Der Smaragdenregen
Kuppen unter den glitzernden Schneemützen. Gleich darauf tauchte einer der riesigen Schwarzen Steine unter ihnen auf, die vor unendlichen Zeiten die böse Hexe Gingema rund um das Zauberland verteilt hatte.
Din Gior erzählte dem Jungen gerade, daß diese Steine die seltsame Eigenschaft besaßen, jeden anzuziehen, der in seine Nähe kam, als plötzlich – R-rumms! – ein lauter Knall ertönte, der an einen Gewehrschuß erinnerte. Der Riemen um Oicho war krachend auseinandergeplatzt. Entweder hatten die heftigen Flügelschläge des Drachen dazu geführt oder ein kräftiger Windstoß unter den Schirm.
Chris lauschte in diesem Augenblick gespannt Din Giors Worten. Ehe er noch begriff, was passiert war, rutschte er vom Rücken des Drachen. Zum Glück hielt er sich am Schirm fest, der sich, vom Wind erfaßt, in einen kleinen Fallschirm verwandelte und den Sturz abbremste.
Din Gior beobachtete entsetzt, wie der Junge auf den Schwarzen Stein der Gingema zuglitt. Oicho versuchte verzweifelt, Chris im Fluge wieder aufzufangen, verfehlte ihn aber und wäre um ein Haar auf den Boden geprallt. Unmittelbar danach landete Chris Tall mitten auf dem Stein und verschwand vor den Augen des verblüfften Din Gior darin. Nur der Schirm blieb übrig.
Oicho drehte noch ein paar Runden um den Stein, um herauszufinden, wo Chris nun eigentlich geblieben war, während Din Gior laut nach dem Jungen rief. Doch alles war umsonst! Weder im Sand noch auf dem Stein gab es Vorsprünge oder Spalten, die einen Menschen verbergen konnten. Die mattschwarze Oberfläche des Steins war makellos glatt und Chris wie vom Erdboden verschluckt.
Die Verzweiflung seiner Begleiter kannte keine Grenzen. Der Feldmarschall war drauf und dran, in Tränen auszubrechen, und auch aus Oichos Augen fielen mächtige Tropfen zur Erde. Der Drache hatte ein großes und gütiges Herz, er liebte die Kinder über alles.
»Was sollen wir bloß Elli sagen?« rief er traurig mit dröhnender Stimme.
Nachdem sie noch länger als eine Stunde erfolglos nach dem Jungen gesucht hatten, beschlossen sie, zur Smaragdenstadt zu fliegen, um den Weisen Scheuch von dem Unglück zu unterrichten. Dann wollten sie zurückkehren und die Suche fortsetzen. Din Gior schwor, Chris um jeden Preis wiederzufinden, und Oicho stimmte nachdrücklich zu. Sie fühlten sich beide schuldig.
Unterdessen bereitete man sich in der Smaragdenstadt auf den Besuch der Gäste vor.
Faramant, der Torhüter, reparierte die kaputten grünen Brillen, die man hierzulande trug, ersetzte die zerbrochenen Smaragdfensterscheiben und wechselte alle Schlösser aus, zu denen man die Schlüssel verloren hatte. Kaggi-Karr, die wie alle Rabenvögel eine Vorliebe für glitzernde Gegenstände hatte, half ihm dabei. Der Scheuch aber brachte seine Bibliothek in Ordnung. Er wischte liebevoll den Staub von Büchern und Handschriften und sortierte sie nach dem Alphabet.
Einer nach dem anderen kehrten die Fröhlichen Holzköpfe zurück und verkündeten, daß die übrigen Gebieter des Zauberlandes schon bald zur Tagung des Großen Rates in der Smaragdenstadt eintreffen würden.
Die Stadtgärtner hatten riesige Blumengebinde vorbereitet – ganz in den Lieblingsfarben jeder Delegation.
Urfin Juice, der sich nach seinem Mißerfolg bei den Marranen so gründlich gewandelt hatte, daß er sogar der bösen Hexe Arachna entgegentrat, schleppte mit seiner Schubkarre alle Sorten Obst herbei. Wie man weiß, war er ja ein vortrefflicher Gärtner geworden.
Vor den Toren hatten Zimmerleute lange Tafeln errichtet, die allen Gästen Platz boten. Die Tische schmückten herrlich bunte Decken.
Als erster erschien der Eiserne Holzfäller, Gebieter des Violetten Landes. Bald darauf fand sich auch der Tapfere Löwe mit seinem Gefolge ein. Der Löwe trug ein goldenes Halsband, seine Begleiter waren mit großen orangenen Schleifen geschmückt.
Prem Kokus fuhr in einer blauen Kutsche vor, die von sechs Pferden gezogen wurde; in die Mähnen der Rösser waren blaue Bänder geflochten. Aus dem Land der Erzgräber kam Rushero auf einem Sechsfüßer geritten, er trug ein schmuckes hellblaues Gewand. Die Erzgräber hatten sich schon längst ans Tageslicht gewöhnt. Weil ihnen das helle Blau des Himmels so gut gefiel, hatten sie es zu ihrer Lieblingsfarbe erkoren.
Die Abgesandten der Marranen bevorzugten ein feuriges Rot, die Bewohner aber, die an der Grenze zur Großen Wüste lebten, das Gelb des heimischen Sandes.
Der Weise Scheuch ließ es sich nicht
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