Der Sklave von Midkemia
daß ich gegen einen so lieben Freund bieten muß.«
Hokanu betrachtete einen Augenblick seine Hände, und ein unbeschwertes Lächeln trat auf sein Gesicht. »Wenn ich Mylady aus ihrem Dilemma erlöse, hat sie bei den Shinzawai einen Gefallen wiedergutzumachen. Sagen wir … durch die Einladung eines armen zweiten Sohnes zum Abendessen, vielleicht schon bald?«
Mara lachte plötzlich. »Ihr seid ein verdammt guter Schmeichler, Hokanu. Also gut; Ihr wißt, daß Ihr mich nicht bestechen müßt, um die Erlaubnis für einen Besuch auf meinen Gütern zu erhalten. Eure Gesellschaft ist mir … immer sehr willkommen.«
In gespielter Trauer warf Hokanu einen Blick auf Lujan. »Sie sagt das sehr hübsch für jemanden, der mich das letzte Mal, als ich in Sulan-Qu war, zurückgewiesen hat.«
»Das ist nicht fair«, wandte Mara ein; dann begriff sie, wie schnell sie zu ihrer Rechtfertigung angesetzt hatte, und errötete. Etwas förmlicher fügte sie hinzu: »Eure Bitte kam in einem schrecklich unpassenden Augenblick, Hokanu.« Ihr Gesicht verdunkelte sich, als sie an den Spion der Minwanabi dachte – und an den hübschen, hartnäckigen Bruli, der in das Gewirr aus Intrigen und Ambitionen geraten war, die das Leben im Kaiserreich ständig begleiteten, und der einen hohen Preis dafür hatte zahlen müssen.
Hokanu sah, wie sich ein dunkler Schatten über ihr Gesicht legte, und ihm wurde warm ums Herz, als er die junge Frau ansah, die als Kind so ernst gewesen war und ihre Familie gegen alle Wahrscheinlichkeit mit Mut und Verstand vor dem Untergang bewahrt hatte. »Ich überlasse Euch die Midkemier«, sagte er mit fester Stimme, »für jeden Preis, den Ihr mit dem Makler aushandeln könnt.«
»Aber ich möchte Euch keine Unannehmlichkeiten bereiten«, wandte Mara ein. Der Fächer in ihren Fingern zitterte. Sie war angespannt, doch Hokanu durfte es nicht bemerken, und um ihn abzulenken, wedelte sie eifrig mit den Federn, als würde die Hitze ihr zusetzen. »Die Shinzawai haben den Acoma schon viel Gutes getan, und der Ehre wegen müssen wir uns dessen endlich wert erweisen. Laßt mich für Euch vom Kauf zurücktreten.«
Hokanu betrachtete die Lady, die zierlich und klein und viel attraktiver war, als sie selbst wußte. Sie konnte bezaubernd lächeln, auch wenn ihr mit Thyza-Puder geschminktes Gesicht gegenwärtig angespannt war. Plötzlich begriff der junge Mann, daß ihre Sorge weit mehr als nur den Formen der Ehre galt.
Der Gedanke brachte ihn zum Nachdenken. Sie war kurz davor gewesen, in den Dienst der Göttin Lashima zu treten, als sie geholt wurde, um ihre Rolle als Herrscherin einzunehmen. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte sie bis zu ihrer Hochzeitsnacht wenig oder nichts von Männern gewußt. Und Buntokapi von den Anasati, selbst zu seinen besten Zeiten ein grober Angeber mit schlechten Manieren, war der Sohn eines Feindes der Acoma gewesen, bevor er ihr Gemahl und damit Herrscher geworden war. Es lag an Buntokapis Grobheit, begriff Hokanu mit plötzlicher Sicherheit, weshalb diese Herrscherin und Mutter sich so unsicher wie ein deutlich jüngeres Mädchen benahm. Ein Gefühl der Bewunderung stieg in ihm auf; dieses so offensichtlich zarte Mädchen hatte sich im Verhältnis zu ihrer Größe und Erfahrung als außerordentlich tapfer erwiesen. Niemand außerhalb ihres Haushalts würde jemals ermessen können, was sie in den groben Armen Buntokapis hatte erdulden müssen. Sicher würde er viel erfahren können, wenn er jemanden aus dem näheren Kreis um Mara überreden könnte, einen Becher Wein in einer Wirtsstube zu trinken. Doch ein Blick auf Lujans wachsame Haltung überzeugte den Sohn Lord Kamatsus, daß der Truppenführer eine schlechte Wahl wäre. Der Krieger betrachtete Hokanu abschätzend, da er dessen Interesse wahrgenommen hatte, und wo es um seine Herrin ging, war seine Loyalität absolut. Hokanu wußte, daß Mara ein scharfes Urteilsvermögen besaß – sie hatte es dadurch bewiesen, daß sie so lange am Leben geblieben war.
Hokanu wollte ihre Stimmung aufheitern, sie jedoch nicht kränken. »Lady, ich sprach einzig aus der ehrlichen Enttäuschung darüber, daß ich Euch bei meinem letzten Besuch nicht habe sehen können.« Ein entwaffnendes Lächeln verdrängte jeden Anflug von Zurückhaltung. »Die Acoma schulden den Shinzawai keinen einzigen Gefallen. Wir denken nur praktisch, wie wir es immer tun. Die meisten midkemischen Sklaven gehen zum Sklavenmarkt nach Jamar und in die Stadt der Ebene – und
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