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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Schlachtreihen und rückten vor. Die kaiserlichen Verteidiger blickten auf eine riesige, einheitliche Masse aus bellenden Barbaren - was dort heranrollte, war mehr eine gigantische menschliche Flutwelle als eine geordnete Schlachtformation -, und sie hörten das tiefe Dröhnen der Trommeln, das schrille, die Sinne betäubende Schmettern der riesigen, geschwungenen Kriegshörner und die trotzigen Schreie der Krieger, die immer rascher den Byzantinern entgegenströmten.
    Es war ein Schauspiel, das darauf ausgerichtet war, Furcht zu erwecken; dies war die Hauptwaffe der Barbaren und eine, die ihnen gute Dienste leistete. Mit ihrer Hilfe hatten sie unzählige Stämme und ganze Völker überrannt. Die kaiserlichen Soldaten waren dieser Waffe jedoch früher schon begegnet, und so rief der Anblick und das Geräusch der heranrollenden Barbaren weder Furcht noch Verzweiflung in den byzantinischen Reitern hervor, erfüllte ihre Herzen nicht mit Entsetzen und vernebelte nicht ihre Sinne. Die Unsterblichen blickten aus zusammengekniffenen Augen auf den Feind, verstärkten den Griff um ihre Lanzen und Zügel, beruhigten ihre Pferde mit leise gesprochenen Worten und warteten.
    Flankiert von seinen Standartenträgern - der eine trug das purpurfarbene Banner des Heiligen Römischen Reiches, der andere das goldene Vexillum - ließ Alexios den Blick über seine Offiziere schweifen, die Strategen, die den Dreh- und Angelpunkt der langen Reihen im Zentrum eines jeden Flügels bildeten. Ihr Führer war ein erfahrener Veteran der Petschenegenkriege mit Namen Tatikios, dessen Furchtlosigkeit und Klugheit in der Vergangenheit so manches Leben gerettet und ganze Kriege gewonnen hatte. Der Kaiser winkte diesem Offizier, der daraufhin mit lauter Stimme befahl: »Langsam vorrücken!«
    Die Trompeten stießen einen einzelnen schrillen Ton aus, und die Reiter setzten sich wie ein Mann in Bewegung. Die kaiserliche Formation - zwei große Einheiten, die jeweils aus zehn Abteilungen bestanden, fünf Mann tief und hundert breit - rückte dicht aneinander gedrängt vor: Schulter an Schulter, Knie an Knie bildeten die Reiter einen Wall, der nicht leicht zu durchbrechen war. Die langen Lanzen dienten dazu, den Feind von den Pferden und die Äxte und Hämmer der Barbaren von den Reitern fernzuhalten. Einmal in Bewegung gab es nur wenig, was einem Angriff gepanzerter Reiter widerstehen konnte.
    Tatikios gab ein Signal; die Trompeten erschollen erneut, und die Reiter erhöhten ihre Geschwindigkeit. Die Barbaren antworteten darauf mit einem lauten Schrei und beschleunigten ebenfalls ihren Marsch. Fünfzig Schritte später erschollen die Trompeten ein drittes Mal, und diesmal verdoppelten die Reiter ihr Tempo. Die für den Kampf ausgebildeten Pferde zerrten an ihren Zügeln, denn sie waren begierig, auf den Feind zu treffen; doch in Erwartung eines weiteren Signals hielten die Reiter sie noch zurück.
    Immer schneller und schneller stürmten die Barbaren heran. Ihre Schreie, Trommeln und Hörner ließen die Erde und die Luft erzittern, und sie übertönten sogar das Donnern der Hufe. Auf ein Signal des Obersten Strategen hin erschollen die Trompeten ein viertes Mal, und zehntausend Lanzen wurden gesenkt.
    Immer schneller stürzten die beiden Heere aufeinander zu. Während die Entfernung zwischen ihnen immer geringer wurde, gaben die Trompeten das letzte Signal, und die Reiter traten ihren Pferden die Sporen in die Flanken und ließen sie laufen.
    Zwei Herzschläge lang war die Welt ein wirbelndes Chaos aus verschwommenen Bewegungen, als die beiden vorstürmenden Heere aufeinanderprallten. Im Augenblick des Zusammentreffens erfüllte ein gewaltiges Krachen die Luft und hallte von den umliegenden Hügeln wider. Zehntausend Barbaren fielen. Viele wurden zu Boden geworfen und unter den mit Stahl beschlagenen Hufen der Pferde zu Tode getrampelt, während der Rest sein Ende durch die Spitze einer byzantinischen Lanze fand.
    Der Angriff trug den Kaiser und seine Reiter tief in die feindliche Horde hinein. Beim Anblick der purpurnen und goldenen Standarten sprangen und drängten die kreischenden Barbaren in rasender Wut von allen Seiten herbei, um den Auserwählten des Himmels niederzustrecken. Doch Alexios, dem die Gefahr einer Umzingelung durchaus bewußt war, hatte Tatikios im Vorfeld befohlen, augenblicklich zum Rückzug zu blasen, sollte der Angriff ins Stocken geraten. Also ertönten nun die byzantinischen Trompeten inmitten des Heulens der Barbaren, und mit

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