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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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dann wusste man, wie heimtückisch und hinterhältig sie sein konnten. Ihre Spiele waren von komplizierter Art, ihre Wahl nie offensichtlich. Und was war mit dem anderen Teil der Prophezeiung, den die Leute passenderweise immer vergaßen? Ging es da nicht darum, dass dieses Kind beider Länder das Zeichen des Raben trug? Niemand wusste genau, was das bedeutete, aber es wollte so recht zu keinem von uns passen. Außerdem musste es wohl noch ein paar mehr Verbindungen zwischen umherziehenden Briten und irischen Frauen gegeben haben. Wir konnten kaum die einzigen Kinder sein, in deren Adern das Blut beider Völker floss. Das sagte ich mir immer wieder, und dann sah ich, wie der Blick meiner Mutter auf uns ruhte, wie sie uns aus grünen, wachsamen Augen betrachtete, und ein Schauder überlief mich. Ich spürte, dass die Zeit nah war. Eine Zeit der Veränderung.
    ***
    In diesem Frühling hatten wir Besuch. Hier, tief im Herzen des großen Waldes, folgten die meisten noch dem alten Weg, obwohl sich viele Gemeinschaften von Männern oder Frauen in unserem Land ausgebreitet hatten, für die das christliche Kreuz ein strenges Symbol ihres neuen Glaubens darstellte. Von Zeit zu Zeit berichteten Reisende, die über das Meer kamen, von großem Unrecht, das Menschen, die sich an die alten Traditionen hielten, dort angetan wurde. Es gab grausame Strafen bis hin zum Tod für jene, die vielleicht den Erntegöttern ein Opfer brachten oder einen einfachen Glückszauber versuchten oder einen Trank brauten, um einen treulosen Liebsten zurückzubringen. Die Druiden wurden dort drüben alle getötet oder verbannt. Die Macht des neuen Glaubens war groß. Wie hätte er mit der Unterstützung großzügiger Geldbeutel und tödlicher Armeen denn auch scheitern können?
    Aber hier in Sevenwaters, in dieser abgelegenen Ecke von Erin, waren wir von anderer Art. Wenn heilige Väter herkamen, waren es überwiegend stille, gelehrte Männer, die ruhig debattierten und ebenso viel zuhörten, wie sie sprachen. Von ihnen konnte ein Junge lernen, Latein und Irisch zu lesen, mit klarer Handschrift zu schreiben, Farben zu mischen und kunstvolle Muster auf Pergament zu zeichnen. Bei den Schwestern lernte ein Mädchen vielleicht die Heilkunst oder wie man engelsgleich sang. In ihren Häusern war immer Platz für die Armen und Ausgestoßenen. Sie waren gute Menschen. Aber niemand aus unserem Haushalt schloss sich ihnen an. Als mein Großvater davonging und Liam Herr von Sevenwaters wurde und all die Verantwortung übernahm, die dazu gehörte, wurden viele Fäden miteinander verwoben, um den Stoff unseres Haushalts zu stärken. Liam rief die Familien, die in der Nähe wohnten, zusammen, baute eine starke Streitmacht auf und wurde der Anführer, den unser Volk so dringend gebraucht hatte. Mein Vater half dabei, den Bauern Wohlstand zu bringen, indem er dafür sorgte, dass der Ertrag unserer Felder besser war als je zuvor. Er pflanzte Eichen, wo das Land einmal brachgelegen hatte. Er gab Menschen neuen Mut, die der Verzweiflung nahe gewesen waren. Meine Mutter war ein Zeichen dessen, was durch Glauben und Kraft erreicht werden konnte, eine lebendige Erinnerung an jene andere Welt unter der Erdoberfläche. Durch sie spürten die Menschen von Sevenwaters jeden Tag die Wahrheit darüber, was sie wirklich waren und woher sie kamen, die heilende Botschaft des Geisterreiches.
    Und dann war da noch ihr Bruder Conor. Die Geschichte berichtet von sechs Brüdern. Liam habe ich bereits erwähnt, und die beiden, die ihm im Alter am nächsten standen und bei der ersten Schlacht um die Inseln umkamen. Der Jüngste, Padraic, war ein Seefahrer, der nur selten nach Sevenwaters zurückkehrte. Conor war der vierte Bruder, und er war Druide. Während anderswo der alte Glaube verging, wurden wir Zeugen, wie sein Licht in unserem Wald immer stärker leuchtete. Es war, als gäbe jeder Festtag, der mit Liedern und Ritualen den Wechsel der Jahreszeiten kennzeichnete, unserem Volk ein wenig mehr von der Einheit zurück, die es beinahe verloren hätte. Jedes Mal kamen wir einen Schritt näher daran, bereit zu sein. Bereit, wieder zu beanspruchen, was uns die Briten vor vielen Generationen genommen hatten. Die Inseln waren das Herz und die Wiege unseres Glaubens. Prophezeiung oder nicht, die Menschen begannen zu glauben, dass Liam die Inseln zurückerobern würde, und wenn nicht er, dann doch zumindest Sean, der nach ihm Herr von Sevenwaters sein sollte. Der Tag kam näher, und die

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