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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Vier, fünf Baumschafe, die auf niedrig gelegenen Nebenästen die Rinde nach Käfern und Moosflechten abgesucht hatten, wurden innerhalb von wenigen Augenblicken getroffen. Sie schrien erbarmungswürdig auf und stürzten ebenfalls in die Tiefe. Triumphgeheul war aus dem dichten Unterholz zu hören.
    » Hinauf«, rief Arvan, der sofort aufsprang. Normalerweise brauchte er einen Gedanken nicht auszusprechen oder gar zu schreien, damit die Baumschafe ihn befolgten. Aber in so einer Notlage konnte man nicht deutlich genug sein.
    Die Baumschafe stoben schreiend die Äste entlang. Nach oben!, wiederholte Arvan in Gedanken. Man musste Baumschafen eine Richtung vorgeben, sonst waren sie völlig orientierungslos und stürzten in ihrer Panik sogar vom Ast, weil sie vergaßen, sich gut genug mit ihren Krallen festzuhalten.
    Es war immer ein gewisses Risiko, die Baumschafe die Rinde in den unteren Bereichen des Herdenbaums absuchen zu lassen. Doch dort gab es oft die besten Leckerbissen, und der Verzehr der Moose, die dort in den feinen Rindenspalten wuchsen, verbesserte die Qualität der Wolle. Es war ja auch nicht unbedingt damit zu rechnen, dass sich wildernde Soldaten in der Gegend aufhielten.
    Normalerweise wären alle Hirten vorher gewarnt worden. Diesmal war das jedoch nicht geschehen.
    Weitere Pfeile wurden vom Boden aus abgeschossen. Die Schreie der Tiere schallten durch den Wald und wurden von Baumschafen auf anderen, weiter entfernten Herdenbäumen beantwortet, wo die Tiere ebenfalls in Panik gerieten.
    Arvan blickte in die Tiefe und sah Soldaten aus dem Unterholz hervorbrechen, unter ihnen viele Bogenschützen. Sie trugen Helme und Harnische. Der Hauptmann jedoch trug keinen Harnisch, sondern ein Kettenhemd und darüber ein weißes Obergewand, auf das Baum, Krone und Schwert gestickt waren– das Wappen des Waldkönigs Haraban.
    Haut ab, ihr Dummschafe!, dachte Arvan– und schon verfehlten die ersten Schüsse ihre Ziele, weil die Baumschafe hoch ins Geäst flüchteten. Für die Tiere war es keine Schwierigkeit, senkrecht am Hauptstamm emporzulaufen, und sie taten dies mit einer Geschwindigkeit, die selbst ein guter menschlicher Läufer kaum auf ebener Strecke zu erreichen vermochte.
    Einer der Pfeile schnellte so dicht an Arvans Kopf vorbei, dass er instinktiv zur Seite wich. Es hatte in letzter Zeit viel geregnet. Auf den Bäumen war es darum glitschig. Arvan war daher besonders vorsichtig und beim Klettern noch zurückhaltender gewesen. Wie oft war er früher schon gestürzt, weil er es unbedingt seinen Halbling-Altersgenossen hatte gleichtun wollen. Manche hielten es für ein Wunder, dass er überhaupt noch lebte und sich nicht längst den Hals gebrochen hatte.
    Die Soldaten achteten nicht weiter auf ihn, doch sie nahmen auf ihn auch keine Rücksicht. Für sie war er nur ein Waldbewohner und damit nicht mehr wert als ein Baumschaf. Vielleicht sogar weniger, denn die konnte man immerhin essen.
    Arvan machte eine unbedachte Bewegung, als ihn ein weiterer Pfeil beinahe traf und ganz in der Nähe zitternd im Hauptstamm stecken blieb. Diesmal rutschte er aus, und schon ging es abwärts– er stürzte in die Tiefe.
    Ein Geflecht aus Rankpflanzen fing ihn auf. Ihre grünen Stränge wurden bis aufs Äußerste gedehnt und bogen die dünnen Zweige, an denen sie hingen, weit nach unten. Der Sturz wurde dadurch abgefedert. Ungefähr eine Mannslänge hoch hing Arvan nun über dem Waldboden wie eine hilflose Jagdbeute in einem Fangnetz.
    Einem Fangnetz, das er selbst in Momenten der Langeweile geknüpft hatte.
    Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Immerhin– die Rankpflanzen waren seinen Gedanken sogar besser gefolgt als so manches störrische Baumschaf. Aber das lag wohl daran, dass pflanzliche Geschöpfe einem fremden Gedanken generell weniger Widerstand entgegensetzten.
    » He, wen haben wir denn da«, rief eine raue Stimme.
    » Einen Riesenhalbling«, antwortete eine andere. Sie redeten Relinga, die Sprache, die von den meisten Menschenvölkern benutzt wurde und sich daher schon vor langer Zeit als Verkehrssprache in ganz Athranor durchgesetzt hatte. Und da die Soldaten des Waldkönigs Haraban in aller Herren Länder angeworben wurden, war es auch die Sprache seiner Armee. Auch die Halblinge konnten sie verstehen, und manche älteren Halblinge trieb schon die Sorge um, die eigene Sprache könnte irgendwann von ihr ersetzt werden.
    Arvan drehte den Kopf und sah, dass der Waldboden mit getöteten Baumschafen übersät war. Die

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