Der Simulator
oder zumindest Teile davon. Es war ein Spruch, der sich auf Sinex weg! reimte. Ja, mein Arbeitgeber war nicht sonderlich beliebt. Es gab sicherlich viele Menschen, die sich wünschten, Sinex würde für immer von der Bildfläche verschwinden und mit ihm dieser geheimnisumwitterte Simulator.
Für einen Augenblick bereute ich es, nicht mit dem Auto gekommen zu sein. Dann hätte ich direkt in die Tiefgarage fahren können und mit einem der inneren Fahrstühle unbehelligt hinauf in mein Büro. Seitdem Sinex einen eigenen Zubringer-Bus zum nahegelegenen S-Bahnhof einsetzte, kam ich aber meist mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Von meiner Wohnung in Ilvesheim war ich einen knappen halben Stunde im Büro und sparte mir die endlosen Staus im Neckartal und die Citymaut, um durch Heidelberg hindurchzufahren.
Doch niemand schien mich zu erkennen. Norbert Blinzle wäre sicherlich nicht ungeschoren durch die aufgebrachte Menge gekommen. Die wenigen Polizisten, die gelangweilt bei ihren Streifenwagen standen, machten nicht den Eindruck, als nähmen sie das Geschehen überhaupt zur Kenntnis, geschweige denn, als schritten sie beherzt im Fall der Fälle ein.
Im Hineingehen warf ich einen Blick auf die gepflegten Beete, die das Gebäude umgaben, allerlei tropische Pflanzen, die in der Abluft der Kühlsysteme des Rechenzentrums ganzjährig prächtig gediehen.
Natürlich war ich in der Nacht sofort hinuntergefahren, um nach Draganskis Überresten zu suchen. Dass er in jenem unbewachten Augenblick aufgestanden und blitzschnell über die Brüstung in die Tiefe gesprungen war, schien mir die einzig plausible Erklärung für sein Verschwinden zu sein. Nicht, dass er selbstmordgefährdet gewirkt hätte. Unruhig, ja, nervös, fahrig, vielleicht sogar ängstlich. Er schien aber eher Angst vor einer äußeren Gefahr gehabt zu haben. Vor jemanden oder vor etwas. Er hätte auf der Flucht sein können, aber nicht auf der Flucht vor sich selbst. Dass er gesprungen sein könnte, schien mir also höchst unwahrscheinlich, aber es blieb die einzige Möglichkeit.
Ich hatte nichts gefunden. Im Licht der überall versenkten Strahler hatte ich über eine halbe Stunde lang gesucht. Keine Leiche, keine Abdrücke. Die Beete waren unberührt, frisch geharkt und bewässert. Ich hatte nicht einmal die Spuren von Tieren gesehen. Aber vielleicht fürchteten sie sich vor dem leisen Brummen, das aus den Belüftungsschächten kam und alles zu durchdringen schien. Es erinnerte an ein Raubtier, das in den Tiefen der Kellergeschosse wie in einem Verlies gefangen war und seine Verzweiflung hinausbrüllte.
Kaum angekommen rief mich Kowalski zu sich.
»Mensch, Lapierre, wo haben Sie gesteckt?« Sein Büro war riesig und spärlich möbliert. Es lud geradezu ein, aufgeregt hin und her zu laufen. »Was ist das für eine Geschichte mit der Polizei?«
Er war an der Glasfront stehen geblieben, die von der Decke bis zum Boden reichte, um hinunter zu sehen. Vielleicht verstand ich ihn deshalb falsch. Es waren nur ein paar Demonstranten und eine Handvoll Polizisten. Worüber machte er sich Sorgen? »Vermutlich hat sie jemand an der Pforte alarmiert. Beate oder Franca…«
Kowalski fuhr herum. Er bewegte sich unglaublich schnell, besonders angesichts seines Alters. Vielleicht waren ihm seine geringe Größe und sein Fliegengewicht dabei von Vorteil. Dennoch brauchte er einige Sekunden, um meine Bemerkung zu verstehen. Dann wischte er sie mit einer Handbewegung unwirsch zur Seite. »Ich rede nicht von diesen Idioten, die da unten herumstehen.« Er ging zum Schreibtisch und raffte die Morgenzeitungen zusammen, um sie mir aus fünf Meter Entfernung hinzuhalten. »Wir können jede Art von Publicity gebrauchen. Jede!« Er warf die Zeitungen auf den Schreibtisch zurück. »Die Ziegelhäuser Polizei habe ich selbst gerufen. Ich wollte sicher gehen, dass sie nicht übereifrig werden. Sollen die Schnüffler doch krakeelen. Meinetwegen können sie auch ein paar Scheiben einwerfen. Schließlich sind wir gut versichert. Oder zahlt die Versicherung in einem solchen Fall gar nicht?« Er schien einige Augenblicke zu überlegen, dann wedelte er mit den Händen, als wollte er diese kleinlichen Gedanken verscheuchen. »Einerlei. Diese Demonstrationen sind für uns bares Geld wert. Kostenlose Öffentlichkeitsarbeit. Glauben Sie, dass irgendjemand Mitleid mit den Schnüfflern hat? Wer hat sich nicht schon gewünscht, so viele wie möglich von ihnen arbeitslos zu sehen?« Er rieb sich die
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