Der Sodom Kontrakt
ganz andere Dinge. Dass ich nie Ziele oder Träume hatte. Früher bekam ich Depressionen, weil ich nicht wusste, wofür ich lebe. Heute ist es mir egal.”
“Was ist mit Kindern?”
“Alles, nur das nicht. Ich will keine Verantwortung. Das müssten Sie inzwischen begriffen haben.”
“Und Ihr Mann?”
“Ein lieber Kerl aus gutem Hause. Eine Zeit lang habe ich mir eingebildet, mein Wunschtraum wäre es, versorgt zu sein und einen Mann mit Geld zu heiraten. Ich hatte eine Menge schlechter Zeiten und Kerle, die meine Zigaretten rauchten. Ich dachte, Sicherheit wäre der Schlüssel zum Glück. War ein Irrtum. Zum Glück ist mein Mann ein bisschen wie Wölfi. Denkt nur an seine Arbeit und ist selten zu Hause. Er gehört zu den Männern, die Sex als Schlafmittel benutzen. Wenn er nicht einschlafen kann, rutscht er ein paar Minuten auf mir rum, dann ratzt er weg. Ist wohl besser als Schafe zu zählen. Ich beklage mich nicht. Es ist der Preis, den ich freiwillig zahle - für mein Leben ohne Geldsorgen. Aber manchmal könnte ich kotzen, wenn ich ihn neben mir schnarchen höre.”
Eine Maus lief panisch an ihnen vorbei und verschwand im Loch hinter einem Felsen. Tief unter ihnen schimmerte schwarzblau der See. Etwas weiter rechts sah man windumtost die riesigen RWE-Buchstaben vom Berg scheinen. Eine Wolke schob sich vor den schwachen Mond. Leises Grollen kündete das nächste Gewitter an.
Gill zog den Reißverschluss des Jansport Cargo Bag auf und holte die 284 Gramm leichte Tillamokjacke aus Nässe abweisenden Polyraten heraus. “Ziehen Sie das über. Ist was kurz, aber Sie werden nicht nass.”
Monika drückte die Zigarette aus und schlüpfte mit einer lässigen Bewegung in die Gummijacke. Gill holte ein brieftaschengroßes Plastikpäckchen aus der Tasche. “Kommen Sie her.” Zögernd rückte Monika näher. “Drehen Sie sich um.” Sie wandte ihm den Rücken zu. Gill zog Monikas Bluse aus dem Rock. “He! Was machen Sie da? Ich...”
“Ist keine sexuelle Belästigung. Dieses Plastikpäckchen ist ein Hotmate. Wenn ich die Scheibe drücke, erwärmt sich in dreißig Sekunden das chemische Gel darin und gibt fünf Stunden lang Wärme an ihren Körper ab.” Gill aktivierte die Scheibe und die orangefarbene Masse begann hart zu werden. Er steckte Monikas Bluse wieder in den Rock. “Wir müssen weiter.”
DORTMUND. Wilcke saß auf dem Rand des Sofas in seinem Arbeitszimmer und starrte durch das geöffnete Fenster auf die nächtliche Stadt zehn Stockwerke unter ihm. Weit im Norden leuchteten Blitze auf. Zu weit, um den Donner zu hören. Westlich das Pfeifen der Züge, die dem Gewitter entgegenfuhren. Die Lichter der Stadt funkelten boshaft. Er trank einen Schluck Schnaps aus einem Glas, das er fest umklammerte. Aus dem Raum neben seinem Arbeitszimmer drang das Stöhnen seiner Frau.
Ein Mann, den er nicht kannte, bereitete ihr lustvolle Gefühle. Wilcke hatte in seinem Arbeitszimmer auf dem Sofa vor sich hingedämmert als sie mit ihrer Eroberung nach Hause gekommen war. Nervtötendes Kichern und geiles Geturtel auf dem Flur hatten ihn den Schlaf vergessen lassen. Zum Glück stand in seinem kleinen privaten Kabuff genug Alkoholika herum.
Die gestrige Nacht mit Alexa kam ihm in den Sinn. Achselzuckend trank er. Das war auch nur eine Art Delirium tremens gewesen. Eine tolle Nummer, ein toller Rausch. Zwei Fertige, die aufeinander zugekrochen waren. Alexa war im Grunde wie Elke. Sie holte sich Sex mit Kerlen, wie er sich seine Räusche aus der Flasche holte. Wo war der Unterschied? Vielleicht bei den Leberwerten. Wilcke hätte sowieso nicht schlafen können. Seine Erinnerungen waren seit dem Anruf Kapells wieder hervorgekrochen. Dauernd sah er das verängstigte Gesicht des Studenten Eric vor sich. Es war fast zwanzig Jahre her. Wilcke war ein junger Beamter beim BKA gewesen und hatte die Rote Armee Fraktion infiltrieren sollen, die bereits in den letzten Zügen lag. Aber da verschiedene Interessengruppen, darunter die CIA, unter dem Signum der RAF ihre eigenen Attentate verüben wollten, musste sie weiterleben. Kapell war sein Führungsoffizier gewesen. Zusammen hatten sie sich den linken Spinner Eric vorgenommen und ihm vorgemacht, sie seien RAF-Aktivisten. Eric hatte ihnen Pässe von Kommilitonen beschafft und auch das eine oder andere aus dem Universitätslabor. Als er nicht mehr mitmachen wollte, hatten sie ihm die Daumenschrauben angesetzt. Sie besorgten ihm eine Bombe, die er vor einer amerikanischen
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