hirnlose Werbespots nach draußen bliesen, stand ein silbrig glänzender Wagen, der einen verführerischen Duft absonderte. Dahinter erblickte Saraf einen schwarzen Mann mit dünnem grauem Vollbart und lederner Schiebermütze. Der Besitzer des fahrbaren Imbissstandes pfiff ein fröhliches Lied.
    »Na, Bruder«, eröffnete der mobile Gaststättenbesitzer den Dialog, sobald sich ihm der neugierig äugende Fremde in seiner teuren, aber nicht besonders sauberen Kluft bis auf wenige Schritte genähert hatte. »Lange Nacht gehabt, was?«
    Saraf bemerkte ein freundliches Wesen an dem Mann und ging auf das seltsame Begrüßungsritual ein. »Na, Bruder. Ja, die Nacht war lang.«
    »Willst ‘n Hot Dog?«
    Einen heißen Hund?, überlegte der Silbermann. Sollte seine Jagd doch noch von Erfolg gekrönt sein? »Ja, gern!«
    »Is’ bei deiner Zechtour noch Geld übrig geblieben?«
    Saraf erschrak. Er griff in seine Hosentaschen und kehrte das Innerste nach außen. »Nicht die kleinste Dublone.«
    »Dann kann ich dir nichts geben, Bruder. Tut mir Leid, aber ich hab selbst zu knapsen.«
    Saraf überlegte einen Moment, ob er sich den Weg zum »heißen Hund« mit einem Paukenschlag der Freigebigkeit erkämpfen sollte, aber der Standbesitzer machte einen ehrlichen Eindruck. Er hatte wirklich nichts zu verschenken. In diesem Moment hielt mit quietschenden Reifen ein Streifenwagen der Polizei vor dem Hot-Dog-Stand. Aus diesem stiegen ein blasser Beamter und seine dunkelhäutige, riesig dimensionierte Kollegin aus. Sofort erkannte Saraf sie wieder. Es waren die beiden Streifenbeamten, die ihn zwei Tage zuvor über seine Rechte hatten aufklären wollen.
    Was tun?, überlegte er fieberhaft. War er bereits entdeckt? Oder trieb die Ordnungshüter nur der Heißhunger, der auch ihn hier hatte stranden lassen, zu diesem duftenden Ort? Er beschloss, sich unsichtbar zu machen.
    Der Fahrer – es handelte sich um Officer Bean – bestellte einen Hot Dog, seine Begleiterin drei. Sie bekamen aufgeschnittene warme Brötchen und dampfende Würste, reicherten diese Grundbestandteile aus eigens dafür vorgesehenen Behältern mit Röstzwiebeln, Gurken, Senf, Ketchup, Relish, Majonäse und weiteren Ingredienzen an und begannen, dies alles zu vertilgen. Je länger Saraf den beiden futternden Beamten bei ihrem »Hundemahl« zusah, desto mehr lief ihm das Wasser im Mund zusammen.
    Während die Polizistin noch an ihrem dritten Hot Dog kaute, langte sie in ihre Tasche und förderte eine Fotografie zu Tage, die sie dem Standbesitzer reichte. »Haben Sie in den letzten zwei Tagen zufällig diesen Mann gesehen? Er könnte sich hier in der Nähe aufhalten.«
    Der Befragte wischte den Senf von dem Bild und betrachtete es. Hierauf blickte er, ohne dabei das Gesicht zu verziehen, zwischen den beiden

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