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Der Simulator

Der Simulator

Titel: Der Simulator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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schüttelte den Kopf. »Man hat nichts gefunden, er war kerngesund.«
    Dass Blinzle an einem Stromschlag gestorben sein sollte, war mir schon zuvor seltsam erschienen, aber diese neue Geschichte ergab noch weniger Sinn. Keine Krankheit, kein Unfall, kein Mord? Oder war es Mord gewesen? Aber dann, womit? Ich fragte Bogdan.
    »Nein, es war kein Mord, oder zumindest kein Mord im üblichen Sinne. In dem einen Augenblick war Blinzle noch, im nächsten war Blinzle nicht mehr. Das ist alles. Ausgeknipst, abgeschaltet. Weg.«
    Das war eine seltsame Ansicht, und ich fragte mich, ob sich nicht Bogdans Spielsucht in diesen Worten zeigte. Immer wieder versackte er vor seinem Rechner oder in einer Spielhölle und tauchte stunden-, manchmal tagelang in seine Rollenspielwelten ein. Dort gab es Ritter, Zauberer, Monster und Fabelwesen. Und alle hatten geheimnisvolle übersinnliche Kräfte. Sicher war es dort auch möglich, seinen Gegner regelrecht auszuknipsen.
    Aber Draganski wusste mehr. Wieder sah er sich um. »Ein paar Stunden vor seinem Tod «, er sprach das Wort so aus, als ekele er sich davor, »hatten wir ein langes Gespräch. Sie waren ja im Urlaub, und Blinzle wusste nicht, wem er sich sonst hätte anvertrauen können. Er war aufgeregt, eigentlich völlig von der Rolle. Lange habe ich überhaupt nicht verstanden, was er wollte. Er wisse alles , wiederholte er immer wieder, und er habe beschlossen zu reden .«
    »Was hat er herausbekommen? Was hat er gewusst? Hat er etwas angedeutet?«
    »Ja. Ich habe, wie gesagt, nicht alles verstanden. Es hat etwas mit dem Simulator zu tun. Er sprach in letzter Zeit immer vom kleinen Simulator , so als gebe es auch einen großen oder als könnte es einen großen geben. Hat er an einem größeren Simulator gearbeitet?«
    »Nicht, dass ich wüsste.« Aber möglich war es. Blinzle war niemand, der mich in all seine Pläne eingeweiht hätte. »Was genau hat er Ihnen erzählt?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich möchte nicht, dass auch Ihnen etwas zustößt.« Wieder fuhr er sich mit der Hand über dem Kopf. »Sollte mir etwas zustoßen, hat Blinzle gesagt, irgendetwas, egal was. Sollte ich einen Unfall haben, hat er gesagt, die Treppe hinunterfallen, aus dem Fenster springen, mit dem Aufzug abstürzen, egal was, sollte ich irgendwann nicht mehr da sein …«
    »Nicht mehr da sein?«
    »Ja, nicht mehr da sein. Genauso hat er sich ausgedrückt. …dann wissen Sie, dass man mich beseitigt hat.«
    »Beseitigt?«
    »Ja, beseitigt.«
    »Wer?«
    »Ich weiß es nicht. Er sprach immer von die .«
    »Drei Stunden nach diesem Gespräch war er tot. Sie können sich vorstellen, was in mir vorging.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe ein paar Tage über alles nachgedacht. Es ist… Es ist…« Er biss sich auf die Lippen. »Es ist so ungeheuerlich… Ich musste einfach mit jemandem reden, am besten mit jemandem, der mehr von der ganzen Sache versteht als ich.«
    Ich wollte ihn beruhigen und auch bestärken weiterzureden, alles zu sagen, was er wusste. Blinzle hatte sich in den letzten Wochen mehr als einmal seltsam verhalten, und jetzt schien es dafür eine Erklärung zu geben, auch wenn ich nicht die geringste Vorstellung hatte, wie sie aussehen mochte. Gerade als ich zu einer weiteren Frage ansetzen wollte, geriet Kerstin Klier in mein Blickfeld. Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich sie an, wandte ich meinen Blick von Bogdan ab.
    Sie kam auf mich zu und sagte: »Hier sind Sie also!«
    Ich schwöre, dass es nur wenige Sekundenbruchteile waren, in denen ich meinen Blick von Bogdan Draganski abwandte, doch als ich ihn wieder ansehen wollte, war er nicht mehr da. Kerstin setzte sich in den Sessel, in dem bis vor wenigen Sekunden Bogdan gesessen hatte, schlug die Beine übereinander und lachte. »Sie sehen mich an, als sei ich ein Gespenst.«
    Nein, sie war kein Gespenst. Das Gespenst hatte sich gerade in Luft aufgelöst.

2 . Kapitel
    Als ich am späten Vormittag des nächsten Tages das Sinex-Hochhaus durch den Haupteingang betrat, musste ich mich zunächst durch eine kleine Gruppe Demonstranten hindurchkämpfen, die die Drehtür am Eingang belagerte. Es waren meist junge, gut gekleidete Männer und Frauen, und ich brauchte einige Sekunden, um zu verstehen, wer sie waren und was sie wollten.
    Erst ein Transparent, auf dem Arbeit ja! Simulator nein! stand, brachte mich auf die richtige Spur. Es waren offenbar Interviewer, die um ihre Arbeitsplätze bangten. Dann verstand ich auch, was sie riefen

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