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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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dem Urteil der Halblinge nach eher stümperhaft war. Der Wald war voller gefährlicher Geschöpfe, die größer, schneller und stärker waren als jeder Halbling oder Mensch. Schnell ausweichen zu können entschied allzu häufig über Leben und Tod– etwa wenn sich die Todesblumen mit ihren langen Hälsen plötzlich nach vorn streckten und ihr Gift aus den Blütenkelchen schoss, das selbst auf eine Entfernung von zehn Halblingsschritten noch tödlich sein konnte.
    Die Kriegerhorde feuerte den Ork mit dem fehlenden Hauer an. Die barbarischen Geschöpfe schrien und brüllten und schwenkten ihre Waffen. Das Fleisch der Baumschafe war ihnen weit weniger wichtig als der Ausgang des Spektakels, das sich ihnen unerwarteterweise bot. Ein schwacher Waldbewohner hatte es gewagt, sich gegen einen der ihren zu stellen und seinen Zorn erregt. Das versprach ein blutiges Schauspiel. Arvan hatte davon gehört, dass Orks manchmal mit denen, die ihnen in die Hände fielen, üble Spielchen trieben und sie quälten, wie es Katzenbäume mit ihrer Beute taten.
    Der Ork ließ sich zwei weitere Speere geben. Er zielte sehr genau. Die Speerspitze ritzte Arvan am Oberarm. Er spürte den Schmerz sofort und konnte nur hoffen, dass die Spitze nicht vergiftet war. Dem zweiten Speer konnte er besser ausweichen. Beide Waffen blieben zitternd im Holz des Baums stecken, in dem sich auch schon der erste Speer befand.
    Arvan hörte einen piepsenden Laut– so schrill und hoch, dass menschliche Ohren ihn kaum noch hören konnten.
    Die Orks achteten nicht darauf. Sie feuerten Arvans Gegner an, der zum Schwert griff, um Arvan im Nahkampf hinzuschlachten. Dass er es mit drei Speerwürfen nicht geschafft hatte, musste der Ork zweifellos als Schmach empfinden.
    Er fasste sein Sensenschwert mit beiden Händen und näherte sich Arvan. Es konnte nur noch Augenblicke dauern, bis er zum Angriff überging. Der Ork konnte es sich nicht leisten, dass ihm Arvan abermals entkam. In diesem Fall wäre er endgültig zum Gespött seiner Gefährten geworden. Gut so, ging es Arvan durch den Kopf. Wenn er sich selbst beweisen muss, wird ihm hoffentlich wenigstens kein anderer aus der Horde helfen.
    Es war schwierig genug, sich gegen einen Ork zu verteidigen, aber dem Angriff einer ganzen Horde zu entgehen war so gut wie ausgeschlossen. Dass Arvan überhaupt noch lebte, war zweifellos als Wunder einzustufen.
    Die Götter des Waldes müssen mir gewogen sein, dachte er. Das waren sie oft gewesen. Sie hatten ihn zwar auch häufig genug gestraft, aber noch öfter waren sie auf seiner Seite gewesen und hatten ihn nach schweren Stürzen und Verletzungen, die er als Langsamster und Ungeschicktester unter den Waldbewohnern seines Stammes andauernd zu erleiden hatte, immer wieder gesunden lassen. Sie werden mir auch die Kraft schenken, diesen furchtbaren Augenblick lebend zu überstehen, versuchte er sich Zuversicht einzureden.
    Der Ork machte einen Ausfallschritt.
    Die Horde hielt den Atem an. Das Gebrüll verstummte und wich einer angespannten Stille.
    Den ersten Schlag seines Orkgegners konnte Arvan gerade noch parieren. Nur mit äußerster Mühe gelang es ihm zu verhindern, dass ihm das Schwert aus den Händen geschlagen wurde. Einem zweiten Schlag konnte er nur noch ausweichen. Er duckte sich rechtzeitig, sodass die Klinge haarscharf über ihn hinwegsenste.
    Ehe der Ork das Schwert zurückreißen und Arvan damit Oberarm und Brustkorb zerteilen konnte, traf ihn etwas am Kopf. Es war eine Herdenbaumkastanie– die beliebteste Munition für die äußerst effektiven Schleudern, die man im Halblingwald benutzte, um unliebsame Eindringlinge fernzuhalten.
    Kurz hintereinander trafen den Ork noch weitere dieser Geschosse. Sie zerplatzten auf seinem Schädel und setzten zischend ein ätzendes Gas frei. Eine der Kastanien fuhr dem Ork geradewegs ins Maul. Er ruderte mit den Armen und konnte kaum noch etwas sehen.
    Danke, Freunde, wo immer ihr euch auch versteckt haben mögt, dachte Arvan. Es war zwar nur ein kurzer Augenblick, den er durch den Beschuss mit den Kastanienschleudern gewonnen hatte, doch der rettete ihm vielleicht das Leben.
    Er rannte los. Der Ork mit dem abgebrochenen Zahn war im Moment nicht in der Lage, ihm schnell genug zu folgen. Und die anderen Orks waren zu verblüfft, um sofort zu handeln. Sie suchten mit ihren Blicken die Umgebung ab, um herauszufinden, wo die Halbling-Übeltäter saßen, die aus dem Verborgenen heraus ihre Schleudern eingesetzt hatten.
    Arvan rannte

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