Der Sodom Kontrakt
werden, philosophierte Igel, als er schleunigst die Wohnung verließ.
HOHENSYBURG. “Ich bedauere diese Entscheidung zutiefst”, bemerkte Schmidt beleidigt. “Da hat man mal etwas, das einem Freude bereitet, und es heißt: Vertagung.”
“Unser Auftraggeber will, dass wir Gill solange in Ruhe lassen, bis wir wissen, was er rauskriegt. Wer weiß, was Brenner ihm erzählt hat. Falls er was rauskriegt, könnte das anderen auch gelingen. Ich hätte ihn gleich mit umlegen sollen. Aber er hätte einen so schönen Täter abgegeben.”
Schneider und Schmidt standen auf dem Parkplatz der Neuen Ruhrterrassen. Schmidt fummelte mißgelaunt am Außenspiegel eines Mercedes der S-Klasse herum. “Wieso jetzt plötzlich? Erst hieß es doch, wir sollten ihn verschrotten. Ich kann Leute nicht leiden, die nicht wissen, was sie wollen. Auftrag ist Auftrag, und fertig. Ich lasse mich nicht herumschubsen.” Die Alarmanlage des Mercedes meldete sich lauter als das stürmische Rauschen des Windes. Endlich hatte Schmidt es geschafft und hielt den abgerissenen Spiegel in der Hand.
“Sie sind wirklich asozial, Herr Schmidt.” Schneider wusste, dass Schmidt kurz vor einem hysterischen Anfall stand. Die Alarmanlage des Mercedes heulte. “Benehmen Sie sich gefälligst nicht wie ein Rotzlöffel. Los, kommen Sie mit.” Schneider nahm Schmidt an die Hand und zerrte ihn von dem laut jaulenden Mercedes fort. Man hätte sich den großen narbigen Mann gut in einem Matrosenanzug mit kurzen Hosen vorstellen können, als er unwillig hinter Schneider hertrottelte.
“Ich will wenigstens den Fahrer verhauen”, schmollte er kindisch. Schneider setzte ihn in den BMW, dann schlug er Schmidt kurz und hart ins Gesicht. “Wenn Sie sich nicht wie ein Mann benehmen, mache ich ohne Sie weiter. Gehen Sie mir mit Ihrer kindischen Hysterie nicht auf den Geist. Ihre Entwicklung hat mir in letzter Zeit soviel Freude gemacht. Wollen Sie etwa, dass ich meine Meinung ändere und Sie für einen unartigen Buben halte?”
“Nein”, schluchzte Schmidt und weinte leise vor sich hin. Er konnte doch nichts dafür, dass er manchmal unartig war! Sie hörten einen Mann schreien, fluchen und dem Restaurant mit dem Jahrhundertprozess drohen. Der Besitzer des Mercedes hatte offensichtlich eine extreme Bindung an sein Fahrzeug. Das freute Schmidt; er kicherte. Schneider wischte ihm mit seinem Seidentaschentuch die Tränen aus den zernarbten Gesichtsfalten.
“Können wir uns das schreiende Arschloch nicht ansehen?” fragte Schmidt strahlend. Seufzend stieg Schneider in den BMW und fuhr langsam um die parkenden Autos. Er hielt neben dem Mercedes. Ein fetter Mann mit hochrotem Kopf gestikulierte wild herum. Eine verschüchterte, dicke Frau stand heftig nickend neben ihm, und der Geschäftsführer redete beschwichtigend auf den Fettsack ein.
“...übernehmen wir selbstverständlich den Schaden...”
“Ja, wo leben wir denn? Kann man bei Ihnen nicht mal in Ruhe essen, ohne von Terroristen angegriffen zu werden...”
Schmidt ließ die Scheibe herunter. “Ich habe es gesehen: Es waren Demonstranten. Sie hatte eine Anti-Atomkraft-Fahne dabei. Das weiß ich genau!”
Der Geschäftsführer sah Schmidts bulligen, aus dem BMW gestreckten Kopf misstrauisch an. “Was für Demonstranten?” Der Geschäftsführer war verwirrt, aber der Dicke kreischte wieder los: “Weiß ich nicht. Aber die wollen ja überhaupt, dass alles kaputt geht.”
“Rotes Gesindel! Aber wir haben sie verjagt. Ziehen sofort den Schwanz ein, wenn Kapitäne der Marktwirtschaft die Fäuste ballen. Hier, das habe ich Ihnen ohne Rücksicht auf meine Gesundheit abgejagt.” Schmidt reichte den abgebrochenen Außenspiegel aus dem Auto. Verblüfft griff der Fette danach. “D-d-d... danke.”
Schmidt lachte, und Schneider fuhr an.
HOHENSYBURG-HENGSTEYSEE. “Ich habe Harrys Auto... Was soll ich damit machen?” fragte Monika, als sie das Restaurant verließen.
“Wieso haben Sie sein Auto?”
“Ich habe es für Harry durch den TÜV gebracht, weil er keine Zeit hatte. Da vorne steht es.”
Sie gingen auf einen zehn Jahre alten Audi zu.
“Nehmen Sie ihn, wenn wir das Geld geholt haben?”
“Kann ich machen. Aber ich hatte nicht vor, das Geld zu holen.”
“Dann nehme ich Sie auch nicht nach Witten mit.”
“Sie stellen lieber keine Forderungen. Seien Sie froh, wenn ich Sie aus allem raushalte.”
Monika seufzte resigniert und gab Gill den Zündschlüssel. Sie fuhren vom Parkplatz,
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